Die Mutter von Tamara Wiktorowna Stafijtschuk (links) mit einer Freundin vor dem Kölner Dom

Gegen das Vergessen arbeitet mit der Stadt Köln seit 1988 die Projektgruppe Messelager, die immer wieder Zwangsarbeiterbesuche in Köln organisiert und mit der Stadt Köln durchführt. Die Bedeutung dieser Besuche hebt der Direktor des NS-Dokumentationszentrums Dr. Werner Jung hervor: Man habe bisher 480 Gäste eingeladen, 376 Interviews geführt und verfüge über 2500 verzeichnete Fotos, korrespondiere mit mehr als 6000 Personen und habe mittlerweile 24.000 Menschen in der Datenbank erfasst.

Maßgeblich am Erfolg dieser Archivierung und Forschung seien die Einladungen und Besuche der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Köln, die seit Ende der Achtziger Jahre stattfinden, so Jung.

Einen wesentlichen Anteil daran hat die Projektgruppe Messelager, die im besten Sinne eine Bürgerinitiative ist. Ehrenamtlich kümmern sich Kölnerinnen und Kölner um die Geschichte der Zwangsarbeiter in Köln. Wo gab es Zwangsarbeiterlager? Was wurde dort mit den Insassen gemacht? Wo sind diese heute? Sind die Überlebenden entschädigt worden? Wenn nicht, wie kann ihnen zu ihrem Recht verholfen werden? Kann ihre Erfahrung zum Wissenspool im NS-Dokumentationszentrum beitragen? Hinter all dem steht immer wieder die Mahnung gegen das Vergessen! „Das Besuchsprogramm soll auch bewirken, dass Zwangsarbeit und NS-Zeit in Köln ein Thema bleibt," so Christian Welke von der Projektgruppe Messelager, „ zudem muss eine Schließung des Entschädigungsfonts verhindert werden, mehr noch, der Kreis der Anspruchberechtigten muss erweitert werden."

Wie wichtig der Informationsaustausch und der Besuch der Zwangsarbeiter in Köln ist, verdeutlicht Wiltrud Marciniak von der Projektgruppe Messelager exemplarisch an einer der erwarteten Gäste: Tamara Wiktorowna Stafijtschuk wurde 1944 in einer Baracke am Gremberger Wäldchen geboren, im so genannten „KZ Köln". Sie wird ein Tagebuch ihrer Mutter dabei haben und somit Einblicke in das Lagerleben ermöglichen, von dem nur die Zeit kurz vor der Auflösung bei Kriegsende bekannt ist. „Bislang ist nicht bekannt, dass dort auch medizinische Experimente stattgefunden haben,“ berichtet Marciniak mit Blick auf diese Aufzeichnungen, „jetzt haben wir möglicherweise erste Hinweise darauf."

Die Reisegruppe aus dem Osten erwartet eine harte Woche. Nach der Begrüßung und der Vorstellungsrunde mit den ehrenamtlichen Betreuern von der Projektgruppe Messelager, beginnt gleich am nächsten Tag das Programm: Stadtrundfahrt, Domführung, Empfang beim OB Fritz Schramma, Besuche an den Haft- und Arbeitsstätten, Interviews mit den Zeitzeugen, Einführung in das NS-Dokumentationszentrum, weitere Ortsbegehungen und Interviews, Begegnung und Diskussionen mit Schülern in der Willy Brandt Gesamtschule in Höhenhaus, Kranzniederlegung auf dem Westfriedhof und immer wieder Besichtigungen und Interviews.

Das klingt nicht nur anstrengend, zumal die meisten Gäste inzwischen ein recht hohes Alter erreicht haben. Dessen sind sich die Organisatoren auch voll bewusst, „aber wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Begehungen und Interviews nicht nur uns wertvolles Wissen bringen, die Betroffenen selbst haben meist ein sehr starkes Bedürfnis über ihre traumatische Vergangenheit zu sprechen, die Orte des Geschehens jetzt wieder zu sehen", erklärt Welke.


Das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln im EL-DE-Haus am Apellhofplatz 

Und so wie die Projektgruppe Messelager nicht aufhören möchte, gemeinsam mit der Stadt Köln, diese Besuche zu ermöglichen und zu betreuen, so wollen sie für einen Erhalt des Entschädigungsfonts kämpfen und dazu auch die Wirtschaft wieder zurück ins Boot holen. – Informationen zum Besuch der Zwangsarbeiter in Köln, über das NS-Dokumentationszentrum und über die Projektgruppe Messelager erhalten Sie bei: NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln (EL-DE-Haus) Frau Elisabeth Adamski Apellhofplatz 23-25 50667 Köln Telefon 0221 221-26311, Fax 0221 221-25512

Fotos & Text: Martin Heying für report-K.de, Kölns Internetzeitung