Ein Werbebanner von "sea eye" Köln in der Deutz-Mülheimer Straße fotografiert im Juni 2022.

Köln | In ihren Augustsitzungen sollen der Integrationsrat und der Ausschuss für Soziales und Senior:innen den Beschluss fassen (VN 1915/2022) für die Jahre 2022 bis 2025 jährlich 10.000 Euro der in Köln tätigen Institution „sea eye e.V.“-Lokalgruppe Köln und deren Aktion „Köln rettet!“ für Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung zu stellen. Eine Zustimmung zu dem Beschluss kann als sicher gelten, da dieser vom Gestaltungsbündnis aus Grünen, CDU und Volt initiiert wurde, die derzeit die Mehrheit im Kölner Rat bilden.

Die „Alan Kurdi“

Das Gestaltungsbündnis aus Grünen, CDU und Volt hatten zuvor geplant eine Schiffspatenschaft für das Rettungs-Schiff „Alan Kurdi“ des „sea eye e. V.“ zu übernehmen. Die „Alan Kurdi“ war an mehreren Rettungseinsätzen im Mittelmeer beteiligt.  Am 19. Juli verkaufte „sea eye“ die „Alan Kurdi“ an die italienische Seenotrettungsorganisation „ResQ“ für 400.000 Euro. Bei der „Alan Kurdi“ handelt es sich um das ehemalige Forschungsschiff der DDR „Prof Albrecht Penck“, das am 4. Juni 1951 vom Stapel lief und zunächst als Vermessungsschiff „Joh. L. Krueger“ für die DDR fuhr, nachdem die Sowjetunion es nicht mehr als Teil der Reparationsforderungen für die es eigentlich gebaut wurde einforderte.

Die NGO „sea eye“ kaufte das Schiff 2018, dass damals zur Wartung von Offshore Windparks eingesetzt wurde und in Rostock beheimatet war. „sea eye“ sagt, dass es das erste Rettungsschiff einer zivilen Rettungsorganisation unter deutscher Flagge war, das am 21. Dezember 2018 von Algeciras in Richtung Libyen zur ersten Rettungsfahrt auslief. Seinen Namen „Alan Kurdi“ erhielt das Schiff am 10. Februar 2019. Damals taufte der Vater des verstorbenen Alan Kurdi das Schiff im Hafen von Palma de Mallorca. Alan Kurdi ist der zweijährige Junge dessen Bild im September 2015 weltweit Aufsehen erregte und für die Flüchtlingskrise in Europa steht. Sein Leichnam wurde nach dem Ertrinken an der Türkischen Küste bei Bodrum angeschwemmt. Alan Kurdi wurde zwei Jahre alt. Bei dem Versuch das Mittelmeer in einem Schlepperboot zu überqueren starben auch die Mutter und sein Bruder Ghalib. „sea eye“ benannte nach dem Namen des Bruders 2020 ein weiteres Rettungsschiff.  Das Foto des toten Alan Kurdi machte die türkische Fotojournalistin Nilüfer Demir, die für die türkische Nachrichtenagentur DHA arbeitet. Die Aufnahmen seien gegen 6 Uhr Morgens entstanden.

Die lokale Unterstützung

Der Rat berät über den Förderungsantrag zum einen, da die „Alan Kurdi“ nicht mehr existiert. Zudem ist Köln daran gebunden Mittel aus dem städtischen Haushalt kommunal einzusetzen. Die Stadt bejaht dies in diesem Fall, da die Unterstützung an die lokale Gruppe von „sea eye“ geht. Mit dem Geld sollen Veranstaltungen und Diskussionsforen in der Öffentlichkeit präsentiert werden, über die Arbeit der Rettungsschiffe informiert und Spenden eingeworben werden können.

Köln engagiert sich

Rechtlich begründbar sei in diesem Zusammenhang die Verwendung der lokalen Mittel, da thematisch der Bogen gespannt werde zwischen der Seenotrettung und den Herausforderungen und Chancen von Flucht, Migration und Integration in Köln. Köln ist dem „Städtebündnis sichere Häfen“ beigetreten und habe 2021 die Potsdamer Erklärung unterzeichnet. Im „Städtebündnis sichere Häfen“ sind mehr als 300 Städte und Gemeinden in Deutschland engagiert. Sie heißen Geflüchtete willkommen und sind bereit mehr Geflüchtete aufzunehmen, als die Kontingente für sie vorsehen. In der Potsdamer Erklärung solidarisieren sich die unterzeichnenden Städte mit der Initiative „Seebrücke“. So heißt es in der Potsdamer Erklärung von 2019: „Wir ‚Städte Sicherer Häfen‘ fordern von der Bundesregierung und dem Bundesinnenminister die Einrichtung eines an den rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgerichteten Verteilungsschlüssels für die aus Seenot geretteten Schutzsuchenden. Wir fordern zu diesem Zweck eine Bund-LänderVereinbarung im Sinne einer direkten Aufnahme von aus Seenot Geretteten von Bord in die aufnahmewilligen Kommunen und Gemeinden. Die Verteilung soll neben dem ‚Königsteiner Schlüssel‘ durch einen zu vereinbarenden zusätzlichen Schlüssel geregelt werden.“ Immer wieder bekräftigten der Integrationsrat und der Rat der Stadt Köln den Willen Menschen aus Seenotrettung in Köln aufzunehmen.

Aber nicht nur die Stadt ist aktiv, sondern auch die Stadtgesellschaft, wie etwa das Festkomitee Kölner Karneval: Am 16. Oktober 2020 erhielt Carola Rackete, als erste Preisträgerin den Karl-Küpper Preis. Der Preis der an den Karnevalisten erinnert, der im Dritten Reich Widerstand gegen die Nazis leistete, ehrt Menschen die Zivilcourage zeigen. Rackete, Kapitänin und Menschenrechtsaktivistin, wurde bekannt als sie mit der „Sea-Watch 3“ 53 Schiffbrüchige rettete und gegen die behördliche Anordnung den Hafen von Lampedusa anlief. Der Preis wurde im Historischen Kölner Rathaus von Oberbürgermeisterin Henriette Reker vergeben.

Die Stadtverwaltung verweist, dass die Unterstützung einer lokalen Gruppe einer NGO unbedenklich sei und so schon in NRW etwa in Duisburg oder Bochum praktiziert werde. Bei den 10.000 Euro jährlich handelt es sich um eine freiwillige Leistung der Stadt Köln aus dem Kommunalhaushalt.

Gestaltungsbündnis sieht sich als Initiator

Das Gestaltungsbündnis aus Grünen, CDU und Volt sieht sich als Initiator der Unterstützung von „sea eye“ Lokalgruppe Köln. In einem schriftlichen Statement sagt die migrationspolitische Sprecherin der Grünen im Kölner Rat, Dîlan Yazicioglu: „Ob in der Ukraine, auf dem Balkan oder im Mittelmeer: Wir werden das Leid der flüchtenden Menschen nicht tatenlos hinnehmen und helfen, wo wir können. ‚Sicherer Hafen‘, das bedeutet sichere Aufnahmebedingungen in Köln, aber auch Einsatz für sichere Fluchtrouten. Mit der Unterstützung für Sea-Eye schützen wir Menschenleben im Mittelmeer und zeigen Flagge für die Menschlichkeit. Den europäischen Werten, die an Europas Außengrenzen regelmäßig missachtet werden, werfen wir einen Rettungsring zu.“

Die Lokalgruppe von „sea eye“ in Köln sammelt jetzt Spenden für das Seenotrettungsschiff „Sea Eye 4“.