Köln | Die Übergriffe in der Silvesternacht gegen Frauen haben heute auch ein vielstimmiges Echo in Berlin ausgelöst. Merkel verurteilt „widerwärtige Übergriffe“ in Köln, Bundesinnenminister de Maiziére will eine schnelle Aufklärung. Kriminalbeamte widersprechen Bundesjustizminister Maas der von einer neuen Form organisierter Kriminalität gesprochen hatte. Lesen Sie bei report-K die Zusammenfassung der Stimmen aus dem politischen Berlin vom Tag.

Merkel verurteilt „widerwärtige Übergriffe“ in Köln

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Dienstagnachmittag mit der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker über die Straftaten in der Silvesternacht im Umfeld des Kölner Hauptbahnhofs gesprochen: Dabei habe die Bundeskanzlerin „ihre Empörung über diese widerwärtigen Übergriffe und sexuellen Attacken“ ausgedrückt, die „nach einer harten Antwort des Rechtsstaats“ verlangten, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Es müsse alles daran gesetzt werden, die Schuldigen so schnell und so vollständig wie möglich zu ermitteln und ohne Ansehen ihrer Herkunft oder ihres Hintergrundes zu bestrafen. Kölns Polizeipräsident Wolfgang Albers zufolge gibt es bisher allerdings noch keine Erkenntnisse über die Täter aus der Silvesternacht.

Übergriffe in Köln: Kriminalbeamte widersprechen Maas

Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), André Schulz, hat der Behauptung von Justizminister Heiko Maas (SPD) widersprochen, wonach die Übergriffe auf Frauen am Kölner Hauptbahnhof eine neue Form organisierter Kriminalität gewesen seien. „Wer von einer neuen Dimension organisierter Kriminalität spricht, der irrt oder es fehlen ihm kriminalistische und kriminologische Erkenntnisse“, sagte Schulz dem „Handelsblatt“. „Das sogenannte Antanzen durch Täter, die oftmals aus Nordafrika oder dem Balkan stammen, ist der Bandenkriminalität zuzuordnen und kein neues kriminalistisches Phänomen.“
Schulz wies darauf hin, dass die Täter teilweise legal und auch schon seit längerer Zeit in Deutschland lebten oder teilweise seit Jahren auf längst überfällige Entscheidungen zu ihrem Asylantrag warteten. Ziel der Täter sei es, so Schulz, die Opfer zu überrumpeln, abzulenken und ihnen dann die Wertsachen zu entwenden. „Diese Tätergruppierungen begehen nach unseren Erkenntnissen nicht nur Trick- und Taschendiebstähle, sondern auch Raubdelikte sowie Kfz- und Wohnungseinbrüche“, sagte der Polizeigewerkschafter.
Das sei allgemein bekannt und von der Polizei in NRW auch schon mehrfach thematisiert worden. Passiert sei aber nichts. Schulz warf der Politik vor, Forderungen nach einer „angemessenen Personalstärke“ für die Gefahrenabwehr und Strafverfolgung regelmäßig ignoriert zu haben.
„In der Silvesternacht scheinen nun viele Faktoren zusammengekommen zu sein, die dann eskaliert und im Ergebnis völlig inakzeptabel sind“, fügte er hinzu. Das Ausmaß habe von der Polizei aufgrund der Gesamtumstände vor Ort nicht erkannt werden können. „Jetzt heißt es, die Polizei in Ruhe ermitteln zu lassen, damit möglichst viele Taten aufgeklärt und die Täter ihrer gerechten Strafe zugeführt werden können“, betonte Schulz. „Es nützen jetzt aber keine vollmundigen Politikerforderungen, denn das Problem ist zum größten Teil hausgemacht.“

Scheuer will schärfere Sicherheitsvorkehrungen für Menschenansammlungen

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hat als Konsequenz aus den Taten von Köln in der Silvesternacht verschärfte Sicherheitsvorkehrungen bei Menschenansammlungen gefordert. „Der Rechtsstaat muss mit allen Mitteln konsequent dafür sorgen, dass sich Frauen ohne Angst vor Übergriffen im öffentlichen Raum bewegen können“, sagte Scheuer der „Rheinischen Post“ (Mittwochausgabe). „Daher fordere ich in Ballungszentren wie in Köln, Hamburg oder Stuttgart eine deutlich stärkere Polizeipräsenz an Brennpunkten, eine flächendeckende Videoüberwachung sowie unangekündigte Personenkontrollen bei Menschenansammlungen im öffentlichen Raum.“
Es sei untragbar, dass Frauen in deutschen Großstädten nachts auf offener Straße, auf öffentlichen Plätzen von jungen Migranten sexuell traktiert und beraubt würden. „Das ist eine neue, abscheuliche Qualität von Gewalt.“ Wenn Asylbewerber oder Flüchtlinge solche Übergriffe begingen, sei das ein eklatanter Missbrauch des Gastrechts und könne nur ein sofortiges Ende des Aufenthalts in Deutschland zur Folge haben, sagte Scheuer.

Übergriffe in Köln: Krings will „möglichst viele“ Täter ausweisen

Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesinnenminister, Günter Krings (CDU), hat nach den Übergriffen auf Frauen am Kölner Hauptbahnhof ein hartes Vorgehen gegen die Täter gefordert. Es seien nicht nur strafrechtliche und präventive Konsequenzen nötig, sagte Krings dem „Handelsblatt“: „Auch die Ausländerbehörden müssen hier nun ihren Ermessensspielraum konsequent nutzen, damit möglichst viele der Täter unser Land zügig verlassen.“ Der Kölner Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck forderte von den Sicherheitsbehörden eine selbstkritische Analyse, wie es überhaupt zu dieser Häufung solcher Taten im öffentlichen Raum habe kommen können, „damit sich Vergleichbares nicht wiederholt“.
„Ich warne aber vor einer Instrumentalisierung dieser schlimmen Taten für rassistische Zwecke“, sagte Beck dem „Handelsblatt“. „Wer jetzt schon wieder schlauer als die Ermittler sein will, dem geht es nicht um die Opfer der Übergriffe, sondern eine Instrumentalisierung der schrecklichen Taten.“ Die Vorfälle müssten nun aufgeklärt, die Täter ermittelt und konsequent angeklagt werden, sagte Beck weiter.

Übergriffe auf Frauen: De Maizière kündigt schnelle Ermittlungen an

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat die Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht verurteilt und schnelle Ermittlungen angekündigt. „Die Übergriffe und Straftaten in Köln sowie in anderen Städten sind erschreckend und nicht zu tolerieren“, sagte de Maizière der „Frankfurter Rundschau“ (Mittwochausgabe): „Insbesondere die – auch sexuellen – Übergriffe gegen Frauen sind abscheulich und nicht hinnehmbar.“ Der Minister betonte, dass die zuständigen Behörden der Landes- und Bundespolizei derzeit „mit Hochdruck“ die Ermittlungen durchführen.
Er stehe mit seinen Kollegen in den Ländern dazu im engen Dialog, sagte de Maizière der „Frankfurter Rundschau“. „Wir sind uns einig, dass Täter, die solche Übergriffe verüben, konsequent ermittelt werden müssen. Der Rechtsstaat darf nicht zulassen, dass Menschen, die in unseren Städten friedlich feiern, derartigen Übergriffen ausgesetzt sind“, so de Maizière.
„Dass ein so große Zahl von Personen, offensichtlich mit Migrationshintergrund, diese Übergriffe verübt haben sollen, stellt eine neue Dimension dar“, erklärte der CDU-Politiker. „Dies darf aber nicht dazu führen, dass nunmehr Flüchtlinge gleich welcher Herkunft, die bei uns Schutz vor Verfolgung suchen, unter einen Generalverdacht gestellt werden.“

Maas verurteilt Übergriffe auf Frauen in Köln und Hamburg

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat die sexuellen Übergriffe auf Frauen in Köln und Hamburg in der Silvesternacht verurteilt. „Die feigen und abscheulichen Übergriffe werden wir nicht hinnehmen“, so Maas am Dienstag. „Das ist offenbar eine völlig neue Dimension organisierter Kriminalität“, meinte der SPD-Politiker.
Die Täter müssten ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Menschen in unseren Städten blanker Gewalt schutzlos ausgeliefert sind.“ Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte nach den Übergriffen auf Dutzende Frauen in Köln und Hamburg um den Jahreswechsel eine Strafverfolgung ohne Ansehen der Herkunft der Täter.
„Was in Köln und in St. Pauli passiert ist, sind ungeheuerliche Straftaten, und die müssen konsequent verfolgt werden“, sagte Göring-Eckradt der „Welt“. „Es gibt keinen Bonus für Nationalität oder Aufenthaltsstatus. Das Gesetz gilt für jeden.“
Eine gesetzliche Integrationspflicht lehnt die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion allerdings weiterhin ab. „Anders als die Union glaube ich nicht, dass man auf diesen Gewaltausbruch ein Pflaster namens `Integrationspflicht` klebt und alles wird gut“, sagte Göring-Eckardt. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) bezeichnete die Übergriffe am Kölner Hauptbahnhof als „schockierende Gewaltexzesse gegen Frauen“.

Autor: dts
Foto: Rund 300 Menschen demonstrierten heute gegen Gewalt gegen Frauen vor dem Kölner Dom