Düsseldorf | Hört man Christian Lindner so reden, entsteht nicht der Eindruck, er sei Mitglied der Freien Demokratischen Partei Deutschlands. Lindner lacht, Lindner scherzt, Lindner bläst zum Angriff auf SPD und Grüne. Kurzum: Lindner geht es gut. Von seiner Partei kann man das momentan nicht behaupten. Die FDP kämpft ein ums andere Mal um ihr Überleben und ihr Vorsitzender Philipp Rösler scheint nur noch ein Chef auf Abruf zu sein. Lindner sucht den größtmöglichen Abstand zur Krise seiner Partei.
Ob es nur reiner Zufall ist oder eine gewollt dramaturgische Zuspitzung, bleibt dahingestellt. Aber dass Lindner nur einen Tag nach dem viel beachteten Dreikönigstreffen seiner Partei mit einer Pressekonferenz zum Jahresauftakt an diesem Montag die Öffentlichkeit sucht, kommt wie gelegen. Während sich Parteichef Rösler, Fraktionschef Rainer Brüderle und Entwicklungsminister Dirk Niebel am Sonntag in Stuttgart ein Rededuell lieferten, kann Lindner in aller Ruhe seine Sicht der Dinge verkünden. Irgendwie scheint es, als throne der frühere Generalsekretär über allen Dingen.
Auf gewohnt lässige Art und Weise geht Lindner direkt zu Beginn auf die Krise seiner Partei ein. Er wünsche allen versammelten Journalisten ein frohes neues Jahr und viele gute Schlagzeilen in 2013. „Die wünsche ich der FDP auch“, fügt er hinzu und hat damit nach nur wenigen Sekunden schon die ersten Lacher auf seiner Seite.
Nur wenigen Spitzenpolitikern in Deutschland wird soviel rhetorisches Talent nachgesagt wie Lindner. Der 34-Jährige kann eine Stunde lang ohne Manuskript reden und dabei auch noch druckreife Sätze von sich geben. Seine Botschaften verpackt er dabei gerne. So auch an diesem Montag. Ohne auch nur einen der Protagonisten in der aktuellen Diskussion gezielt zu attackieren, schafft es Lindner, den umtriebigen Niebel auf Distanz zu halten und die Arbeit von Parteichef Rösler zu kritisieren.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) bietet dafür die Steilvorlage, indem er die Liberalen zu mehr Geschlossenheit aufgerufen hat. „Ich hoffe, dass auch Dirk Niebel diesen Hinweis von Herrn Seehofer einzuordnen versteht.“ Mehr braucht Lindner nicht sagen. Und der Hinweis darauf, dass die FDP wieder „seriöse, ernsthafte Vorschläge zu den konkreten Problemen“ der Menschen liefern solle, zielt auch an die Adresse Röslers, der die Partei seit Monaten versucht, wieder auf Kurs zu bringen.
Witze über den Pannen-Peer
All zu lange will sich Lindner mit der Lage in der FDP sowieso nicht aufhalten. Das machen die Parteifreunde in Berlin schon zur genüge. Viel lieber redet der Freidemokrat über SPD und Grüne – und insbesondere den sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück. Der habe den politischen Diskurs in den zurückliegenden Wochen bereichert, durch die Erfindung des „Peer-S“. „Das ist die Längeneinheit für den kürzesten Abstand zwischen zwei Fettnäpfchen.“
Auch in Sachen Landespolitik bläst Lindner zum Angriff. Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) sei eher ein „Ankündigungsminister“, Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) bei der Integration von behinderten Schülern vorerst gescheitert und bei der Schaffung von Kita-Plätzen hoffe die Regierung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) offensichtlich auf ein „Betreuungswunder“.
Doch trotz der rhetorischen Flucht nach vorne sucht an diesem Tag die FDP-Krise den nordrhein-westfälischen Parteichef immer wieder heim. Die meisten Nachfragen drehen sich um die Zukunft der Partei. Seit Wochen wird über einen Rückzug Röslers vom Vorsitz der Bundespartei spekuliert. Geht es um die Zeit danach, fällt auch immer wieder der Name Lindner.
Der bleibt seiner Linie allerdings treu. Er spricht von einer „abstrakten Personaldebatte“ und verspüre „keinerlei Druck“, frühzeitig von Düsseldorf nach Berlin zu wechseln, um die FDP aus der Krise zu führen. Es sind seit Wochen dieselben Fragen und Lindner beantwortet sie in Variationen immer gleich. Ganz ungelegen kommt ihm das Bohren nach seinen Zukunftsplänen aber wohl auch nicht. Schließlich bleibt er damit im Gespräch.
Autor: Christian Wolf, dapd