Eine auf zehn Jahre angelegte Studie der Uni Köln hat Einstellungen zweier Generationen in Deutschland mit zehn europäischen Nachbarländern verglichen. Über 6.000 Probanden mit und ohne Migrationshintergrund wurden zu ihren fremdenfreundlichen und fremdenfeindlichen Haltungen befragt. Das Ergebnis der Studie zeigt: Deutsche Jugendliche und ihre Eltern nehmen hinsichtlich der Ausprägung von Fremdenfeindlichkeit (Xenophobie) und Antisemitismus innerhalb des europäischen Rankings einen unauffälligen mittleren Platz ein. Andererseits sind die Deutschen aber offenbar ausgesprochen fremdenfreundlich. Nach Werten für Fremdenfreundlichkeit (Xenophilie) befragt, belegen die Deutschen europaweit einen unangefochtenen Spitzenplatz. Nirgendwo sonst finden fremdenfreundliche Statements so viel Zustimmung wie in Deutschland. Gleichzeitig sind die Deutschen aber sehr selbstkritisch. Die negative Haltung sich selbst gegenüber lässt sich nach den empirischen Kriterien der Studie sogar als „typisch deutsch“ bezeichnen. Beispielsweise wird der Aussage „Ausländer haben viele positive Eigenschaften, die uns Deutschen fehlen“ sehr viel häufiger zugestimmt als bei den europäischen Nachbarn.

Als Grund führt die Studie die Vergangenheitsbewältigung an. Doch die Schuld- und Schamgefühle induzierende Erziehung wirkt sich nach der Untersuchung auch auf Ausländer aus. So zeigten sich integrationswillige Zuwanderer verstört über das Kultivieren negativer deutscher Selbstbeschreibungen.Maßnahmen, die Deutsche und Migranten zusammenführen, stärken dagegen das Gemeinschaftsgefühl. Sie gehen davon aus, dass sich Gemeinsamkeit nicht nur bei freudigen, sondern auch bei traurigen Ereignissen fördern lässt (etwa im Konsens gegen Gewalt, Extremismus und Terrorismus). Fraglich bleibe dagegen, ob das oft demonstrative Auftreten türkischer Politiker die Entwicklung eines „Wir-Gefühls“ zwischen den Deutschen und ihren Migranten fördert oder ob jene als Repräsentanten einer ausländischen Macht nicht eher Gefühle wechselseitiger Entfremdung verstärken.

[cs]