Moskau, Frankfurt am Main | Die nachdenklichen Stimmen zur Krise in Syrien und zu einem möglichen Militäreinsatz des Westens mehren sich. Moskau warnt den Westen vor einem Militärschlag und der Friedensforscher Walther Stützle mahnt, dass es noch keine eindeutigen Beweise für den Giftgaseinsatz gebe. Auch namhafte Ökonomen sehen die Gefahr eines militärischen Eingreifens kritisch.

Russland warnt Westen vor Militäreinsatz in Syrien

Die USA bringen bereits ihre Kriegsflotte vor Syrien in Stellung, doch Russland hat jetzt einen verbalen Warnschuss abgegeben: Eine militärische Intervention ohne ein Mandat des UNO-Sicherheitsrates verstoße gegen internationales Recht, sagte der russische Außenminister Lawrow in Moskau. Ein Militärschlag gegen die Führung von Präsident Assad wäre ein „furchtbarer Fehler“, der nur zu mehr Blutvergießen führe. Eine militärische Verteidigung seines Bündnispartners Syrien will Russland aber offenbar nicht übernehmen: „Wir werden gegen niemanden kämpfen“, so der russische Außenminister.

Zuvor war aus dem Umfeld der Obama-Regierung durchgesickert, dass die USA zwar in Abstimmung mit Bündnispartnern wie Großbritannien und Frankreich, aber ohne UNO-Mandat tätig werden könnten.

Friedensforscher: Intervention in Syrien weder richtig noch gerechtfertigt

Der Publizist und Friedensforscher Walther Stützle hält ein militärisches Eingreifen in Syrien weder für richtig noch für gerechtfertigt. Ein etwaiger Einsatz sei „weder zwingend noch wäre er richtig noch wäre er gerechtfertigt. Denn es gibt keine eindeutigen Beweise dafür, was man gegenwärtig dem Assad-Regime anlastet“, sagte der ehemalige Präsident des Friedensforschungsinstituts Sipri am Montag im „Deutschlandfunk“.

„Ich denke, wir müssen auf jeden Fall das Ergebnis der Arbeit der Inspekteure abwarten, und dann erst kann der Mechanismus in Gang gesetzt werden, der dafür vom internationalen Recht, vom Völkerrecht vorgesehen ist“, sagte der Friedensforscher.

Ökonomen gegen US-Intervention in Syrien

Mit Sorge blicken Ökonomen in Deutschland auf die wachsende Gefahr eines militärischen Eingreifens in Syrien. „Eine Militärintervention der USA in Syrien könnte unabsehbare Folgen für die Weltwirtschaft haben. Der Konflikt könnte sich sehr leicht auf den ganzen arabischen Raum ausweiten und die Region in ein Pulverfass verwandeln“, sagte der Forschungsdirektor im Bereich International Economics am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Christian Dreger, „Handelsblatt-Online“.

Bereits jetzt seien Länder wie der Libanon in den syrischen Sog geraten. „Eine erhöhte Terrorgefahr und stark steigende Ölpreise könnten die aufkeimende konjunkturelle Erholung in der Weltwirtschaft schnell wieder zunichtemachen“, warnte Dreger. „Und eine allmähliche Wiederannäherung des Irans an den Westen, die für eine Stabilisierung der Region enorm wichtig ist und nach dem Wechsel der dortigen Regierung Zeit durchaus möglich erscheint, käme auf diese Weise bestimmt nicht zustande.“

Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, geht zwar davon aus, dass sich die USA in Syrien militärisch nicht nennenswert engagieren würden, zumal es aus Sicht der USA dort „keine auch nur halbwegs zuverlässigen Verbündeten“ gebe. „Greifen die USA wider Erwarten doch in großem Stil ein, steigt das Risiko für die gesamte Region, was den Ölpreis sicher nach oben treiben würde“, sagte Krämer „Handelsblatt-Online“. „Für die Weltwirtschaft wäre dies erfahrungsgemäß aber nur dann ein Problem, wenn der Ölpreis über viele Monate hinweg sehr hoch bliebe.“

Der Wormser Wirtschaftsprofessor Max Otte wertet die Interventions-Überlegungen als weiteres Zeichen für die „aggressive Strategie“, welche die USA im Nahen Osten verfolgten und der sich auch Präsident Barack Obama nicht entziehen könne. „Sollten die Auswirkungen auf Syrien begrenzt bleiben, sehe ich das als isolierten Vorfall“, sagte Otte „Handelsblatt-Online“. Er betonte allerdings auch, dass mit diesem Vorgehen auch der Iran bedroht werde und massiv in russische Interessen eingegriffen würde.
„Damit ist das Risiko einen Flächenbrandes wirklich gegeben – mit unabsehbaren Konsequenzen“, warnte Otte.

Autor: dts