Einmal im Jahr veranstaltet die Deutsche Stiftung Denkmalschutz den Tag des offenen Denkmals, den deutschlandweit mehrere Millionen Besucher nutzen, um in Gebäude zu gelangen, die normalerweise nicht öffentlich zugänglich sind. Köln war in diesem Jahr mit über 100 sehenswerten Orten dabei. Steffen Skudelny, Vorstand der privat finanzierten Stiftung mit Sitz in Bonn, berichtet über Kölner Besonderheiten.
Interview: Christoph Mohr
Der Tag des offenen Denkmals, der immer am 2. Sonntag im September veranstaltet wird, ist gerade über die Bühne gegangen. Wie erfolgreich war aus Ihrer Sicht der Tag in diesem Jahr?
Steffen Skudelny: Wir haben einen sehr erfolgreichen Tag des offenen Denkmals erlebt. Ehrenamtliche und Hauptberufliche öffneten bundesweit in über 2.000 Städten und Gemeinden rund 6.000 Denkmale für mehrere Millionen Besucher mit einem abwechslungsreichen Programm mit rund 9.000 Veranstaltungen.
Haben Sie auch Zahlen für Köln ?
In Köln haben sich 129 Denkmale zur Teilnahme am Tag des offenen Denkmals angemeldet. Das ist eine stolze Zahl für eine zu Recht stolze Stadt.
Wie steht Köln im Vergleich zu anderen Städten dar, zu Frankfurt, zu München und natürlich zu Berlin ?
In Frankfurt am Main waren 22 Denkmale angemeldet, in München 32 Bauwerke und in Berlin waren es 293. Ich scheue aber vor solchen Zahlenvergleichen etwas zurück, da die Anmeldungen recht unterschiedlich motiviert sind.
Welches war das meistbesuchte Gebäude in Köln?
Das kann ich so kurz nach dem Tag noch nicht sagen, da wir die exakten Einzelzahlen erst noch bekommen.
Der Tag des offenen Denkmals lebt natürlich davon, dass man in Gebäude kommt, die normalerweise nicht zugänglich sind. Gibt es da so etwas wie Publikumslieblinge in Köln?
In der Tat sind die nur am Aktionstag geöffneten Baudenkmale besonders beliebt. Das merken wir auch an den Presseanfragen. In Köln war das sonst nicht zugängliche, 1888 im Neo-Renaissancestil erbaute Gründerzeithaus am Hansaring offen. Es ist mittlerweile eines der letzten Gründerzeithäuser mit original erhaltener Innenausstattung zwischen Hochhaus und Ebertplatz. Ein anderes Beispiel ist die ehemalige Tabakfabrik in der Koblenzer Straße im Stil des Rheinischen Expressionismus von 1924.
Nun ist Ihr eigentliches Anliegen als Deutsche Stiftung Denkmalschutz nicht, Publikumsevents zu schaffen. Ihre Mission ist es, Baudenkmäler zu bewahren. Welche Funktion hat da der Tag des offenen Denkmals?
Der bundesweite Tag des offenen Denkmals zeigt erneut das vielseitige bürgerschaftliche Engagement für die Denkmalpflege. Möglich machen das vielerorts starke Initiativen, Vereine und Privatpersonen, die sich den Rest des Jahres für ihre Baudenkmale einsetzen. Uns ist dieses Zusammenwirken, das ein riesiges Schaufenster der Denkmalpflege eröffnet, sehr wichtig. Und ebenso, dass alle Beteiligten durch den Tag einen mächtigen Rückhalt erfahren. Besonders stolz sind wir darauf, dass erkennbar wird, wie wichtig die finanzielle und fachliche Hilfe der Deutschen Stiftung Denkmalschutz für bedrohte Denkmale ist. Viele der geöffneten Denkmale sind unsere Förderprojekte. Und unsere Spender freuen sich natürlich, wenn sie die Wirksamkeit ihrer Spenden an den Objekten erkennen!
Wie schwierig ist es, einem Nicht-Fachpublikum ein Gebäude gleichsam zu erklären?
Ich denke, dass der Tag des offenen Denkmals immer wieder deutlich macht, dass sich viele Menschen für die Arbeit der Handwerker, Architekten usw. interessieren und deren Erläuterungen aufmerksam lauschen. Denkmalpflege verständlich zu erläutern und als Anliegen aller Bürgerinnen und Bürger zu positionieren, ist ein Verdienst unserer Stiftung. Die Bandbreite unserer Spenderinnen und Spender belegt, dass uns das recht gut gelingt.
Täuscht der Eindruck, dass sich in Köln besonders viele Kirchen am Tag des offenen Denkmals beteiligen?
Auch wenn die Domstadt natürlich eine Vielzahl an bedeutenden Kirchenbauten hat, die am Tag des offenen Denkmals zu besichtigen sind, so nehmen doch in Köln, wenn ich das richtig übersehe, mindestens ebenso viele, wenn nicht mehr nicht-sakrale Denkmale am Aktionstag teil. Beispielhaft möchte ich nur das Agrippabad nennen, das Alexianer Krankenhaus, die Großmarkthalle, den Bahnhof Belvedere, den Blau-Gold-Turm, den Colonius, die Brauerei Sünner, ich könnte so weitermachen. Bundesweit habe ich für die angemeldeten Sakralbauten übrigens eine Zahl, da sind es rund 30 Prozent.
Aus Sicht des Denkmalschützers: Wie ist es allgemein um den baulichen Zustand von Kirchengebäuden in Köln bestellt, einmal abgesehen von der Dauerbaustelle Kölner Dom?
Offen gestanden rührt die Gefährdung der Kirchenbauten derzeit aus einer anderen Richtung als der Vergänglichkeit der Bausubstanz: Immer weniger Kirchenmitglieder nehmen an Gottesdiensten und Veranstaltungen der Kirchen teil. Es ist sehr wichtig, dass die Entscheidung, was mit den denkmalgeschützten Kirchen – meist Wahrzeichen eines Stadtviertels oder eines ganzen Ortes – von den Bürgerinnen und Bürgern mitgestaltet wird. Es besteht die akute Gefahr, dass viele dieser Kulturschätze in den nächsten zwei Jahrzehnten verloren gehen.
Gibt es neben dem Dom und den romanischen Kirchen Kirchengebäude in Köln, denen Sie aus architekturgeschichtlicher Perspektive eine größere Bekanntheit wünschen würden?
Auch wenn es sich um einen Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg handelt – ein Bombentreffer ließ nur die Außenmauern stehen – würde ich St. Gregorius Am Elend zu Köln in der Straße An St. Katharinen nennen – als eine von nur vier Barockkirchen Kölns und letzte Familienkirche der Stadt. Architektonische Einflüsse stammen vermutlich von den Architekten Johann Conrad Schlaun in Münster und Johann Joseph Couven in Aachen.
Wenn man das Wort Denkmal hört, denkt man an „alte Gebäude aus Stein“. Für viele Menschen scheint die Formel zu gelten „alt = erhaltenswert“, ja sogar „alt = schön“. Ist das für Sie als Denkmalschützer ein Problem?
Zunächst einmal freuen wir uns, wenn es so ist, wie Sie sagen! Es wäre nur dann ein Problem, wenn das den Blick auf die zahlreichen Baudenkmale jüngeren Datums verstellen würde, die nicht immer gleich in ihrem überzeitlichen Wert verstanden werden. Dann geraten diese Bauten nämlich in Gefahr, abgerissen zu werden, und jedes verlorene Denkmal ist ein arger kultureller Verlust.
Wie steht es um das Interesse in Köln an jüngeren Bauten, an Industriearchitektur oder an Architektur der Nachkriegszeit/der 1950er Jahre?
Allgemein findet Industriearchitektur immer mehr Akzeptanz. Nehmen Sie nur die „Alte Wagenfabrik“ in der Vogelsanger Straße in Köln. Sie ist über 100 Jahre alt und war damals (und ist es auch heute) ein Ort für Zukunftstechnologien. Die Fabrik wurde als Produktionsstätte für Elektroautos errichtet, und in den 1920er Jahren liefen hier wirklich Elektroautos vom Band. Zuletzt ist die „Alte Wagenfabrik“ auch eines der ersten Denkmäler in Köln, das mit einer Photovoltaik-Anlage ausgestattet wurde.
Die Nachkriegs- und 1950er-Jahre-Architektur trägt den positiven Beiklang des Aufschwungs nach dem Krieg in sich. Beim Tag des offenen Denkmals stößt sie, wie uns von engagierten Eigentümern berichtet wird, auf großen Zuspruch. Natürlich muss auch hier das Geschmäcklerische überwunden werden. Erfahrungsgemäß erfreut sich erst die Enkelgeneration so richtig am Denkmal der Vorväter.
Können Sie sagen, welches das jüngste Bauwerk auf Ihrer Kölner Liste ist und warum das ein wichtiges Denkmal ist?
Erst im Januar diesen Jahres wurde das Gebäude des Deutschlandfunks in Marienburg unter Denkmalschutz gestellt. Der 22-geschossige Hochhausturm mit seinem markanten Dachaufbau enthüllt seine außergewöhnliche Konstruktion, wenn man ihm näher kommt. Es gibt nur wenige Hängehochhäuser, sie werden von oben nach unten gebaut. Das Gebäude ist architektonisch und historisch für die Entwicklung des bundesdeutschen Rundfunks bedeutsam.
Nach dem Tag des offenen Denkmals 2024 ist vor dem Tag des Offenen Denkmals 2025. Hier dürfen Sie sich etwas für das nächste Jahr wünschen.
Es freut mich am meisten, wenn auch im nächsten Jahr wieder zahlreiche Denkmaleigentümer ihr Engagement vorzustellen bereit sind und dies mit ihrer Teilnahme bekunden. Und dass viele Besucher ihre Wertschätzung für die Denkmalpflege wieder „mit ihren Füßen“ bekunden. Wenn sie dann noch Förderer der privaten Deutschen Stiftung Denkmalschutz werden, die sich bemüht, die Kulturschätze bundesweit zu bewahren, dann ist mein Glück perfekt.
Gibt es Gebäude in Köln, die bislang nicht am Tag des offenen Denkmals beteiligt waren, von denen Sie sich wünschen würden, dass sie im nächsten Jahr mit dabei sind?
Leider musste in diesem Jahr der Tanzbrunnen absagen. Der in den 1920er Jahren auf dem Areal von Fort XV angelegte Messebrunnen mit der nach dem Krieg gestalteten großen Brunnenanlage und Tanzfläche ist sicher eine Führung wert.
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