Berlin | Noch fehlt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ein Punkt für die Qualifikation zur Europameisterschaft 2016 in Frankreich, Thomas Müller aber denkt schon weiter. „Wir wollen nach Frankreich, um den Titel zu holen“, sagte der Offensivstar des FC Bayern München in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“, „alles andere wäre tiefgestapelt für einen Weltmeister.“ Ein Teamspirit, wie er im vergangenen Sommer bei der WM in Brasilien herrschte, habe sich aber noch nicht gebildet: „Dafür sehen wir uns zu selten und dann auch zu kurz.“

Die These, dass die Erfolge mit der Nationalmannschaft und dem FC Bayern satt und bequem machen, kann Müller nicht nachvollziehen. „Ich spüre den Hunger auf Erfolge“, sagte der 26-Jährige. Überhaupt könne er nichts damit anfangen, dass viele die Meisterschaft nach 8. Spieltagen als schon entschieden ansehen: „Es ist und bleibt schwierig, ein Bundesligaspiel zu gewinnen.“

Das sei jedes Mal 90 Minuten harte Arbeit, so Müller: „Das kommt mir immer ein bisschen zu kurz, wenn vom Startrekord hier und von den Über-Bayern dort gesprochen wird. Wir arbeiten hart dafür.“ Im Sommer hatte Manchester United hartnäckig und mit aberwitzigen Gehaltsverlockungen um Müller geworben, aus der Ruhe gebracht hat ihn das ebenso wenig wie die Rekordsummen, die die englische Premier League insgesamt auf dem Transfermarkt gezahlt hat.

„Das kann für den Fußball-Markt doch nur gut sein, wenn Vereine so viel Geld investieren können. Ich weiß, dass so mancher deutsche Verein das gerade als bedrohlich empfindet, aber irgendwie profitieren doch alle davon.“ Für Müller, der vor 15 Jahren zum FC Bayern kam, ist daher nicht nur die Heimatverbundenheit bei seiner Zukunftsplanung entscheidend: „Fußball ist letztendlich unser Beruf, darum muss akzeptiert werden, dass auch das Gehalt eine Rolle spielt. Natürlich üben solche Gehälter ihren Reiz aus, alles andere wäre doch geheuchelt“, sagte Müller. Allerdings sei der Wohlfühlfaktor in einem Verein nicht zu unterschätzen. Dass Müller nicht weiß, ob Trainer Pep Guardiola auch in der kommenden Saison die Bayern betreuen wird, ist für ihn kein Problem: „Es darf uns als Spieler auch nicht tangieren“. Von den Spielern werde so oder so Leistung verlangt, „ob wir nun wissen, wer 2017 unser Trainer ist oder nicht. Da gibt es nicht das `Lahme Ente`-Phänomen, weder bei Trainern noch bei Spielern. Du spielst ja als Fußballer nie für einen Trainer.“

Autor: Andi Goral