Essen | ThyssenKrupp-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme zieht Konsequenzen aus der Dauerkrise beim größten deutschen Stahlkonzern. Der 70-jährige Manager legt nicht nur sein Amt als Chefkontrolleur des Unternehmens nieder. Er wird auch aus der mächtigen Krupp-Stiftung ausscheiden, wie der Konzern am Freitag mitteilte. Cromme betonte, mit dem Schritte wolle er „auch im Aufsichtsrat einen personellen Neuanfang ermöglichen“. Anleger reagierten erleichtert: Die ThyssenKrupp-Aktie schnellte im DAX um mehr als 3,5 Prozent nach oben.

Cromme stand zwölf Jahre an der Spitze des ThyssenKrupp-Aufsichtsrats. Angesichts einer Flut von Kartellskandalen, Korruptionsaffären und Milliardenverlusten durch Fehlinvestitionen in Amerika war aber in den vergangenen Monaten der Ruf nach einem Rücktritt des Chefkontrolleurs immer lauter geworden.

Cromme, der sein Amt mit Wirkung zum 31. März niederlegt, betonte: „Ich wünsche dem Unternehmen, dass es wie in der über 200-jährigen Geschichte auch aus der derzeitigen Krise gestärkt hervorgeht.“ Er werde sich dem Unternehmen auch in Zukunft verbunden fühlen.

Der Vorsitzende der Krupp-Stiftung, Berthold Beitz, nahm die Entscheidung Crommes „mit großem Respekt“ an. Der 99-Jährige lobte die langjährige enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Cromme galt bislang als designierter Nachfolger des Firmenpatriarchen an der Spitze der Krupp-Stiftung, des größten Aktionärs des Essener Stahlriesen.

ThyssenKrupp-Vorstandschef Heinrich Hiesinger dankte Cromme für dessen Arbeit. Der scheidende Aufsichtsratsvorsitzende habe das Bild der deutschen Stahlindustrie entscheidend geprägt. Cromme steht auch an der Spitze des Siemens-Aufsichtsrats. Der Konzern wollte sich auf Anfrage nicht zu der Personalie äußern.

Keitel und Lehner als Cromme-Nachfolge im Gespräch

Nach dem überraschenden Rücktritt von Chefaufseher Gerhard Cromme, 70, beim Stahlkonzern ThyssenKrupp werden dort bereits die möglichen Nachfolger sondiert. Derzeitiger Favorit für den Vorsitz im Aufsichtsrat ist Hans-Peter Keitel, 65, berichtet der „Spiegel“. Der ehemalige BDI-Präsident und Ex-Chef des Baukonzerns Hochtief hat Erfahrungen mit der Leitung großer Unternehmen, außerdem hat er durch seinen vorherigen Posten beste Verbindungen in die Politik.

Aber auch der ehemalige Henkel-Chef Ulrich Lehner, 66, kann sich gute Chancen ausrechnen. Beide gehören dem ThyssenKrupp-Aufsichtsrat seit Jahren an und könnten den Posten sofort übernehmen, heißt es in Aufsichtsratskreisen. Cromme hatte am vergangenen Freitag nach fast zwölf Jahren seinen Rücktritt als Chefkontrolleur von ThyssenKrupp erklärt. Zugleich legte der Manager über raschend auch sein Amt als stellvertretender Vorsitzender der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung nieder.

Autor: dapd, dts