Das undatierte Foto zeigt Olaf Scholz.

Berlin/Moskau | Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock warb bei ihrem Antrittsbesuch bei ihrem russischen Amtskollegen Lawrow um eine Deeskalation im Ukraine-Konflikt. Dazu äußerten sich heute auch Bundeskanzler Olaf Scholz und Nato-Generalsekretär Stoltenberg. Nach einem Bericht wird der amerikanische Außenminister Blinken am Donnerstag in Berlin erwartet.

Scholz mahnt Moskau zur Truppenreduzierung an ukrainischer Grenze

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Russland zu Zugeständnissen im Ukraine-Konflikt aufgefordert. „Wir erwarten von Russland, dass es die Lage deeskaliert“, sagte er am Dienstag nach einem Treffen mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Berlin. „Dazu könnte zum Beispiel auch eine Reduzierung der Truppen an der ukrainischen Grenze gehören.“

Wie zuvor schon Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei ihrem Antrittsbesuch in Moskau bekräftigte der Bundeskanzler, dass man bereit sei, „mit Russland in einen ernsthaften Dialog über Sicherheitsfragen in Europa einzutreten“. Alle hätten ein Interesse an „konstruktiven und stabilen Beziehungen“, fügte Scholz hinzu. „Wir haben kein Interesse daran, dass es dauerhaft Spannungen gibt.“

Russland müsse sich aber zu den Prinzipien bekennen, die man miteinander vereinbart habe. Klar sei, dass jedwede russische Aggression gegen die Ukraine „schwere Konsequenzen“ haben würde, so der Kanzler.

Baerbock wirbt in Moskau für Deeskalation im Ukraine-Konflikt

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat bei ihrem Antrittsbesuch in Moskau für Deeskalation im Ukraine-Konflikt geworben. Man habe die Pflicht, die Bevölkerung vor Krieg und Gewalt zu schützen, sagte sie am Dienstag nach einem Treffen mit ihrem russischen Amtskollegen Sergei Lawrow. Sie hoffe, dass ihr Besuch der Beginn eines „ehrlichen Austausches“ sei.

Mit Blick auf den russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine sagte Baerbock, dass es schwer sei, dies nicht als Drohung zu verstehen. Hinsichtlich russischer Forderungen nach Sicherheitsgarantien fügte sie hinzu, dass man zu einem „ernsthaften Dialog“ über gegenseitige Vereinbarungen und Schritte bereit sei, „die allen in Europa mehr Sicherheit bringen“. Diskussionen der OSZE und im NATO-Russland-Rat seien ein „erster sinnvoller Schritt“ zu einem solchen Dialog gewesen.

„Jetzt ist es aus unserer Sicht wichtig, den Normandie-Prozess wieder mit Leben zu füllen und endlich bei der Implementierung der Minsker Vereinbarungen voranzukommen“, so Baerbock. Das wäre ein „großer Schritt für mehr Sicherheit in Europa“. Große Fortschritte gab es bei dem Treffen in Moskau aber offenbar nicht.

Lawrow sagte zwar, dass man ein Interesse an der Zusammenarbeit mit der neuen Bundesregierung habe, er beklagte aber auch eine „antirussische Linie“ in Brüssel und einer Gruppe von EU-Ländern. Zu NATO-Aktivitäten in Osteuropa forderte der russische Chefdiplomat „Antworten“. Vorwürfe, die Ukraine zu bedrohen, wies Lawrow zurück. Stattdessen nehme man „Bedrohungen in Richtung Russland“ wahr.

Stoltenberg sieht „reale Gefahr militärischer Konflikte in Europa“

Angesichts des russischen Truppenaufmarschs an der Grenze zur Ukraine sieht NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg die „reale Gefahr für neue militärische Konflikte in Europa“. Stoltenberg sagte zu „Bild“, es sei wichtig, einen politischen Dialog mit Russland aufrechtzuerhalten. „Letztendlich geht es um die Sicherheit von fast einer Milliarde Menschen, die in den verbündeten Ländern leben, und natürlich auch in der Ukraine.“

Die Ukraine könne sich auf die Unterstützung der NATO verlassen. „Es wird politische Unterstützung für ihre territoriale Integrität und Souveränität geben“, so Stoltenberg. Allerdings gebe es einen Unterschied zwischen NATO-Partnern und der Ukraine: „Bei den Alliierten haben wir eine hundertprozentige Sicherheitsgarantie.“

Wenn ein NATO-Verbündeter angegriffen würde, gebe es eine Reaktion der gesamten Allianz. „Und die Ukraine ist eben kein NATO-Mitglied. Wir unterstützen die Ukraine, helfen der Ukraine und wir versprechen, dass es wirtschaftliche Sanktionen gegenüber Russland geben würde. Aber die Sicherheitsgarantien (für NATO-Länder) erstrecken sich nicht auf die Ukraine“, so Stoltenberg. Nur wenn ein Partner der NATO angegriffen werde, gelte das Kernprinzip: „Einer für alle, alle für einen.“ Ein militärisches Eingreifen schließt Stoltenberg demnach aus.

Stoltenberg kritisierte die Besetzung der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland scharf: „Wir dürfen nicht vergessen, dass die russischen Truppen zum Teil an der ukrainischen Grenze stehen aber einige von ihnen auch schon auf ukrainischem Gebiet. Sie sind auf der Krim, das ist eben ukrainisches Gebiet. Das sind historische Grenzen, die Russland mal anerkannt hat.“

Er begrüße, dass „einzelne Verbündete“ wie Deutschland der Ukraine auch zusätzliche Unterstützung anböten wie im Falle der Bundesrepublik auf dem Cyber-Sektor. Es gebe auf der einen Seite „die Gefahr einer Invasion, eines Einmarsches, aber es gibt natürlich auch noch andere aggressive Aktivitäten, wie Hybrid- und Cyber-Attacken.“ Es gebe insgesamt verschiedene Möglichkeiten, durch die versucht werden könnte, die Ukraine zu destabilisieren.

Stoltenberg rief die NATO-Staaten auf, zusammenzuhalten: „Wenn wir zusammenstehen, dann werden alle unsere Verbündeten sicher sein, weil wir in der Lage sind uns zu schützen.“

Bericht: US-Außenminister in Deutschland erwartet

US-Außenminister Antony Blinken wird offenbar am Donnerstag in Berlin erwartet. Das berichten die Sender RTL und n-tv unter Berufung auf eigene Informationen. Auf dem Programm stehen demnach Gespräche mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seiner Amtskollegin Annalena Baerbock (Grüne).

Darüber hinaus sei geplant, dass er eine Rede halten wird. Das alles beherrschende Thema des Besuchs werde die Drohung Russlands sein, in die Ukraine einzumarschieren, hieß es weiter. Um dieses Thema geht es bereits am Dienstag beim Besuch Baerbocks