Das Symbobild zeigt ein Gebäude der Bundesagentur für Arbeit.

Köln | LIVEBERICHT wird ständig aktualisiert | red, dts | Die Bundesagentur für Arbeit (BA) rechnet mit rund 410.000 ukrainischen Arbeitslosen, mit der Umstellung vom Asylbewerberleistungsgesetz auf den Status des Sozialgesetzbuches und damit zur Übernahme in die Jobcenter. Der ukrainische Außenminister Kuleba widerspricht dem französischen Präsidenten Emanuel Macron. Der Livebericht zu den Ereignissen rund um den Krieg in der Ukraine, die Situation der Flüchtlinge sowie politische Reaktionen weltweit.

Ukrainische Truppen operieren erfolgreich in der Oblast Luhansk

9:30 Uhr > Die ukrainischen Streitkräfte sind in der Lage sich gegen eine Einkreisung durch russische Truppen in der Oblast Luhansk zur Wehr zu setzen. Die Ukrainer wehren die russischen Frontalangriffe in der Region Sjewjerodonezk geschickt ab. Ukrainische Offizielle berichteten am 3. Juni, dass die ukrainischen Verteidiger die russischen Vorstöße in Sjewjerodonezk zurückgedrängt haben und die russischen Vorstöße auf Lyssytschansk von Südwesten her aktiv behindern. Und der ukrainische Leiter der Verwaltung der Oblast Luhansk Serhij Haidai widersprach dem britischen Geheimdienst, der voraussagte, dass Russland in den kommenden zwei Wochen die gesamte Region unter seine Kontrolle bringen könne. Die ukrainischen Streitkräfte so Haidai seien gut genug ausgerüstet, um immer wieder Gegenangriffe zu starten. Auch prorussische Blogger halten einen Durchbruch russischer Streitkräfte in dieser Region für eher unwahrscheinlich.

Das russische Militär hat alle seine verfügbaren Ressourcen auf diese eine Schlacht konzentriert und dabei nur bescheidene Erfolge erzielt. Das ukrainische Militär hingegen ist flexibel und selbstbewusst genug, um nicht nur örtlich begrenzte Gegenangriffe in anderen Teilen der Ukraine (z. B. nördlich von Cherson), sondern auch wirksame Gegenangriffe auf die russischen Angriffe in Sjewjerodonezk zu führen, die Berichten zufolge in den letzten 24 Stunden 20 Prozent der Stadt zurückerobert haben.

Die Zuversicht der ukrainischen Regierung, dass ihre Streitkräfte Sjewjerodonezk mehr als zwei Wochen lang halten können, und ihre Bereitschaft, lokale Gegenangriffe zu führen, anstatt strikt in der Defensive zu bleiben, ist ein deutlicher Unterschied zu den ukrainischen Erklärungen vom 28. Mai, wonach sich die ukrainischen Streitkräfte aus Sjewjerodonezk zurückziehen könnten, um eine Einkesselung zu vermeiden.

Kremlsprecher Dmitri Peskow bekräftigte am 3. Juni, dass Russland seine „spezielle Militäroperation“ in der Ukraine fortsetzen werde, bis es alle seine Ziele erreicht habe. Im Gegensatz zu früheren Erklärungen von Ende Mai, in denen das langsame Tempo des Krieges erklärt wurde, kehren Kreml-Offizielle allmählich zu ihren ursprünglichen Behauptungen über die Erfolge der russischen Invasion in der Ukraine zurück. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu behauptete am 3. Juni, dass die russischen Streitkräfte neue, nicht näher bezeichnete Aufgaben übernehmen, um den Kriegsverlauf zu beschleunigen. Militärbeobachter gehen davon aus, dass diese Erklärungen ein neues Narrativ des Sieges in der Ostukraine des Kreml vorbereiten.


BA rechnet mit 410.000 ukrainischen Arbeitslosen

8:53 Uhr > Die Bundesagentur für Arbeit rechnet mit steigenden Arbeitslosenzahlen durch die Flüchtlinge aus der Ukraine. In einer vertraulichen „Szenariorechnung zum Zugang ukrainischer Geflüchteter in das SGB II“, also in Sozialleistungen für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch, geht die Behörde von ungefähr „410.000 ukrainischen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten“ in den kommenden Wochen aus, berichtet die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf ein vorliegendes Papier, das in dieser Woche Landes- und Kommunalvertretern präsentiert wurde, um sie auf die anstehenden Herausforderungen vorzubereiten. Demnach werden „zum Jahresende 746.000 ukrainische erwerbsfähige Leistungsberechtigte in den Jobcentern erwartet“.

Die BA verweist aber darauf, dass die „Zahl der seit 24. Februar eingereisten und im Ausländerzentralregister (AZR) erfassten ukrainischen Geflüchteten“ einer „hohen Volatilität“ unterliegt. Etwa wegen Unter- und Doppelerfassung oder Rückreisen. Die „rechnerisch daraus abgeleiteten Zahlen zu ukrainischen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten“ hätten „demnach Orientierungscharakter und sind entsprechend zu interpretieren“.

Die Ukraine-Flüchtlinge, überwiegend sind es Frauen mit ihren Kindern, dürfen seit dem 1. Juni in die „normale“ Grundsicherung wechseln, die auch einheimische Arbeitslose und anerkannte Asylbewerber erhalten. Falls das Szenario der BA eintreffen sollte, würde der Anteil von Migranten an allen Arbeitslosen auf über 50 Prozent steigen. Wie die Arbeitsagentur der „Welt am Sonntag“ mitteilte, hatten nach den aktuellsten Zahlen vom Dezember 47 Prozent der Arbeitslosen laut Eigenangaben einen Migrationshintergrund.

Unter den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, darin sind neben Arbeitslosen auch „Aufstocker“ enthalten, lag der Migrantenanteil laut BA im Dezember schon bei 56 Prozent (rund 2 Millionen von rund 3,6 Millionen). Falls das Szenario der BA eintritt, dürften bald mehr als 60 Prozent aller erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die umgangssprachlich Hartz-IV-Empfänger genannt werden, einen Migrationshintergrund haben. Laut Auslandszentralregister sind bisher rund 766.000 Geflüchtete aus der Ukraine nach Deutschland eingereist.

In Berlin, der Stadt mit den meisten Kriegsflüchtlingen, haben bisher nur wenige der rund 35.000 bei den Behörden registrierten Ukrainer einen Job. Erst im „unteren dreistelligen Bereich“ seien Ukrainer in den Arbeitsmarkt integriert, sagte Tanja Franzke von der Arbeitsagentur Berlin-Brandenburg.


Kuleba widerspricht Macrons Aussage zu Demütigung von Russland

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hat die Warnung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, man dürfe Russland nicht demütigen, um nach einem Ende der Kämpfe diplomatische Lösungen nicht zu gefährden, zurückgewiesen. „Aufrufe, eine Demütigung Russlands zu vermeiden, können Frankreich und jedes andere Land, das dies fordert, nur demütigen. Denn es ist Russland, das sich selbst erniedrigt“, teilte Kuleba über Twitter mit.

„Wir sollten uns alle besser darauf konzentrieren, wie wir Russland zurückdrängen können. Das bringt Frieden und rettet Leben“, so Kuleba. Macron hatte am Samstagnachmittag in einem Interview mit mehreren Zeitungen gesagt, man dürfe Russland nicht demütigen, „damit wir an dem Tag, an dem die Kämpfe stoppen, mit diplomatischen Mitteln eine Startrampe bauen können“.


Milliardenkosten durch Gas-Sanktionen

Die Sanktionen des Kreml gegen Gazprom Germania und deren Tochterfirmen könnten deutsche Steuerzahler und Gasverbraucher mit Zusatzkosten von mehr als fünf Milliarden Euro im Jahr belasten. Das berichtet die „Welt am Sonntag“. Weil Russland nicht mehr an die deutsche Firma liefert, muss Ersatz beschafft werden.

Ein Teil der dabei entstehenden Mehrkosten soll ab Oktober in Form einer Gas-Umlage auf die Energieversorger und damit die Endkunden abgewälzt werden, berichtet die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf mehrere Branchenvertreter. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz wollte die konkrete Höhe der Kosten, die durch die Gegensanktionen Moskaus entstehen, nicht kommentieren. Moskau hatte die Belieferung der deutschen Gazprom-Tochter mit Dekret vom 11. Mai gestoppt, weil die Bundesregierung das Unternehmen unter Treuhandverwaltung gestellt hatte.

Seither muss die Bundesnetzagentur als zuständige Treuhänderin Ersatzgas am Markt beschaffen, damit das Unternehmen weiterhin die Lieferverträge mit deutschen Stadtwerken und Regionalversorgern erfüllen kann. Die nötige Menge schätzt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf 10 Millionen Kubikmeter pro Tag, was aktuell eine Belastung für den Bundeshaushalt von rund 3,5 Milliarden Euro im Jahr bedeuten würde. Weitere Kosten entstehen dem Zeitungsbericht zufolge durch die Befüllung des Erdgasspeichers Rehden in Niedersachsen, die Habeck vergangenen Mittwoch angeordnet hatte.

Dort fehlen 3,1 Milliarden Kubikmeter Gas zum aktuellen Spotmarktpreis von rund 2,5 Milliarden Euro. Ab Oktober kann der Betrag auf Regionalversorger und Stadtwerke abgewälzt werden. Die wiederum dürften die Endverbraucher entsprechend belasten.


Sozialverband VdK plant Musterklage gegen Energiepauschale

Der Sozialverband VdK plant ein Musterstreitverfahren gegen eine mutmaßliche Ungleichbehandlung bei der Energiepauschale der Bundesregierung in Höhe von 300 Euro. Die VdK-Vorsitzende Verena Bentele sagte der „Bild am Sonntag“, arme Rentner, aber auch pflegende Angehörige, Menschen, die Kranken- oder Elterngeld bekommen, gingen leer aus. „Das verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz. Deshalb planen wir, gegen diese Ungerechtigkeit zu klagen.“ Die Energiepauschale in Höhe von 300 Euro für einkommenspflichtige Erwerbstätige, die im September ausgezahlt werden soll, gehört zu den Entlastungspaketen der Bundesregierung.