Die ukrainische Flagge vor dem Europaparlament in Straßburg.

Köln | Liveblog wird ständig aktualisiert | red, dts | Seit 30 Tagen führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Über die Ereignisse in der Ukraine, die Situation der Flüchtlinge sowie politische Reaktionen berichtet report-K im Liveblog.

Russische Armee: Legen Fokus künftig auf „Donbass-Befreiung“   

19:21 Uhr > Die Russische Armee will sich beim Krieg in der Ukraine offenbar auf den Donbass konzentrieren. Die Hauptziele der ersten Phase der „Operation“ in der Ukraine seien erreicht worden, wird der Leiter der Hauptoperationsdirektion des russischen Generalstabs, Sergej Rudskoi, am Freitag von der russischen Nachrichtenagentur Interfax zitiert. „Das Kampfpotential der Streitkräfte der Ukraine wurde erheblich reduziert, was es, wie ich noch einmal betone, ermöglicht, sich auf die Hauptanstrengungen zur Erreichung des Hauptziels, der Befreiung des Donbass, zu konzentrieren“, sagte Rudskoi demnach.

„Einheiten der Streitkräfte der Russischen Föderation führen gemeinsam mit der Volksmiliz der DVR eine Offensive durch, um besiedelte Gebiete westlich von Donezk zu befreien“, so der Generalstabsvertreter. Die Erstürmung der von russischen Truppen blockierten ukrainischen Städte sei möglich, aber das Hauptziel sei die vollständige Befreiung des Donbass, sagte er. „Wir hatten ursprünglich nicht vor, sie zu stürmen, um Zerstörungen zu vermeiden und Verluste unter Personal und Zivilisten zu minimieren“, so Rudskoi.

„Obwohl wir eine solche Möglichkeit nicht ausschließen, werden sich unsere Streitkräfte und unsere Ausrüstung zu gegebener Zeit auf das Wichtigste konzentrieren, die vollständige Befreiung des Donbass“, sagte er. Russland habe die militärische Unterstützung der Volksrepubliken Lugansk und Donezk nicht nur innerhalb ihrer Grenzen verbannt, da die Gefahr einer ständigen Aufstockung der ukrainischen Militärgruppen bestehe, argumentierte Rudskoi. „Es gab zwei Möglichkeiten. Die erste bestand darin, die Aktionen nur auf das Territorium der DVR und der LVR innerhalb der Verwaltungsgrenzen der Gebiete Donezk und Luhansk zu beschränken, was in den Verfassungen der Republiken festgelegt ist. Aber dann wären wir es gewesen der ständigen Aufstockung der an der sogenannten Joint Forces Operation beteiligten Gruppe durch die ukrainischen Behörden ausgesetzt ist“, sagte der russische Militärvertreter. „Deshalb wurde die zweite Option gewählt, die Aktionen auf dem gesamten Territorium der Ukraine vorsieht, mit Veranstaltungen zu ihrer Entmilitarisierung und Entnazifizierung“, sagte er.

„Der Verlauf der Operation hat bestätigt, dass diese Entscheidung richtig war. Sie wird vom Generalstab in strikter Übereinstimmung mit dem genehmigten Plan durchgeführt“, sagte Rudskoi laut Interfax.



BND: Schleuser-Strukturen nutzen Ukraine-Fluchtbewegung  

19:14 Uhr > Der Bundesnachrichtendienst (BND) warnt in einer internen Meldung vor professionellen Schleuser-Strukturen. Diese nutzten die Fluchtbewegung aus der Ukraine aus, zitiert die „Welt“ (Samstagausgabe) aus dem Dokument. Demnach gibt es glaubhafte nachrichtendienstliche Hinweise darauf, dass Schleuser sich gezielt gefälschte ukrainische Dokumente verschaffen und Routen über das ukrainisch-polnische Grenzgebiet bewerben würden.

Laut einem weiteren nachrichtendienstlichen Hinweis eines Partnerdienstes, auf den sich das Blatt beruft, bewirbt ein Schleuser-Netzwerk auch den Transport in leeren Lkw, die zuvor Hilfsgüter in die Ukraine transportiert haben. Dieses Angebot ziele vorwiegend auf Migranten aus afrikanischen und arabischen Ländern ab, die bereits vor dem Krieg in der Ukraine gelebt haben. Eine weitere Möglichkeit bieten demnach in der Türkei ansässige professionelle Schleuser-Strukturen, die ukrainische Ausweisdokumente fälschen würden.

Die Polizei in Istanbul habe sich diesbezüglich bereits mehrfach an das ukrainische Generalkonsulat gewandt, da bei der Kontrolle von Syrern und Afghanen vermehrt ukrainische Dokumente festgestellt worden seien. Der Bundesnachrichtendienst kommt zu dem Schluss, dass Schleuser-Strukturen zeitnah auf die aktuellen Fluchtbewegungen reagieren und für ihr Geschäftsmodell nutzen werden. Von einer verstärkten Nutzung dieses erweiterten Angebotes sei „nahezu sicher“ auszugehen.

Es sei auch möglich, dass das von Mitgliedern terroristischer Gruppierungen genutzt werde. Allerdings würden hierzu noch keine Erkenntnisse vorliegen.


77 Prozent haben Angst vor Angriff auf ukrainische Atomkraftwerke   

19:12 Uhr > In Deutschland geht die Angst vor einer atomaren Verseuchung im Zuge des Ukraine-Krieges um. In Befragungen, die das Umfrageinstitut INSA für das Magazin „Focus“ durchgeführt hat, halten 62 Prozent der Deutschen den Einsatz von Atomwaffen durch Russland für möglich und noch mehr, nämlich 77 Prozent, befürchten militärische Angriffe auf ukrainische Atomkraftwerke. In beiden Fällen äußerten sich Frauen besorgter als Männer.

So haben 67 Prozent der weiblichen Befragten Angst vor einem potentiellen russischen Atomschlag, aber nur 55 Prozent der Männer. Im Falle der Kernkraftwerke sieht das Verhältnis 81 (Frauen) zu 73 (Männer) Prozent aus. Generell hat eine Mehrheit der Deutschen Angst vor einem dritten Weltkrieg.

Dies gaben in der INSA-Umfrage 58 Prozent an, 30 Prozent haben keine Angst davor. Anscheinend ist die Furcht unter Anhängern der AfD (46 Prozent) und der FDP (48 Prozent) deutlich geringer ausgeprägt als bei allen anderen Parteianhängern (60-65 Prozent). Um eine atomare Auseinandersetzung des Westens mit Russland zu vermeiden, sprach sich eine Mehrheit dafür aus, dass sich die NATO bei ihrer militärischen Unterstützung der Ukraine mehr zurückhalten sollte.

31 Prozent waren nicht dieser Ansicht. Befragte aus dem Osten plädierten dabei deutlich häufiger als die aus dem Westen für eine Zurückhaltung der NATO in der Ukraine (59 zu 49 Prozent). Auch der Chef der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO), Rafael Grossi, zeigte sich im Gespräch mit Focus beunruhigt über die Lage in der Ukraine.

Es habe nicht nur Vorkommnisse in den Kernkraftwerken Saporischschja und in Tschernobyl gegeben sondern auch besorgniserregende Situationen in Atommülllagern und Forschungseinrichtungen. „Eine solche Situation haben wir noch nie erlebt.“ Derzeit liefen Gespräche mit Regierungsvertretern Russlands und der Ukraine wie auch mit den Betreibern Rosatom und Energoatom darüber, wie man die Anlagen schützen könne.

Aber eine Vereinbarung zu erreichen sei nicht einfach. „Ich arbeite sehr hart daran, dass das klappt.“ Die IEAO sei jederzeit bereit, in die Ukraine zu reisen.

„Mein Flugzeug ist startklar. Die gepanzerten Fahrzeuge sind bereit. Wir haben ein Team, das ausgerüstet ist und loslegen will. Man muss uns nur lassen.“


Bisher über 300.000 Ukraine-Flüchtlinge in Deutschland angekommen   

19:10 Uhr > In Deutschland sind inzwischen über 300.000 Geflüchtete aus der Ukraine angekommen. Das sagte die Bundesflüchtlingsbeauftragte Reem Alabali-Radovan (SPD) der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstagausgabe). „Wir nehmen alle aus der Ukraine auf, die vor den grausamen Bombenangriffen bei uns Schutz suchen“, so die SPD-Politikerin.

Die meisten Menschen seien nach Polen geflohen, bereits mehr als zwei Millionen Menschen. „Für uns ist klar, dass wir unseren osteuropäischen Nachbarn helfen.“ Wichtig sei aber auch, dass wir über eine europaweite Verteilung sprechen.

„Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir diesmal in Europa gemeinsam solidarischer sind als in den letzten Jahren“, so die Integrationsstaatsministerin. Nach wie vor kämen überwiegend Frauen mit ihren Kindern und ältere Menschen. „Ich finde es richtig, dass wir sie nicht an der Grenze kontrollieren“, sagte die Bundesbeauftragte.

Inzwischen könne der Staat für die Aufnahme sorgen. „Ich bedanke mich bei allen, die in den ersten Wochen Kriegsflüchtlinge bei sich zu Hause beherbergt haben, ihnen persönlich zur Seite stehen“, so Alabali-Radovan. „Aber wir dürfen niemanden überlasten.“

Es sei sicher keine Dauerlösung, wenn eine geflüchtete Frau mit Kind in einem Wohnzimmer auf der Couch unterkomme. „Der Staat sorgt für Unterkunftsplätze. Der Bund hat eigene Liegenschaften mit mehr als 50.000 Plätzen bereitgestellt, Länder und Kommunen tun das ihre.“

Hinzu kämen private Angebote zur Unterbringung etwa in Ferienwohnungen. Das Bundesinnenministerium habe dazu eine Kooperation mit großen Portalen gestartet. Besorgt reagierte die Integrationsbeauftragte auf Berichte von versuchter sexueller Ausbeutung.

„Es liegen einzelne Meldungen über beunruhigende, auch frauenverachtende `Hilfsangebote` vor, unsere Sicherheitsbehörden gehen konsequent jedem Hinweis nach, verfolgen jeden Anfangsverdacht“, versprach sie. „Der Gedanke ist schrecklich, dass Frauen und Kinder in die Hände von Kriminellen gelangen könnten.“ Die Polizeien von Bund und Ländern seien inzwischen massiv an Bahnhöfen und Busstationen präsent – auch in Zivil – um die Gefahr zu bannen.

Zudem arbeite die Koordinierungsstelle gegen Menschenhandel im Bundesfamilienministerium daran, für maximalen Schutz zu sorgen. Sämtliche Hilfsangebote für Frauen seien auch in ukrainischer Sprache verfügbar, darüber werde aktiv vor Ort informiert.

Gas-Notfallplan: Energieversorger fürchten Milliardenklagen   

13:32 Uhr > Bei einem Stopp russischer Gaslieferungen fürchten die Energiekonzerne Schadensersatzklagen in Milliardenhöhe durch Unternehmen, die nicht mehr ausreichend mit Gas versorgt werden können. Das berichtet der „Spiegel“ in seiner neuen Ausgabe. Die Versorger sollen deshalb bei einer vertraulichen Sitzung von der Bundesnetzagentur verbindliche Kriterien eingefordert haben, nach denen die Behörde über die Belieferung der Industriebetriebe entscheidet.

Ein nationaler Notfallplan sieht bisher vor, dass bei sinkendem Gasdruck zuerst private Haushalte versorgt werden. Industriebetriebe müssen mit Rationierung oder Abschaltung rechnen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie und der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), die die Gespräche mit der Bundesnetzagentur führen, hatten zuvor deutlich gemacht, dass sie der Behörde keine konkreten Unternehmen nennen würden, die von der Versorgung abgeschnitten oder rationiert werden könnten.

In drei Arbeitsgruppen wollen Verbände und Behörde nun Kriterien für Abschaltungen erarbeiten und technische Details klären. Dabei dürfte relevant sein, ob Fabriken heruntergefahren werden können und ob es um Produkte geht, die lebenswichtig sind oder in den Lieferketten dringend benötigt werden. BDEW-Geschäftsführerin Kerstin Andreae hatte die Regierung am Donnerstag aufgefordert, die Frühwarnstufe auszurufen.

Der Vorstoß sollte offenbar Tempo in die Vorbereitungen bringen. „Wir müssen Tacheles reden“, soll sie in einer Videorunde gesagt haben.


USA versprechen Europa Hilfe bei Energielieferungen   

13:25 Uhr > US-Präsident Joe Biden verspricht Europa Hilfe bei der Versorgung mit Energie. Man werde zusätzlich 15 Milliarden Kubikmeter Gas über LNG-Lieferungen zur Verfügung stellen, sagte Biden am Freitag in Brüssel. Man habe eine entsprechende Vereinbarung getroffen und wolle damit Europa unterstützen, von russischen Energielieferungen unabhängiger zu werden.

Die USA würden bereits ein vollständiges Embargo gegen Russland verhängen, es sei ihm klar, dass Europa derzeit unter hohen Kosten aufgrund der aktuellen Lage leide. Der US-Präsident gab sich nebenbei als Klimaschützer: Durch die Krise würden nun auch energieeffiziente Technologien vorangetrieben, sagte Biden.


Lokale Behörden: 300 Tote nach Angriff auf Theater in Mariupol   

13:24 Uhr > Bei dem Angriff auf das Theater in der südukrainischen Stadt Mariupol in der vergangenen Woche sollen etwa 300 Menschen ums Leben gekommen sein. Das teilten die örtlichen Behörden am Freitag mit. Bislang hatte es öffentlich keine Zahl der Todesopfer gegeben, da die Trümmer und die fortdauernden Kampfhandlungen in der Stadt eine Untersuchung schwierig machten.

Unmittelbar vor dem Angriff sollen sich nach Schätzungen zwischen 500 und 1.000 Menschen in dem Gebäude versteckt haben. Die Ukraine geht davon aus, dass russische Truppen das Theater beschossen haben, Russland bestreitet dies und macht „ukrainische Extremisten“ dafür verantwortlich.


Andrang von Ukraine-Geflüchteten bei den Tafeln    

13:22 Uhr > Die Tafeln zur Ausgabe von kostenlosen Lebensmitteln an Bedürftige verzeichnen einen großen Andrang von Geflüchteten aus der Ukraine. Das berichtet der „Spiegel“ in seiner neuen Ausgabe. So stellten bei der Samstagsausgabe an der Münchner Großmarkthalle Ukrainer 800 von insgesamt 1.250 Tafelgästen.

Am Wochenende zuvor waren es nur rund 200 gewesen. „Wir haben eine zweite Nachmittagsschicht mit Freiwilligen eingerichtet und mussten eine Warteliste anlegen“, sagte ein Sprecher der Münchner Tafel. Diese kaufe derzeit pro Woche vier bis fünf Tonnen Lebensmittel zu, weil die gespendete Ware nicht ausreiche.

Die Mehrkosten liegen in München bei 12.000 bis 15.000 Euro pro Woche. Auch die Tafeln in Nürnberg oder Augsburg meldeten gestiegene Zahlen, ebenso die Berliner Tafel. „Die Folgen des Kriegs in der Ukraine sind bei den Tafeln schon jetzt deutlich spürbar“, sagte Jochen Brühl, Vorsitzender des Dachverbandes Tafel Deutschland, dem aber nicht alle Tafeln angehören.

Zu den Geflüchteten kämen Menschen, die sich die gestiegenen Energie- und Lebensmittelkosten nicht mehr leisten könnten. Durch den Zuwachs der „Kunden“ bei gleichzeitigem Spendenrückgang seien die Tafeln „aktuell gefordert wie nie zuvor“, sagte Brühl.



Umfrage: Mehrheit unterstützt deutschen Gas-Deal mit Katar   

9:29 Uhr > Die Deutschen finden es mehrheitlich richtig, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit dem Emirat Katar über Gaslieferungen verhandelt hat. Das ist das Ergebnis einer INSA-Umfrage für den Focus. Demnach befürworten 58 Prozent der Befragten diesen Schritt.

25 Prozent hingegen lehnen das Vorhaben ab. 16 Prozent gaben „weiß nicht“ an und zwei Prozent machten keine Angabe. Die Expertin für den Nahen Osten bei Amnesty International, Katja Müller-Fahlbusch, sieht die wirtschaftliche Kooperation mit Katar kritisch: „Bei aller Dringlichkeit der Suche nach neuen Energielieferanten: An dieser Stelle dürfen keine Kompromisse zulasten der Menschenrechte gemacht werden.“

Das Emirat achte weder die Rechte von Frauen noch die Presse- und Meinungsfreiheit. Die Bundesregierung habe sich im Koalitionsvertrag jedoch dazu verpflichtet, Menschenrechte zu schützen. Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß dagegen begrüßte den Gas-Deal mit Katar und argumentierte: „Deutschland muss alle Optionen berücksichtigen.“

Robert Habeck sei nun hart in der Realität gelandet. Für die Erhebung wurden insgesamt 1.000 Personen vom 22. bis 23. März 2022 befragt. Die INSA-Frage lautete: „Finden Sie es richtig oder falsch, dass Deutschland Gas von Katar kaufen will anstatt von Russland?“


Erste Erfolge bei Reduktion von Energie-Importen aus Russland  

9:28 Uhr > Das Bundeswirtschaftsministerium hat angeblich deutliche Erfolge darin erzielt, Deutschlands Abhängigkeit von russischen Energieimporten zu reduzieren. Das geht jedenfalls aus einem Vermerk des Ministeriums hervor, über den der „Spiegel“ berichtet. „Deutschland ist dabei, seine Energieabhängigkeit von Russland in hohem Tempo zu verringern und die Energieversorgung auf eine breitere Basis zu stellen“, heißt es in dem Papier.

So haben Habecks Beamte über die Energiekonzerne RWE und Uniper drei schwimmende Flüssiggasterminals „optioniert“. Die Unternehmen seien derzeit „in Vertragsverhandlungen“ zur Anmietung sogenannter Floating Storage and Regasification Units. Diese großen Spezialschiffe können Flüssiggas (LNG) von Tankern aufnehmen und auch wieder gasförmig machen.

„Die Bundesregierung prüft derzeit mögliche Standorte an der Nord- und Ostsee, in denen diese kurzfristig – teilweise schon für den Winter 2022/23 – zum Einsatz kommen können“, schreibt das Ministerium. Die Abhängigkeit von Erdgas betrage statt bislang 55 Prozent am Ende dieses Monats bereits nur noch „40 Prozent“. Von den 46 Milliarden Kubikmetern Gas, die Deutschland von Russland pro Jahr bezogen hat, sei bereits ein guter Teil durch LNG-Lieferungen ersetzt worden.

Mit den neuen Terminals könnte schon im kommenden Winter 7,5 Milliarden Kubikmeter Gas aus anderen Regionen der Welt stammen. Durch Einsparungen beim Gasverbrauch, unter anderem durch den Ersatz von Gas- durch Kohlekraftwerke, könne der russische Gasanteil „bis Ende des Jahres auf etwa 30 Prozent gesenkt“ werden. Schneller soll es bei Erdöl-Importen gehen.

Im Austausch mit den Mineralölkonzernen seien bereits in den vergangenen Wochen Lieferbeziehungen mit Russland beendet worden. „Durch die Vertragsumstellungen sinkt die Abhängigkeit von russischem Öl bereits jetzt absehbar auf 25 Prozent“, schreiben die Ministerialen. „Bis Mitte des Jahres werden die russischen Ölimporte nach Deutschland voraussichtlich halbiert sein“, verspricht das Ministerium.

„Zum Jahresende streben wir an, nahezu unabhängig zu sein.“ Der Großteil der Betreiber von Kohlekraftwerken habe bereits angefangen, den Einsatz russischer Steinkohle stark zu reduzieren. Bis zum Frühsommer werden sie „gänzlich“ auf russische Kohle verzichten.

Ähnlich ist es bei den Stahlwerken, die in den nächsten Wochen durch Umstellung von Verträgen dafür sorgen, dass die Abhängigkeit von Kohle auf 25 Prozent halbiert sei. „Bis zum Herbst kann Deutschland unabhängig von russischer Kohle sein“, so das Ministerium in dem Vermerk. Aus Ministeriumskreisen heißt es gegenüber dem „Spiegel“: „Trotz der Fortschritte hätte ein sofortiges Embargo noch zu gravierende ökonomisch und soziale Folgen.“


Ukraine kritisiert Deutschlands Haltung zu Waffenlieferungen

8:43 Uhr > Die ukrainische Regierung hat Deutschland bei der Frage der Waffenlieferungen und der Russland-Sanktionen eine Blockade-Haltung vorgeworfen. „Deutschland hat sich vor Beginn des Krieges geweigert, Waffen an die Ukraine zu liefern“, sagte der außenpolitische Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, Ihor Zhovkva, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitagausgaben). „Jetzt bekommen wir einige Waffen – aber das ist bei Weitem nicht genug, es ist viel zu spät und viel zu langsam“, kritisierte er.
Kiew bräuchte von Deutschland vor allem Anti-Panzer- und Boden-Luft-Raketen, so Zhovkva. „Aber wenn Deutschland diese Waffen nicht an uns liefern will, sollte es zumindest andere Partner nicht blockieren, uns zu helfen.“ Der Regierungsberater forderte die NATO dazu auf, eine Flugverbotszone über der gesamten Ukraine zu errichten – „oder zumindest den Luftraum teilweise abzuriegeln, um humanitäre Lieferungen zu ermöglichen“.

Auch bei der Verhängung von Sanktionen gegen Russland trete Deutschland als Bremser auf, kritisierte Zhovkva. „Leider befindet sich Deutschland auch an vorderster Front, wenn es um das Nein zu härteren Sanktionen gegen Russland geht. Zum Beispiel mit Blick auf einen totalen Import-Stopp für Gas, Öl und Kohle. Oder beim Einfrieren aller russischen Konten in Europa beziehungsweise beim Ausschluss aller russischen Banken vom internationalen Zahlungssystem Swift.“ Jeder Dollar, der für russisches Gas gezahlt wird, komme der russischen Armee zugute. Den russischen Truppen sei es nicht gelungen, größere Städte in einem Blitzkrieg einzunehmen, so Zhovkva.

Der Vormarsch der Russen verlaufe schleppend. „Selbst wenn es russischen Truppen gelungen ist, kleinere Städte im Süden wie zum Beispiel Cherson einzukreisen, konnten sie dort keine Marionetten-Verwaltungen installieren“, so der Regierungsvertreter. Allerdings seien die russischen Streitkräfte dazu übergegangen, Städte aus Militärflugzeugen anzugreifen, die über dem Schwarzen Meer fliegen.

„Dabei schießen sie Raketen mit größerer Reichweite ab.“ Die Hauptstadt Kiew rüste sich für eine große Verteidigungsschlacht, so der Präsidentenberater. „Der militärische und der zivile Teil der Verwaltung bereiten sich darauf vor, die Stadt zu verteidigen. Sie legen den notwendigen Vorrat an Lebensmitteln an für den Fall, dass Kiew eingekreist wird.“ Bislang hätten die russischen Kräfte Kiew nicht einmal zur Hälfte umzingelt. „Mit ihrer jetzigen Personalstärke wird es ihnen auch nicht gelingen, Kiew einzukreisen. Sie müssten die Zahl ihrer Kräfte verdoppeln oder verdreifachen.“ Beim Antrag auf eine Mitgliedschaft in der EU hofft die Ukraine auf Unterstützung aus Berlin. „Vieles hängt von Deutschland ab, die Lokomotive in der EU. Eine große Mehrheit der Bundesbürger ist für den EU-Beitritt der Ukraine. Kanzler Olaf Scholz sollte auf die Meinung in der Gesellschaft hören“, sagte der Selenskyj-Berater. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, SPD-Politiker Michael Roth, drängte auch auf mehr Tempo bei den Waffenlieferungen an die Ukraine. „Wir müssen bei den Waffenlieferungen jetzt den Turbo einschalten“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Freitagausgaben).

„Es gilt nun alles zu tun, um die Wehrhaftigkeit und Verteidigungsfähigkeit der Ukraine nachhaltig zu stärken, um Putin in den Gesprächen zu einer diplomatischen Lösung zu bewegen.“ Weiter erklärte Roth: „Dabei geht es vorrangig um leicht bedienbare Waffensysteme zur Verteidigung, nach der die Ukraine uns immer wieder fragt. Aber diese Waffen braucht die Ukraine unverzüglich – und nicht erst in zwei Monaten.“

Nur wenn die Ukraine stark und wehrhaft bleibe und nicht kapituliere, könne es zu einer Lösung durch Verhandlungen kommen. „Für Putin müssen die militärischen und wirtschaftlichen Kosten so hoch sein, dass er zu ernsthaften Zugeständnissen in den Verhandlungen bereit ist. Mit jedem Tag, den die Ukraine übersteht und den russischen Aggressionen die Stirn bietet, rückt eine Lösung durch Verhandlungen näher.“ Da Deutschland keine Waffen mehr aus Bundeswehrbeständen liefern kann, müsse die Regierung nun umgehend Verhandlungen mit Rüstungsunternehmen führen. „Wir müssen jetzt schnell mit der Rüstungsindustrie darüber sprechen, welche Waffen kurzfristig geliefert werden können“, forderte Roth. Dass Deutschland zu wenig Waffen in den eigenen Beständen habe, mache laut Roth die großen Versäumnisse in der Vergangenheit deutlich. „Das Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr muss deshalb gezielt dafür eingesetzt werden, die enormen Defizite bei Waffen und persönlicher Schutzausrüstung zu beheben.“

Bericht: Russische Raketen verfehlen oft ihr Ziel

Russische Raketen verfehlen beim Krieg gegen die Ukraine angeblich sehr oft ihr Ziel. Das wollen laut Medienberichten die USA herausgefunden haben. So gebe es eine Fehlerrate von bis zu 60 Prozent, werden US-Offizielle zitiert.

Demnach gibt es verschiedene Definitionen für einen Ausfall, von Raketen, die gar nicht erst starten bis hin zum Ausbleiben einer Explosion beim Aufprall. Laut des Berichts hat Russland seit Kriegsbeginn mindestens 1.100 Raketen abgefeuert, angesichts der massiven Zerstörung in manchen Teilen der Ukraine viele davon offensichtlich auch „erfolgreich“. Unterdessen sagte Russlands Ex-Präsident und Putin-Vertrauter Dmitri Medwedew, die Sanktionen des Westens würden nichts bringen.

Die russischen Geschäftsleute, die von vielen Sanktionen getroffen werden, hätten keinerlei Einfluss auf die Politik.