Seit einem Monat dient die Kiewer U-Bahn-Station Arsenalna als Notunterkunft. Tagsüber fahren dort weiterhin Züge und gleichzeitig dient sie den Kiewer Bürger*innen als Notunterkunft. | Foto: Staatliche Verwaltung der Stadt Kiew, Oleksiі Samsonov

Köln | Liveblog wird ständig aktualisiert | red, dts | Seit 31 Tagen führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine und Deutschland lieferte jetzt zusätzlich 1.500 Strela-Raketen. Über die Ereignisse in der Ukraine, die Situation der Flüchtlinge sowie politische Reaktionen berichtet report-K im Liveblog.

US-Präsident: NATO-Bündnisfall „heilige“ Verpflichtung   

21:46 Uhr > US-Präsident Joe Biden hat angesichts des Ukraine-Krieges die Gültigkeit des NATO-Bündnisfalls hervorgehoben. Der Artikel fünf des Allianz-Vertrages sei „heilig“, sagte er am Samstagabend bei seinem Besuch in Warschau. „Wir werden jeden Zentimeter der NATO verteidigen“, versprach der US-Präsident.

Er hob dabei jedoch den reinen Defensivcharakter des Bündnisses hervor. Der Demokrat zeigte sich zuversichtlich, dass Sanktionen gegen Russland wirken würden. „Die russische Wirtschaft wird in den nächsten Jahren einen Niedergang erleben“, so Biden.

Putin habe mit dem Krieg einen schweren Fehler begangen, dass sei jetzt schon klar. „Ein Diktator, der versucht ein Imperium wiederherzustellen, wird niemals gegen den Freiheitsdrang der Menschen ankommen“, sagte der US-Präsident. Man stehe an der Seite der Ukraine.

Er bekräftigte, die USA würden 100.000 Flüchtlinge aufnehmen und Hilfen in Höhe von über einer Milliarde US-Dollar leisten.



Wissing: Putin könnte von verfrühtem Energie-Embargo profitieren   

21:40 Uhr > Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat vor einem überstürzten Ausstieg aus russischen Energielieferungen gewarnt. „Es ist sinnvoll, sich energiepolitisch unabhängig zu machen von einem Staat wie Russland, der ohne mit der Wimper zu zucken Völkerrecht bricht und Menschenleben vernichtet“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonntagausgaben). „Wir müssen uns aber die nötige Zeit nehmen, um unsere Energieversorgung neu zu gestalten. Sonst lösen wir Prozesse aus, die uns selbst handlungsunfähig machen.“ Der gesellschaftliche Zusammenhalt dürfe nicht erodieren. „Nichts wäre Herrn Putin lieber, als dass wir unsere Energiepolitik an die Wand fahren und ihm geschwächt gegenüberstehen.“


Bundespolizei meldet 259.980 Ukraine-Flüchtlinge in Deutschland   

21:38 Uhr > Seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat die Bundespolizei bislang 259.980 Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland erfasst. Das gab das Bundesinnenministerium unter Berufung auf die Bundespolizei über Twitter bekannt. „Überwiegend sind es Frauen und Kinder“, teilte das Ministerium weiter mit.

Die tatsächliche Zahl der Flüchtlinge dürfte allerdings höher liegen, da stationäre Grenzkontrollen der Bundespolizei unter Verweis auf humanitäre Gründe aktuell ausgesetzt werden. Unklar ist auch, wie viele Menschen von Deutschland aus weiter in andere Staaten reisen. Im Nachbarland Polen sind laut den Angaben des Grenzschutzes bislang 2,27 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine angekommen.

Demnach kamen allein am Freitag 30.500 Schutzsuchende an.


Lindner für Neupriorisierung des EU-Wiederaufbaufonds   

21:37 Uhr > Vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine hat sich Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) dafür ausgesprochen, die Schwerpunkte des Corona-Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“ neu zu verhandeln. „Angesichts der veränderten Lage bin ich offen dafür, die vorhandenen Mittel neu zu priorisieren“, sagte Lindner der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS). Der Fonds sei „eine einmalige Chance, die nötige Transformation voranzutreiben“, sagte Lindner.

Allerdings müsse Europa diese Chance auch nutzen. Nötig seien „Investitionen in Infrastruktur, Energie und Wettbewerbsfähigkeit, aber nicht mehr Staatskonsum und verschobene Reformen“. Neue Gemeinschaftsfonds mit gemeinsamen Schulden benötige die EU aber nicht.

Das Programm, das zum ersten Mal eine gemeinsame europäische Schuldenaufnahme vorsieht, hatten die europäischen Staats- und Regierungschef im Sommer 2020 nach der ersten Corona-Welle auf einem drei Tage andauernden Gipfeltreffen in Brüssel beschlossen. Unter dem Eindruck der Pandemie hatte im Bundestag auch die FDP zugestimmt, die gemeinschaftliche Schulden sonst ablehnt.


Ukraine-Krieg: Strategiewechsel Russlands zeichnet sich ab

10:16 Uhr > Im Ukraine-Krieg deutet sich ein Strategiewechsel der russischen Armee an. Die erste Phase der „Operation“ mit dem Ziel der Schwächung der ukrainischen Armee sei vorbei. Ab jetzt werde sich Russland auf die vollständige Befreiung der östlichen Donbass-Region konzentrieren, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit.
Westliche Experten sehen in der Erklärung Russlands ein Eingeständnis, dass der ursprüngliche, vor Kriegsbeginn festgelegte Plan Moskaus am unerwartet starken Widerstand der ukrainischen Armee gescheitert sei. Am Freitag teilte Russland mit, in der Ukraine seien bislang 1.351 russische Soldaten getötet worden. Eine Zahl, die weit unter den Schätzungen westlicher Experten liegt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj behauptete indes, es seien mehr als 16.000 russische Soldaten getötet worden. Die Angaben beider Konfliktparteien lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Unterdessen dauern die heftigen Kämpfe in der von russischen Kräften belagerten Hafenstadt Mariupol an.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte am Freitagabend, Frankreich, Griechenland und die Türkei versuchten, eine Evakuierung der eingeschlossenen Zivilisten aus Mariupol zu organisieren. Selenskyj warf Russland vor, Hilfe für die Eingeschlossenen zu blockieren. Die Lage in der Stadt sei laut Selenskyj weiterhin „tragisch“.

1.500 Strela-Raketen in Ukraine eingetroffen – Kiew bestellt selbst

10:15 Uhr > Die Ukraine hat neue Waffenlieferungen aus Bundeswehrbeständen erhalten. Am Freitag wurden den ukrainischen Streitkräften 1.500 weitere Luftabwehrraketen vom Typ Strela übergeben, berichtet die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf ukrainische Regierungskreise. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte am Mittwoch gesagt, dass weitere Strela-Raketen geliefert werden sollen, dabei aber keine Angabe über den Umfang der nächsten Tranchen gemacht.
Anfang März waren der Ukraine 2.700 der Waffen aus DDR-Beständen versprochen worden. Nach rund zwei Wochen waren dann aber vor rund einer Woche nur 500 geliefert worden. In den vergangenen Tagen erhielt die Ukraine laut Bericht außerdem 100 Maschinengewehre vom Typ MG3 aus Bundeswehrbeständen inklusive fünf Millionen Schuss Munition, außerdem weitere drei Millionen Schuss Munition eines anderen Kalibers.

Die am vergangenen Mittwoch bekannt gewordene Lieferung von 2.000 Panzerfäusten aus Bundeswehrbeständen ist demnach noch nicht in der Ukraine angekommen. Noch am vergangenen Sonntag hatte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) gesagt, die Arsenale der Bundeswehr seien „erschöpft“ und es seien keine weiteren Waffen für die ukrainischen Streitkräfte mehr vorhanden. Angesichts der zögerlichen Haltung der Bundesregierung nahm die Ukraine nun die Lieferung von Waffen aus Deutschland auch selbst in die Hand.

Kiew kaufte mit eigenem Geld 2.650 Panzerabwehrwaffen in Deutschland und ließ sich den Export genehmigen, wie die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen schreibt. Die Waffen sind demnach derzeit unterwegs ins Kriegsgebiet. Die Bundesregierung hatte bis dahin über Wochen ergebnislos geprüft, ob man Waffen deutscher Hersteller ankaufen und an die Ukraine weitergeben sollte.

Die Europäische Union hat inzwischen eine Milliarde Euro für Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt, mit der Waffen für die Ukraine gekauft werden sollen. Bei den von Kiew gekauften Waffen handelt es sich laut Bericht um Panzerabwehrwaffen, die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) über das Wochenende genehmigt wurden. Der Bundessicherheitsrat wurde demnach wie vorgeschrieben beteiligt, indem die anderen Ministerien im Umlaufverfahren zustimmten.

Das ukrainische Vorgehen war eine Reaktion auf die wochenlange Zurückhaltung Berlins bei der Waffenhilfe. Das Blatt schreibt unter Berufung auf Branchenkreise, die Bundesregierung hatte schon am 28. Februar bei rund 280 deutschen Rüstungsfirmen angefragt, welche Waffen sie der Ukraine liefern könnten. Allerdings sind bis heute keine fabrikneuen Waffen durch die Bundesregierung an die Ukraine geliefert worden, schreibt die „Welt am Sonntag“.

Katar: Gas-Unabhängigkeit von Russland wird Jahre brauchen

Der katarische Energieminister Saad al-Kaabi dämpft die deutschen und europäischen Hoffnungen auf schnellen Ersatz für russisches Gas. „Wenn man die Abhängigkeit von Russland oder anderen Ländern verringern will, dann muss man das planen, und es braucht Jahre, bis alles entwickelt ist“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Samstagsausgabe). Er sieht nicht, dass jemand kurzfristig einspringen kann.

„Niemand allein kann das sein“, sagte er. „Zu sagen, ich kann heute auf Russland verzichten, und zu behaupten, Katar oder andere könnten das ersetzen, ist lächerlich. Das ist Blödsinn. Das wird nicht passieren“, sagte der Minister der FAZ. Al-Kaabi widersprach Berichten über einen Deal zwischen seinem Land und Katar über eine langfristige Energiepartnerschaft. Die Frage, ob es einen solchen gebe, beantwortete er mit: „Nein.“ Zugleich machte der katarische Minister, der zugleich CEO des staatlichen Konzerns Qatar Energy ist, deutlich, es gebe einen „klaren Willen“ und großes Interesse, ins Geschäft zu kommen.

Nach der Darstellung al-Kaabis hat Qatar Energy erst von von 2025 Jahren an die Möglichkeit, maßgebliche Mengen bereitzustellen. Fast das gesamte qatarische Gas sei bis 2026 durch bestehende Lieferverträge gebunden, sagte al-Kaabi der FAZ. „Wir haben ein großes Projekt in den USA, an dem wir zu 70 beteiligt beteiligt sind. Qatar Energy hat dort ein Volumen von 16 Millionen Tonnen, das wir auch nach Deutschland oder in andere Länder liefern können. Und Europa bietet sich als Bestimmungsort dafür an, weil es näher liegt.“ Von 2026 würden neue Kapazitäten frei, weil Katar seine Produktion von 77 Millionen auf 126 Millionen Tonnen pro Jahr erhöhen werde.