Das Pressefoto zeigt die Frau des ukrainischen Präsidenten Olena Zelenska und die Frau von US-Präsident Joe Biden, die sich geheim in Uzhgorod trafen. Die beiden Herren auf dem undatierten Foto werden nicht genannt. | Foto: Armyinform/Ukrainisches Verteidigungsministerium

Köln | LIVEBERICHT wird ständig aktualisiert | red, dts | NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg fordert den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf am 9. Mai seinen Angriffskrieg, der mittlerweile den 75. Tag tobt, zu beenden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nach der ersten Teilnahme der Ukraine an einem G7-Treffen. Der Livebericht zu den Ereignissen rund um den Krieg in der Ukraine, die Situation der Flüchtlinge sowie politische Reaktionen weltweit.

Von der Leyen sieht Fortschritte mit Ungarn bei Öl-Embargo   

22:11 Uhr > Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht Fortschritte in den Gesprächen mit dem ungarischen Ministerpräsident Viktor Orban zu einem Öl-Embargo gegen Russland. „Wir haben Fortschritte gemacht, aber es bedarf weiterer Arbeit“, teilte von der Leyen am Montagabend über Twitter mit. Die Diskussion mit Premierminister Viktor Orban sei hilfreich gewesen, um Fragen im Zusammenhang mit Sanktionen und Energiesicherheit zu klären.

Das EU-Land Ungarn hatte zuvor angekündigt, ein Veto gegen ein EU-weites Verbot russischer Erdöl-Importe einzulegen. Ein Embargo kann allerdings nur umgesetzt werden, wenn alle EU-Länder zustimmen.


Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP, auf einem Pressefoto des Deutschen Bundestages. Das Foto wurde bei einer Studioproduktion des Parlamentsfernsehens am 5. April 2022 aufgenommen. | Foto: Deutscher Bundestag/Leon Kuegeler/photothek

Strack-Zimmermann verurteilt Putin-Rede   

22:09 Uhr > Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) wertet die Rede von Wladimir Putin zum 9. Mai als Beweis dafür, dass der Ukraine-Krieg noch lange andauern wird. Putin bereite das Volk auf lang andauernde Kampfhandlungen mit weiteren Verlusten vor, sagte Strack-Zimmermann der „Welt“. Dass Putin auf die befürchtete Generalmobilmachung verzichtet habe, sei ein Zeichen dafür, dass man nicht jeder Geschichte Putins auf den Leim gehen sollte.

„Das war ja ein Narrativ, das im Westen erzählt worden ist“, so Strack-Zimmermann. Dem dürfe man nicht folgen: „Das ist eine Geschichte, die Putin erzählt und die wir nicht aufgreifen sollten. Wir sollten uns von den Szenarien ,Generalmobilmachung, Dritter Weltkrieg, Atom` nicht immer treiben lassen.“

Putins erneute Ankündigung einer „Entnazifizierung“ der Ukraine sei pervers, so Strack-Zimmermann. „Wenn man jetzt diese Bilder sieht und auch diese Rede hört, ist es ja, mit Verlaub, an Perversion nicht zu überbieten, dass er wieder die Geschichte erzählt, dass die Ukraine erlöst werden soll“, sagte sie. „Das ist wirklich ein Weltbild, das verstörend ist – zumal wir wissen, wie viele Ukrainer und Ukrainerinnen jüdischen Glaubens in dem Land leben, und wie wir wissen, dass gerade die Ukraine unter den Nazis gelitten hat“, so Strack-Zimmermann.


Macron fordert Waffenstillstand als Grundlage für Verhandlungen   

22:08 Uhr > Frankreichs frisch bestätigter Präsident Emmanuel Macron hat bei seinem Antrittsbesuch in Berlin einen Waffenstillstand in der Ukraine als Grundlage für Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland gefordert. „Wir wollen einen Waffenstillstand. Und das so schnell wie möglich. Ohne den kann man die Verhandlungen gar nicht erst fortführen“, sagte Macron bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Wenige Wochen nach der Präsidentschaftswahl in Frankreich führte Macrons erster Auslandsbesuch seiner zweiten Amtszeit nach Deutschland. Das Treffen mit Scholz stand erwartungsgemäß ganz im Zeichen des Ukraine-Kriegs.

Neben weiterer Hilfe für die Ukraine stellte Macron auch weitere Sanktionen gegen Russland in Aussicht. „Wir werden heute drüber reden“, sagte er. Scholz sagte, er sehe die Ukraine als Teil der europäischen Familie.

Man wolle die Ukraine dabei unterstützen, „ihr den Weg in unser gemeinsames Europa zu ermöglichen“, sagte Scholz, der Macron ausdrücklich zum Wahlsieg gratulierte. Macron hatte sich am 24. April in der Stichwahl gegen die Nationalistin Marine Le Pen durchgesetzt.



Klimaökonom hält Öl-Embargo gegen Russland für zu undifferenziert   

22.02 Uhr > Ottmar Edenhofer, Direktor am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), hält das von der EU geplante Öl-Embargo gegen Russland für zu undifferenziert. Ein Embargo sei eine „prohibitiv hohe Importsteuer“, sagte Edenhofer dem „Handelsblatt“ (Dienstagsausgabe). Es gebe aber Möglichkeiten „jenseits von ganz oder gar nicht“.

Möglich wären Abstufungen der Importbesteuerung, welche die Mengen reduzieren würden. Edenhofer plädiert demnach dafür, Öl aus Russland mit einer Art Strafabgabe zu belegen, deren Höhe variabel sein kann. Er sei dafür, dass man ein solches Embargo „schrittweise verschärfen und auch wieder lockern kann, wenn es die politische Konstellation erfordert“, sagte Edenhofer.

Entscheidend sei aber die Kernbotschaft, dass Europa die Öl- und Gasnachfrage in den nächsten Jahren drastisch reduzieren werde.


Röttgen: Putin kann „jederzeit eskalieren“   

21:56 Uhr > Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sieht auch nach der Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin zum 9. Mai die Gefahr einer offiziellen Kriegserklärung an die Ukraine nicht gebannt. „Putin kann nun jederzeit den `Erfolg` verkünden, die – niemals drohende – Invasion sei erfolgreich abgewendet worden“, sagte er der „Rheinischen Post“ und dem „General-Anzeiger“ (Dienstagsausgaben). Die Rede sei also von „taktischem Realismus“ geprägt gewesen.

„Aber Vorsicht: Wenn sich die Lage militärisch günstig für Putin entwickelt, kann er jederzeit eskalieren, rhetorisch und militärisch.“ Der Machthaber im Kreml habe seine Rede zum Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland „nicht zur Eskalation genutzt“, er sei rhetorisch bei seiner bisherigen Linie geblieben: „kein Krieg, sondern militärische Spezialoperation“. Dass diese zur Abwehr einer drohenden Invasion Russlands durch die NATO diene, sei neu, so Röttgen.


Thüringer Verfassungsschutz warnt vor russischen Sabotageakten   

21:55 Uhr > Der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, sieht in der Unberechenbarkeit des russischen Präsidenten Wladimir Putin ein erhebliches Sicherheitsrisiko für die westlichen Staaten. „Putins Verhalten ist angesichts seiner schwindenden Optionen immer weniger voraussehbar und berechenbar“, sagte er dem „Handelsblatt“ (Dienstagsausgabe). „Wir überschreiten daher immer mehr die Grenze des indirekten Krieges hin zu einer direkten Beteiligung am Krieg gegen Russland.“

In dieser Situation würden dann auch Rechtsgutachten wenig helfen. Denn es komme am Ende darauf an, wie Moskau die Unterstützungsleistungen des Westens für die Ukraine, etwa Waffenlieferungen, bewerte, so Kramer. „Damit werden wir auch früher oder später zum direkten Angriffsziel Russlands.“

Darauf müsse man sich vorbereiten. Schon jetzt hält es Kramer für ein realistisches Szenario, dass es neben Cyberangriffen russischer Hacker auch „zu analogen Angriffen im Sinne von Sabotageakten kommen“ könne. „Hierbei denke ich an die vulnerablen Bereiche unserer Energieversorgung, Transport, Kommunikation, Gesundheit und verschiedene Liefer- und Produktionsketten der Wirtschaft und Industrie“, sagte der Verfassungsschützer.

Auch die analoge Bedrohungslage für die Öl-, Gas- und Chemische Industrie sei nicht zu unterschätzen. „Alles was zu Chaos und Engpässen oder Versorgungsausfällen bei uns führen kann, ist für den Angreifer auch im Russland-Ukraine-Krieg potenziell nützlich und erstrebenswert.“


Putin wiederholt bei Militärparade bekannte Positionen   

21:44 Uhr > Russlands Präsident Wladimir Putin hat seine Rede bei der traditionellen Militärparade zum Jahrestag des Siegs über Nazi-Deutschland vor allem genutzt, um bekannte Positionen zu wiederholen. Die aktuellen Kämpfe in der Ukraine fänden statt, um die Sicherheit Russlands zu gewährleisten, sagte Putin am Montag in Moskau. Er machte erneut die NATO für den Krieg, den er weiterhin als „Spezialoperation“ bezeichnet, verantwortlich.

Mit Unterstützung der NATO sei immer mehr Militärinfrastruktur in der Ukraine aufgebaut worden. Angebote Russlands für Diplomatie seien ausgeschlagen worden. Deshalb sei ein „Erstschlag gegen die Aggression“ nötig geworden.

Die Ukraine bezeichnete er als Marionette der USA, von einer Entnazifizierung und einer Entmilitarisierung sprach er im Gegensatz zu früheren Reden aber nicht. Einige Beobachter hatten im Vorfeld der Militärparade erwartet, dass Putin der Ukraine formal den Krieg erklären könnte. Auch eine General- oder Teilmobilmachung hatte im Raum gestanden, der Kreml hatte entsprechende Gerüchte aber zurückgewiesen.


Großbritannien: Russlands Vorrat an Präzisionsmunition erschöpft  

8:32 Uhr > Nach Einschätzung britischer Geheimdienste ist Russlands Vorrat an präzisionsgelenkter Munition aufgrund des andauernden Ukraine-Krieges wahrscheinlich stark erschöpft. Dies habe die Verwendung alternder Munition erzwungen, die weniger zuverlässig sei, teilte das britische Verteidigungsministerium am Montag mit. Diese sei weniger genau und leichter abzufangen.

Russland werde voraussichtlich Schwierigkeiten haben, die bereits verbrauchte Präzisionsmunition zu ersetzen, fügten die Briten hinzu. Insgesamt hat Russlands Invasion in der Ukraine nach Einschätzung Großbritanniens „Mängel“ in der Fähigkeit der Russen zur Durchführung von Präzisionsschlägen in großem Maßstab offenbart.


Russische Truppen versuchen die Verwaltungsgrenzen der Oblaste Luhansk und Donezk zu erreichen

8:05 Uhr > Am 7. Mai nahmen die russischen Streitkräfte Popasna ein. Seitdem konnten sie keine wesentlichen Gebietsgewinne verzeichnen. Sie versuchen die Verwaltungsgrenzen der Oblaste Luhansk und Donezk zu erreichen, ob sie allerdings dann ihren Vormarsch unterbrechen werden ist unklar. Am 8. Mai rückten die russischen Truppen auf keiner ihrer Vormarschachsen nennenswert voran. Ob dieses Stocken seine Ursache mit den ukrainischen Gegenoffensiven nordöstlich von Charkiw zusammenhängt könnte möglich sein, da die russischen Streitkräfte Truppen in die Region verlagern mussten, die sie für Offensivoperationen an anderen Orten in der Ostukraine benötigen. In Belgorod könnten sich weitere russische Streitkräfte sammeln, die gegen die Gegenoffensive im Norden von Charkiw eingesetzt werden und diese stoppen soll, da diese näher an die russisch-ukrainische Grenze heranrückt.

In der Region Izyum gruppieren sich die russischen Streitkräfte neu, erkunden die ukrainischen Stellungen und versorgen sich mit Nachschub. Die Militärexperten des Institute For The Study Of War (ISW) rechnen damit, dass die russischen Truppen ihre Vorstöße im Südwesten und Südosten von Izyum fortsetzen werden.

Im Industriekomplex Azovstal von Mariupol wird weiter gekämpft. Offen ist ob sich die russischen Truppen auf eine erneute Offensive auf der Südachse vorbereiten und ob diese erfolgreich vorgetragen werden kann.


Selenskyj nach dem G7-Treffen

7:38 Uhr > Die Ukraine war zum ersten Mal in ihrer jungen Geschichte zu einem G7-Treffen geladen und deren Präsident Wolodymyr Selenskyj konnte dort die Nöte und Sorgen, die aus dem russischen Angriffskrieg resultieren vortragen. Selenskyj erneuerte seine Forderung nach einer Verschärfung der Sanktionen gegen Russland und hier insbesondere das Öl-Embargo. Auch im Kontext der G7 trägt Selenskyj seine Einteilung in Gut und Böse vor. In einer Erklärung des ukrainischen Präsidenten nach seiner Rede heißt es: „Die Ukraine ist die Partei des Guten in diesem Krieg. Russland verliert, weil das Böse immer verliert.“ Zudem dankte Selenskyj den zahlreichen Persönlichkeiten, die am 8. Mai die Ukraine besuchten, darunter dem Sänger Bono von U2, der Präsidentin des Deutschen Bundestages Bärbel Bas, dem kroatischen Ministerpräsidenten Andrej Plenković, Masud Gharahkhani, Präsident des norwegischen Storting und Jill Biden, der Frau von US-Präsident Joe Biden, die zu einem Geheimtreffen in die Ukraine gereist war und die Frau von Selenskyi Olena Zelenska in Uzhgorod traf.


Stoltenberg fordert von Russland zum 9. Mai Kriegsstopp

Die NATO drängt Russlands Präsidenten Wladimir Putin zum Tag des Sieges über Nazideutschland, die Kampfhandlungen in der Ukraine einzustellen. „Ich rufe Präsident Putin zum 9. Mai noch einmal auf, den Krieg unverzüglich zu beenden, seine Truppen aus der Ukraine zurückzuziehen und Friedensverhandlungen aufzunehmen. Wir stehen fest an der Seite der Ukraine und werden dem Land weiterhelfen, sein Recht auf Selbstverteidigung durchzusetzen“, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg der „Welt“.

Der frühere norwegische Ministerpräsident sagte zugleich, dass „Präsident Putin den Gedenktag am 9. Mai in der Vergangenheit regelmäßig genutzt hat, um Unwahrheiten über den Westen zu streuen und die NATO zu kritisieren“. „Ich erwarte“, so Stoltenberg weiter, „dass Putin am 9. Mai dieses Jahres erneut Lügen über die NATO und den Westen insgesamt verbreiten wird“. Er wolle aber nicht darüber spekulieren, sagte der NATO-Chef weiter, „ob es irgendwelche neue Ankündigungen am Montag aus Moskau geben wird“.

Stoltenberg spielt damit auf die Erwartung einiger westlicher Politiker und Medien an, dass Moskau am 9. Mai der Ukraine offiziell den Krieg erklären könnte. Dies würde zu einer „Generalmobilmachung“ im Land führen. Stoltenberg wies die Vorwürfe aus Moskau, das westliche Verteidigungsbündnis verhalte sich „aggressiv“ scharf zurück: „Mehr als sieben Jahrzehnte waren wir in der Lage, Krieg für unsere Alliierten zu verhindern. Die NATO ist eine defensive Allianz, und die gegenwärtige Krise zeigt, dass es überlebenswichtig ist, dass Europa und Nordamerika in der NATO zusammenstehen, um den Frieden zu sichern und die Werte von Freiheit und Demokratie zu bewahren“. Stoltenberg sagte, die Allianz wäre, ebenso wie die Europäische Union, „auf den Trümmern des 2. Weltkriegs erbaut worden, um Krieg zu verhindern“.


Luisa Neubauer kritisiert deutsche Manager wegen Ukraine-Krieg

Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer kritisiert die Haltung deutscher Manager im Ukraine-Krieg. Gerade bei der Diskussion um ein Embargo russischer Energieträger seien „genau die Lobby-Ablenkungsmuster“ zu beobachten, „die wir aus der Klimaschutz-Debatte kennen“, sagte die Organisatorin der Fridays-for-Future-Bewegung der „Süddeutschen Zeitung“ (Printausgabe vom Montag). „Statt auf die wissenschaftlichen Analysen und Studien zu hören, folgt man den Meinungen und Bauchgefühlen von einigen wenigen aus der Industrie.“

Natürlich bringe ein Embargo wirtschaftliche Belastungen mit sich, das dürfe man „überhaupt nicht klein reden“, sagte Neubauer, die einen schnellen Stopp von Öl- und Gasimporten fordert und zugleich den schnellen Ausbau von erneuerbaren Energien, um den Wegfall auszugleichen. Manche der von der Wirtschaft skizzierten Folgen hätten jedoch „immer weniger mit der Wirklichkeit zu tun“, so die Aktivistin. Gerade große Konzerne versuchten „mit überzogenen Schreckensszenarien“, die Politik in der Frage eines Embargos von harten Maßnahmen abzubringen.

Das sei der „rückgratlose Versuch“, die eigenen Profite zu sichern, kritisierte Neubauer. „Ein Embargo hat einen Preis, aber kein Embargo hat eben auch einen Preis“, sagte Neubauer. Die wirkliche Katastrophe sei aber anders als von deutschen Wirtschaftsführern behauptet, keine wirtschaftliche, sondern finde 1.000 Kilometer östlich statt: „Es sterben Menschen durch russische Waffen, die mit unseren fossilen Importen bezahlt werden.“

Die Gesellschaft werde am Ende fragen: „Wo waren wir damals, als es darauf ankam, unseren heiligen Wohlstand auf seine Werte hin zu überprüfen?“