Am 8. Mai veröffentlichte die Informationsagentur des ukrainischen Verteidigungsministeriums ein Video das vom ukrainischen Einsatzkommando "Süd" auf Facebook gepostet und einen Abschuss eines russischen Hubschraubers mit Landetruppen auf der Schlangeninsel zeigen soll. Die Authentizität des Videos kann unabhängig nicht geprüft werden. Screenshot aus dem Video: Armyinform/Ukrainisches Verteidigungsministerium/CCA

Köln | LIVEBERICHT wird ständig aktualisiert | red, dts | Die Ukraine und Russland ringen um die Schlangeninsel, die bereits auf einer Briefmarke verewigt wurde. Die ukrainische Gegenoffensive nördlich von Charkiw ist erfolgreich. Der Präsident von Belarus droht. Die SPD will ihre Russlandpolitik überdenken. Der Livebericht zu den Ereignissen rund um den Krieg in der Ukraine, die Situation der Flüchtlinge sowie politische Reaktionen weltweit.


Wirtschaftsministerium bereitet sich auf russische Sanktionen vor   

22:00 Uhr > Das Bundeswirtschaftsministerium bereitet sich auf die angekündigten russischen Sanktionen gegen Teile des Gaskonzerns „Gazprom Germania“ vor, für den Deutschland einen Treuhänder eingesetzt hatte. „Wir werten diese Ankündigungen aus, noch liegen uns keine Details vor“, sagte eine Sprecherin des Ministeriums am Mittwochabend. Die russische Regierung hatte bereits am 3. Mai ein Dekret erlassen, mit dem Gegen-Sanktionen angekündigt wurden.

Konkretisierungen sollten demnach binnen zehn Tagen erfolgen. „Die Bundesregierung und die Bundesnetzagentur als Treuhänderin von Gazprom Germania sind daher bereits dabei, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen und sich auf verschiedene Szenarien vorzubereiten. Das Krisenteam Gas überwacht die aktuelle Lage genau. Aktuell ist die Versorgungssicherheit gewährleistet, sie wird ständig überprüft“, sagte die Sprecherin weiter. Gazprom Germania und ihre Tochtergesellschaften betreiben unter anderem in Deutschland Gasspeicher und Gashandel und sind Miteigentümer von Gasleitungen. Das Unternehmen war am 4. April unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur gestellt worden, nachdem die Gazprom Germania durch ihren russischen Mutterkonzern ohne die vorherige notwendige Genehmigung des Wirtschaftsministeriums „an undurchsichtige Eigentümer verkauft“ und dann die Liquidierung des Unternehmens angeordnet worden war, wie es das Ministerium darstellt.



Innenministerin: Putin will Gesellschaft destabilisieren   

17:59 Uhr > Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnt davor, dass der Ukraine-Krieg und die damit verbundenen Preissteigerungen die deutsche Demokratie gefährden könnten. „Menschen, die in wirtschaftliche Not geraten, können empfänglicher sein für radikale Erzählungen und Lügen“, sagte sie dem Magazin „Stern“. Der russische Präsident Wladimir Putin wisse das genau.

„Er will Angst schüren, unsere Gesellschaft destabilisieren. Das ist Teil seiner Kriegsführung.“ Mit Desinformationskampagnen in sozialen Netzwerken versuche Putin, das Vertrauen der Deutschen in den Staat und seine Institutionen zu zerstören.

Faeser sagte, dass das Bundesinnenministerium gemeinsam mit den Sicherheitsbehörden konsequent gegen solche hybriden Bedrohungen vorgehe. „Direkt nach Kriegsbeginn haben wir eine Taskforce aufgebaut. Sie soll russische Falschinformationen im Netz erkennen und dafür sorgen, dass sie schnell widerlegt werden. Am besten nicht nur von uns, sondern auch von anderen glaubwürdigen Quellen, die wir auf gefälschte Bilder oder Videos hinweisen.“ Der Staat müsse zudem durchgreifen, wenn eine Plattform wie Telegram zum Brandbeschleuniger für eine radikalisierte Szene werde. Im Dezember hatte eine Gruppe bei Telegram geplant, den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer zu ermorden, im April wurde in einer Gruppe die Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geplant.

Faeser: „Jede Straftat im Netz muss so konsequent verfolgt werden wie in der analogen Welt. Ich dulde keine rechtsfreien Räume. Nirgendwo.“

Die Ministerin rief die deutschen Bürger dazu auf, Gewaltaufrufe, Beleidigungen und andere Straftaten in sozialen Netzwerken bei der Polizei anzuzeigen. „Melden Sie das, wenn Sie so etwas sehen“, so Faeser. Die Sicherheitsbehörden würden durchgreifen, aber man sei hier auch auf die Mitwirkung der Bürger angewiesen.

Polizisten will die Innenministerin mit Schulungen „sensibilisieren für die Gefahr im virtuellen Raum“.


Union drängt Scholz erneut zu Kiew-Reise   

17:54 Uhr > Die Union hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erneut zu einer Reise nach Kiew gedrängt. „Ich würde mal sagen nach Friedrich Merz, Bono und Annalena Baerbock wird es höchste Zeit, dass auch der Bundeskanzler nach Kiew fährt“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn (CSU), dem Fernsehsender „Welt“. Er frage sich manchmal, wo eigentlich die Bundesregierung sei.

„Die Außenministerin ist sehr aktiv, den Rest der Mannschaft können wir nicht so richtig sehen“, so Hahn. Der CSU-Politiker äußerte sich auch zu Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD), die aktuell wegen eines Mitflugs ihres Sohnes in einem Regierungshubschrauber in der Kritik steht. „Gerade in so einer Situation wie im Moment, wo Krieg herrscht in Europa, muss man ein besonderes Feingefühl an den Tag legen“, so Hahn.

Und da sei Bilder wirklich unpassend, wo Familienmitglieder in Diensthelikoptern mitfliegen. „Insofern erwarte ich, dass die Bundesregierung und vor allem auch die Verteidigungsministerin hier ein größeres Feingefühl an den Tag legt.“ Das Bundesverteidigungsministerium hatte Kritik an der Mitreise des Sohnes zuletzt zurückgewiesen.

Die Ministerin habe dies regulär beantragt und „die Kosten gemäß der Richtlinie zu einhundert Prozent übernommen“, sagte ein Ministeriumssprecher.


Roth will beschleunigte EU-Beitrittsverhandlungen für Ukraine   

9:34 Uhr > Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (SPD), hat sich hinsichtlich der Aufnahme der Ukraine in die Europäische Union für beschleunigte Beitrittsverhandlungen ausgesprochen. „Es hilft der Ukraine nicht, wenn wir jetzt über Jahrzehnte reden“, sagte er den Sendern RTL und ntv. „Das ist ein Land im Krieg, das braucht Ermutigung.“

Und man müsse auch bei den Beitrittsverhandlungen „auf die Tube drücken“. Für die EU stelle sich die Frage, wie sie zukünftig noch stärker zu Frieden und Stabilität beitragen könne. „Und da kann eine Perspektive hilfreich sein.“

Dass das ein langer und beschwerlicher Weg sei, das wüssten die Ukrainer sicherlich auch selbst, so Roth.


Die militärische Lage: Erfolgreiche ukrainische Gegenoffensive und Drohgebärden aus Belarus

9:20 Uhr > Die ukrainische Gegenoffensive nördlich der Stadt Charkiw ist erfolgreich. Den Ukrainern gelang es die russischen Streitkräfte weiter in Richtung der ukrainisch-russischen Grenze zurückzudrängen. Mehrere Städte nördlich von Charkiw seien befreit worden und der ukrainische Vorstoß nördlich des kürzlich befreiten Staryi Saltiv sei fortgesetzt worden. Es gibt eine russische Quelle die behauptet die Ukrainer seien bereits bis 10 Kilometer vor der russischen Grenze angekommen. Es gibt Berichte nachdem russische Einheiten, die bisher bei Izyum stationiert waren in Richtung Norden verlagert wurden, um die Gegenoffensive der Ukrainer zu stoppen oder wenigstens einzuschränken. Damit binden die Ukrainer russische Kräfte auf den Vormarschachsen, die aufgrund der ukrainischen Verteidigung ins Stocken gerieten. Je nachdem wie die ukrainische Gegenoffensive sich weiter entwickeln wird, könnte die russische Offensivoperation um Izyum aus dem Gleichgewicht gebracht werden.

Behauptungen aus Belarus

Belarus behauptet dass die USA und die NATO einen Angriff auf sein Terretorium plane. Diese Behauptung wird als falsch zurückgewiesen. Sie wurde am 10. Mai aufgestellt, als die zweite Phase einer laufenden Militärübung in Belarus begann. Der belarussische Verteidigungsminister Viktor Khrenin begründete die laufenden Übungen der schnellen Eingreiftruppen mit Eskalationen der NATO, die so die Militärexperten des amerikanischen Institut For The Study Of War (ISW) eine Falschbehauptung seien. Der erste stellvertretende belarussische Verteidigungsminister Victor Gulevich beschuldigte die USA und ihre Verbündeten, eine Militärpräsenz an den belarussischen Grenzen aufzubauen, und behauptete, Polen und die baltischen Staaten bedrohten das belarussische Territorium durch Aufklärung, Sabotage und Spezialoperationen. Gulevich kündigte an, dass belarussische taktische Bataillonsgruppen (BTGs) in der Folge in die westlichen und nordwestlichen Operationszonen vorrücken werden, als Teil einer „ganzen Reihe von Maßnahmen, die darauf abzielen, möglichen Bedrohungen“ in diesen Gebieten zu begegnen. Gulevich erklärte außerdem, dass die Anwesenheit von 20.000 ukrainischen Soldat*innen im südlichen Operationsgebiet von Belarus die Entsendung von nicht näher bezeichneten belarussischen Truppen in drei taktische Richtungen nahe der ukrainischen Grenze erforderlich gemacht habe, was mit der Meldung des ukrainischen Generalstabs übereinstimmt, wonach bestimmte belarussische Einheiten zur Überprüfung der Gefechtsbereitschaft in das ukrainisch-belarussische Grenzgebiet entsandt worden seien.

Die Rhetorik der Bedrohung der weißrussischen Grenzen ist nicht neu und wurde vom weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko in der Anfangsphase der russischen Invasion in der Ukraine häufig verwendet. Die ISW-Experten gehen von einer rein demonstrativen Übung aus, die zeigen solle, dass Belarus die russische Invasion in der Ukraine unterstütze. Belarus könne es auch darum gehen, die Aufmerksamkeit der NATO zu erregen, um die NATO-Hilfe für die Ukraine zu unterbrechen. Die ISW-Experten ordnen die Drohungen aus Belarus ähnlich ein, wie die Destabilisierungsversuche der Russen in Moldawien. Es ist unwahrscheinlich, dass sich Weißrussland dem Krieg in der Ukraine anschließe. Lukaschenko unterdrücke die Opposition im Lande 2020 und 2021 erfolgreich, bleibe aber anfällig für weitere Unruhen in seinem Land, wenn sein Sicherheitsapparat schwächele; er will wahrscheinlich nicht riskieren, sein Militär in einem ins Stocken geratenen und sich verschlechternden russischen Krieg in der Ukraine zu verlieren.

In Mariupol versuchen die Kräfte der Volksrepublik Donezk und die russischen Streitkräfte die Kontrolle über die Ruinenlandschaft weiter zu verfestigen. Zudem sollen Stahlwerke zur Herstellung von Munition wieder eröffnet worden sein. Im Osten der Ukraine sind russische Kräfte dabei Sewerodonezk einzukreisen, und erreichten Berichten zufolge von Popasna aus die Verwaltungsgrenze zwischen Donezk und Luhansk. Die russischen und ukrainischen Streitkräfte führten keine nennenswerten Angriffe auf der Südachse durch.


Kämpfe um Schlangeninsel im Schwarzen Meer dauern an

8:24 Uhr > Die Kämpfe zwischen ukrainischen und russischen Streitkräften um die Schlangeninsel im Schwarzen Meer dauern weiter an. Das teilte der britische Militärgeheimdienst, der die Lage in der Ukraine besonders intensiv beobachtet und jeden Tag einen entsprechenden Bericht veröffentlicht, am Mittwoch mit. Demnach habe Russland wiederholt versucht, seine Truppen auf der Insel zu verstärken.

Die Ukraine habe unterdessen erfolgreich russische Luftabwehr- und Versorgungsschiffe mit Drohnen angegriffen. Nach dem Rückzug der russischen Marine auf die Krim wegen des Verlusts der Moskwa hätten Russlands Versorgungsschiffe im westlichen Schwarzen Meer nur „minimalen Schutz“, so die Briten. Russlands derzeitige Bemühungen seine Streitkräfte auf der Insel zu verstärken, böten der Ukraine mehr Möglichkeiten, russische Truppen anzugreifen und Material zu zerstören.

Sollten die russischen Streitkräfte ihre Position auf der Insel aber festigen, könnten sie das nordwestliche Schwarze Meer beherrschen, fügte der britische Militärgeheimdienst hinzu.


Esken will Neuausrichtung der sozialdemokratischen Russland-Politik

SPD-Chefin Saskia Esken hat für eine Neuausrichtung der Russland-Politik ihrer Partei geworben. „Konfliktlösung über Dialog war viele Jahrzehnte überaus erfolgreich – auch Wandel durch Handel“, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Aber wir sehen ja, dass Putin nicht mehr rational handelt.“

Internationales Recht, Verträge, vertrauensvolle Zusammenarbeit – das alles trete er mit Füßen. „Für uns heißt das: Wir rücken enger zusammen in Europa und mit unseren internationalen Partnern, um unsere Werte und die Freiheit verteidigen zu können.“ Einseitige Abhängigkeit, wie in der Vergangenheit von russischen Energieimporten, dürfe es künftig nicht mehr geben, fügte die SPD-Chefin hinzu.


Özdemir will Regelung zur Fruchtfolge verschieben

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) will die EU-Regeln für den Anbau von Weizen aussetzen, um weltweite Hungersnöte infolge des Kriegs in der Ukraine zu vermeiden. „Damit könnten unsere Bauern mehr Weizen produzieren“, sagte Özdemir den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft und der Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nachrichten (Mittwochsausgaben). Konkret geht es darum, die EU-Vorschriften für die sogenannte Fruchtfolge, die von 2023 an gelten sollen, auszusetzen, die einen regelmäßigen Wechsel im Anbau vorsieht.

Ein Anbau, bei dem auf Weizen als Hauptkultur erneut Weizen folgt, wäre schon bei der diesjährigen Herbstaussaat nicht mehr möglich. Die Bauern wären stattdessen gezwungen, Raps, Mais oder andere Fürchte anzubauen. „Ich verhandle nun mit der EU-Kommission darüber, diese Regelung zurückzustellen.“

Mit diesem Vorschlag „müssten wir nicht an die wenigen Flächen für den Artenschutz ran“, sagte Özdemir. Seien diese erst einmal zerstört, gebe es auch nichts mehr zu schützen. Die EU-Vorschrift für die Fruchtfolge könnte stattdessen ein Jahr später in Kraft treten, hieß es aus seinem Ministerium.

Winterweizen ist die wichtigste Getreideart für die menschliche Versorgung in Deutschland. Er wird hierzulande auf rund drei Millionen Hektar angebaut, das entspricht einem Viertel der Gesamtackerfläche.