Das Symbolbild zeigt die Fahne von Finnland

Köln | LIVEBERICHT wird ständig aktualisiert | red, dts | Die Ukraine verzeichnet mit ihrer Gegenoffensive bei Charkiw weitere Erfolge. Jetzt steht es fest: Finnland will der NATO beitreten. Der Livebericht zu den Ereignissen rund um den Krieg in der Ukraine, die Situation der Flüchtlinge sowie politische Reaktionen weltweit.


Mehrheit sieht steigende Weltkriegsgefahr durch Waffenlieferungen   

20.25 Uhr > Eine Mehrheit der Deutschen ist der Auffassung, dass die Gefahr eines Weltkrieges dadurch steigt, dass die Bundesrepublik Waffen an die Ukraine liefert. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA für das Nachrichtenmagazin Focus. Demnach sind rund 55 Prozent der Befragten dieser Auffassung, während rund 28 Prozent dieser Aussage nicht zustimmen.

Die Lieferung schwerer Waffen befürworten nach dieser Erhebung 47 Prozent der Befragten, während rund 37 Prozent Militärhilfe dieser Art ablehnen. Rund 43 Prozent der Befragten sind der Auffassung, dass Deutschland durch Waffenlieferungen an die Ukraine selbst zur Kriegspartei wird, 40 Prozent stimmen dieser Aussage nicht zu. Für die Erhebung wurden vom 9. bis 11. Mai 1.000 Personen befragt.


Union verlangt Beistandsgarantien für Finnland und Schweden   

20:24 Uhr > Die Union hat die Bundesregierung aufgerufen, Finnland und Schweden schnellstmöglich ausdrückliche Beistandsgarantien bereits vor ihrem möglichen NATO-Beitritt zu geben. Man müsse unmissverständlich klar machen, „dass Finnland und später auch Schweden sich schon vor dem Beitritt auf den militärischen Beistand Deutschlands verlassen können“, sagte Unionsfraktionsvize Johann Wadephul der „Rheinischen Post“ (Freitagsausgabe). Deutschland solle angesichts einer drohenden Phase der Unsicherheit bis zum offiziellen Beitritt dem Beispiel Großbritanniens folgen und klare und glaubhafte Zusagen des Beistands geben, so der CDU-Sicherheitsexperte.

Zwar sehe der EU-Vertrag bereits jetzt Unterstützung für alle EU-Mitglieder im Falle eines Angriffes vor. „Aber in dieser Frage dürfen bei der russischen Aggressionspolitik nicht die geringsten Zweifel an der Entschlossenheit Deutschlands aufkommen“, sagte Wadephul, der auch die deutsche Delegation der Parlamentarischen Versammlung der NATO leitet.


Ukraine: Deutschland agiert bei Waffenlieferungen „unbeholfen“   

20:23 Uhr > Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba wirft der Bundesregierung vor, beim Thema Waffenlieferungen noch immer „unbeholfen“ zu agieren. Er sei zum Beispiel verwundert über die Entscheidung der Bundesregierung gewesen, das Luftabwehrsystem Gepard an die Ukraine zu liefern, sagte er der „Welt“ (Freitagsausgabe). „Erst heißt es, wir bekommen sie, dann heißt es, ihr bekommt sie, wenn es Munition gibt, weil wir keine haben.“

Dann müsse man sich erst an andere Länder wenden, um Munition zu beschaffen, obwohl es aus verschiedenen Gründen fragwürdig sei, dass diese Länder sie bereitstellen würden. „Erst etwas zuzustimmen, wonach wir nicht gebeten hatten und dann festzustellen, dass das System gar nicht betrieben werden kann, wirft einige Fragen auf.“ Kuleba kritisierte auch, dass Deutschland nur sieben Panzerhaubitzen 2000 an die Ukraine liefern wolle, während die Ukraine aus einem sehr kleinen EU-Land die gleiche Stückzahl erhalte.

„Da stimmen die Dimensionen nicht, das sieht nicht gut aus“, sagte Kuleba der Zeitung. Er lobte hingegen, dass Deutschland beim Thema Ölembargo gegen Russland inzwischen eine Führungsrolle in der EU einnehme.


Kreml wertet NATO-Beitritt Finnlands als Bedrohung   

20:22 Uhr > Der Kreml wertet die von Finnland geplante Mitgliedschaft in der NATO als Bedrohung. „Eine weitere NATO-Erweiterung macht unseren Kontinent nicht stabiler und sicherer“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Donnerstag. Finnland habe sich den „unfreundlichen Schritten“ angeschlossen, die die Europäische Union in Bezug auf Russland unternommen habe.

Peskow kündigte eine Reaktion an. Man werde die Folgen eines NATO-Beitritts Finnlands analysieren, um „Maßnahmen zur Gewährleistung der nationalen Sicherheit“ auszuarbeiten. Alles werde davon abhängen, wie weit die militärische Infrastruktur der NATO in Richtung der russischen Grenzen wachsen werde.

Der finnische Präsident Sauli Niinistö und Ministerpräsidentin Sanna Marin hatten am Vormittag einen NATO-Beitritt ihres Landes befürwortet. Ein Beitrittsantrag wird bereits in den kommenden Tagen erwartet. Russland hatte in der Vergangenheit schon mehrfach zum Ausdruck gebracht, eine NATO-Mitgliedschaft Finnlands nicht tatenlos hinnehmen zu wollen.


Ostbeauftragter räumt Fehleinschätzungen mit Blick auf Putin ein   

12:15 Uhr > Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), hat eigene Fehleinschätzungen mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin eingeräumt. Er sei immer der Meinung gewesen, „man muss mit Russland irgendwie hinkommen“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Ängste der Länder in Osteuropa habe er nicht ernst genug genommen.

„Ich habe mich bewusst für Nord Stream 2 ausgesprochen. Dass Putin die gesamte Ukraine angreift, habe ich für unmöglich gehalten.“ Nach der Darstellung Schneiders wird der Ukraine-Krieg in Ost und West inzwischen ähnlich wahrgenommen.

„Es gibt überall den Wunsch nach Frieden. Die generelle Ablehnung einer deutschen militärischen Beteiligung an einem Krieg ist im Osten vielleicht etwas größer“, sagte er. „Durch die Geschichte gibt es mehr Verständnis und eine Nähe zu den Menschen in der ehemaligen Sowjetunion. Arbeiter und Ingenieure aus der DDR und den ehemaligen Sowjetrepubliken haben dort gemeinsam an der Druschba-Pipeline gearbeitet.“ Was das Bild von Putin angehe, habe es Unterschiede zwischen Ost und West gegeben, „aber das hat sich seit Kriegsbeginn angenähert“. Auf die Nachfrage, ob Putin im Osten noch Unterstützung habe, sagte Schneider: „Das kann ich nicht erkennen. Die allermeisten sehen Putin als Aggressor. Wenn ich auf Veranstaltungen sage, der Typ ist irre, widerspricht mir niemand.“ Forderungen nach einem Parteiausschluss von Altkanzler Gerhard Schröder wies der SPD-Politiker unterdessen zurück.

„Ich bedauere sehr, dass Gerhard Schröder nicht in der Lage ist, sich wirklich ernsthaft von Wladimir Putin zu distanzieren und seine wirtschaftliche Tätigkeit für ihn niederzulegen“, sagte er den Funke-Zeitungen. Von Parteiausschlüssen halte er aber wenig. Zurückhaltend reagierte Schneider auf Forderungen, Schröder die staatliche Finanzierung seines Altkanzlerbüros zu streichen.

„Das wird der Bundestag entscheiden“, sagte er. „Wir brauchen Prinzipien, die für die finanzielle Ausstattung aller Büros der ehemaligen Bundespräsidenten, Bundestagspräsidenten und Bundeskanzler gelten.“


Finnland will NATO beitreten

11:33 Uhr > Der finnische Präsident Sauli Niinistö und Ministerpräsidentin Sanna Marin befürworten einen NATO-Beitritt ihres Landes. Beide veröffentlichten am Donnerstag eine entsprechende gemeinsame Erklärung. „Die NATO-Mitgliedschaft würde Finnlands Sicherheit stärken“, heißt es darin.

Als NATO-Mitglied würde Finnland zudem das gesamte Verteidigungsbündnis stärken. Finnland müsse deshalb dringend die NATO-Mitgliedschaft beantragen. „Wir hoffen, dass die noch notwendigen nationalen Schritte zu dieser Lösung in den kommenden Tagen zügig unternommen werden“, fügten der Präsident und die Regierungschefin hinzu.

Ein Beitrittsantrag wird bereits in den kommenden Tagen erwartet. Ein NATO-Beitritt ist grundsätzlich nur auf Einladung möglich, außerdem müssen alle bisherigen Mitgliedsstaaten einstimmig zustimmen. Russland hatte schon mehrfach zum Ausdruck gebracht, eine NATO-Mitgliedschaft Finnlands nicht tatenlos hinnehmen zu wollen.

Finnlands Ex-Ministerpäsident Stubb will schnelle NATO-Mitgliedschaft

Der frühere Ministerpräsident und ehemalige Außenminister Finnlands, Alexander Stubb, geht von einer schnellen NATO-Mitgliedschaft seines Landes aus. „Wir sind bereit, morgen beizutreten“, sagte Stubb dem „Handelsblatt“. Bereits seit Ende des Kalten Kriegs sei es die verteidigungspolitische Strategie Finnlands gewesen, im Zweifelsfall sofort NATO-Mitglied werden zu können.

Der Verteidigungssektor des Landes wurde deswegen so NATO-kompatibel wie möglich aufgebaut. Einige Monate werde es aber dennoch dauern: Er erwarte eine NATO-Mitgliedschaft Finnlands spätestens Ende dieses oder Anfang des kommenden Jahres, sagte Stubb. Finnland rechnet laut Stubb damit, dass Russland mit drei Arten von Einschüchterungen auf den NATO-Beitritt reagieren wird: „Cyberbedrohungen, Bedrohungen in Form von Desinformationen und hybride Bedrohungen, also eine Mischung aus beidem“, sagte er.

Mit einer konventionellen Bedrohung wie einem militärischen Angriff rechnet der konservative Politiker hingegen nicht. Bei der Cyberabwehr sei Finnland bestens aufgestellt. „Wir hatten gerade erst ein Simulationsspiel mit den Amerikanern und haben sie darin geschlagen“, sagte Stubb.

An diesem Donnerstag soll der finnische Präsident Sauli Niinistö seine Haltung zum NATO-Beitritt des Landes bekanntgeben. Die regierende sozialdemokratische Partei trifft ihre Entscheidung am Wochenende. Der Verteidigungsausschuss des finnischen Parlamentes hatte sich am Dienstag für eine Mitgliedschaft in dem Verteidigungsbündnis ausgesprochen.

Stubb war von 2014 bis 2015 finnischer Ministerpräsident, zuvor übte er das Amt des Finanzministers, des Außenministers und des Handelsministers aus. Von 2017 bis 2019 war er Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg. Seit 2020 ist Stubb Direktor und Professor am European University Institute in Florenz.


Ukrainische Streitkräfte setzen Gegenangriffe bei Charkiw fort

Die ukrainischen Streitkräfte setzen ihre Gegenangriffe nördlich der Millionenstadt Charkiw fort. Das teilte der britische Militärgeheimdienst, der die Lage in der Ukraine besonders intensiv beobachtet und jeden Tag einen entsprechenden Bericht veröffentlicht, am Donnerstag mit. Demnach seien mehrere Städte und Dörfer in Richtung der russischen Grenze zurückerobert worden.

Russlands Priorisierung von Operationen im Donbass habe russische Kräfte, die in der Oblast Charkiw stationiert sind, anfällig für die ukrainische Gegenangriffstruppe gemacht, so die Briten. Nach Russlands Erfolg bei der Einkreisung von Charkiw in der Anfangsphase des Konflikts seien Einheiten aus der Region abgezogen worden, um die russischen Truppen nach schweren Verlusten neu zu organisieren und aufzufüllen. Der Rückzug der russischen Streitkräfte aus der Region Charkiw ist nach Einschätzung der Briten eine „stillschweigende Anerkennung der Unfähigkeit Russlands, wichtige ukrainische Städte zu erobern, wo sie mit begrenztem Widerstand der Bevölkerung rechneten“.


Exporte nach Russland im März um fast 60 Prozent gesunken

Die deutschen Exporte nach Russland sind im März 2022 im Zuge des Krieges in der Ukraine eingebrochen. Insgesamt wurden Waren im Wert von 1,0 Milliarden Euro nach Russland exportiert – das waren 58,7 Prozent weniger als im März 2021, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) am Donnerstag mit. Im Februar waren die Exporte nach Russland noch um 16,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen.

Große Rückgänge verzeichneten im dritten Monat des Jahres die Exporte von Maschinen, die gegenüber März 2021 um 73,6 Prozent auf 165,8 Millionen Euro sanken, und die Exporte chemischer Erzeugnisse, die um 40,9 Prozent auf 158,7 Millionen Euro zurückgingen. Importseitig war die Entwicklung gegenläufig zu den Exporten. Aufgrund von gestiegenen Rohstoffpreisen nahmen die Importe aus der Russischen Föderation nach Deutschland um 77,7 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro gegenüber März 2021 zu.

Wichtigste Importgüter aus Russland waren Erdöl und Erdgas mit einem wertmäßigen Anstieg um 56,5 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro. Die eingeführte Menge von Erdöl und Erdgas aus Russland ging im März 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat jedoch um 27,8 Prozent zurück. Weitere wichtige Importgüter waren Metalle (Importwert: +117,3 Prozent auf 0,8 Milliarden Euro; Importmenge: -19,2 Prozent) sowie Kokerei- und Mineralölerzeugnisse (Importwert: +203,5 Prozent auf 0,5 Milliarden Euro; Importmenge: +26,0 Prozent).

Aufgrund dieser Entwicklungen stieg der Importüberschuss im Außenhandel mit Russland (Importe abzüglich Exporte) im März auf den Rekordwert von 3,4 Milliarden Euro. Im Februar hatte der Importüberschuss 1,4 Milliarden Euro betragen. Die deutschen Exporte in die von Russland angegriffene Ukraine sanken im März 2022 gegenüber März 2021 um 45,7 Prozent auf 265,8 Millionen Euro.

Die Importe aus der Ukraine nach Deutschland sanken im gleichen Zeitraum um 27,5 Prozent auf 199,6 Millionen Euro. Damit verzeichnete Deutschland im Außenhandel mit der Ukraine einen Exportüberschuss von 66,2 Millionen Euro.