Dieses Foto veröffentlichte die Informationsagentur Armyinform des ukrainischen Verteidigungsministeriums zu einer Erfolgsmeldung der ukrainischen Streitkräfte, die ihre taktischen Positionen rund um Charkiw verbesserten. | Foto: Armyinform/Ukrainisches Verteidigungsministerium

Köln | LIVEBERICHT wird ständig aktualisiert | red, dts | Die Ukraine will Russland auch die Krim abnehmen und in der Ostukraine finden erbitterte Kämpfe statt. Die Entscheidung zu Marder-Panzer-Lieferung hänge im Bundeskanzleramt fest und die Bundesregierung erwartet, dass die Flüchtlinge aus der Ukraine lange bleiben. Und was kostet der russische Angriffskrieg in der Ukraine? Der Livebericht zu den Ereignissen rund um den Krieg in der Ukraine, die Situation der Flüchtlinge sowie politische Reaktionen weltweit.


Streit um Aufenthaltserlaubnis für russische Dissidenten   

21:15 Uhr > Bundesaußenministerin Annalena Baerbock fordert von den Innenbehörden eine schnelle Lösung für nach Deutschland geflüchtete russische Journalisten. „Klar ist: Die Menschen, die jetzt hier sind und offensichtlich nicht zurück können, müssen die Möglichkeit haben, hier zu arbeiten“, sagte Baerbock dem „Spiegel“. „Das liegt in unser aller Interesse, gerade bei kritischen Journalisten, die weiter berichten wollen.“

Die Außenministerin fordert daher, „dass alle Ausländerbehörden ihre Möglichkeit, den nötigen Aufenthaltstitel zu erteilen, auch pragmatisch nutzen“.  Viele russische Oppositionelle waren zunächst mit einem 90-Tage-Schengen-Visum nach Deutschland eingereist. Über eine Anschlusslösung verhandeln Auswärtiges Amt und Bundesinnenministerium seit Wochen – bislang ohne Ergebnis. Ingesamt geht es um rund 70 Personen, den Großteil machen Mitarbeiter des russischen Fernsehsenders Doschd und des Internetmagazins „Meduza“ aus.

Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien im Kanzleramt, plädiert laut „Spiegel“-Bericht dafür, die russischen Journalisten als besonders qualifizierte Arbeitskräfte nach Paragraf 18 des Aufenthaltsgesetzes (Fachkräfteeinwanderung) einzustufen. Journalisten seien „Fachkräfte der Demokratie“, warb Roth gegenüber ihren Kabinettskollegen.  „Wir beobachten ein Hin- und Herschieben von Verantwortung zwischen Auswärtigem Amt und Bundesinnenministerium“, kritisierte Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen. „Wir haben den Eindruck, dass das Innenministerium auf der Arbeitsebene bremst.“



Rheinmetall: Keine einzige Lieferung bisher freigegeben   

20:59 Uhr > Die Bundesregierung hat dem Rüstungskonzern Rheinmetall bisher keinen Waffentransport an die Ukraine erlaubt. „Keine einzige Lieferung wurde bisher von der Bundesregierung freigegeben, also auch nicht die Marder oder Munition oder der Verkauf von alten Leopard-1-Panzern“, sagte Rheinmetall-Chef Armin Papperger der „Rheinischen Post“ (Samstagausgabe). Rheinmetall stünde bereit, die Marder direkt an die Ukraine zu liefern: „Die ersten Marder haben wir in drei Wochen fertig. Dann könnten wir zwei Stück pro Woche liefern, insgesamt rund 100 Stück. Wir richten die Fahrzeuge ohne konkreten Auftrag auf eigene Rechnung her, weil es genügend Interessenten gibt, um sie uns abzukaufen. Aber natürlich wäre uns eine Lieferung an die Ukraine am liebsten, um dem Land zu helfen.“

Papperger sagte zu Waffenlieferungen Deutschlands an die Ukraine: „Wir haben sicher Nachholbedarf. Es wurde ja bisher nicht viel geliefert. Wenn man den Medienberichten glauben darf, lieferte das kleine Litauen bisher mehr Rüstungsgüter als das große Deutschland.“

Papperger sieht Pläne der Bundesregierung kritisch, wonach osteuropäische Länder der Ukraine russische Panzer liefern und dafür im Gegenzug von Rheinmetall hergerichtete Marder-Schützenpanzer erhalten. „Das Problem an einem Ringtausch wäre, dass die Tschechen und die Slowaken keine Marder wollen, sondern moderne Produkte, wie den Schützenpanzer Lynx, den wir in den vergangenen Jahren auf eigene Kosten entwickelt haben. Doch um hohe Stückzahlen zu bauen, brauchen wir zirka zwei Jahre“, sagte Papperger.

Der Rüstungskonzern drängt darauf, dass die deutschen Verteidigungsbudgets auch nach Ausgabe des geplanten Sondervermögens in Höhe von 100 Milliarden Euro oberhalb von zwei Prozent des Bruttosozialproduktes bleibt. „Wenn wir die zwei Prozent nach den vier Jahren nicht halten, droht ein Strohfeuer“, sagte der Unternehmenschef der „Rheinischen Post“. „Dann werden wir die Bundeswehr nicht so stark haben, wie es nötig ist. Ich hoffe, dass der Kanzler die versprochene Zeitenwende auch durchsetzt.“ Als ein Projekt würde Papperger für sinnvoll halten, wenn Europa ein System zur Raketenabwehr kauft: „Wir brauchen für Europa eine Abwehr gegen weitreichende Raketen. Eine schnelle Verfügbarkeit ist nur machbar, wenn man Systeme aus den USA und Israel zukauft.“

Rheinmetall peilt den Aufstieg in die oberste Börsenliga an. „Ein Aufstieg vom M-DAX in den DAX wäre erstrebenswert. Da wir aktuell auf Platz 33 nach Marktwert sind, wäre das auch denkbar. Es wäre jedenfalls eine Ehre, unter den börsennotierten 40-Top-Unternehmen Deutschlands zu sein.“ Damit Aufträge auch erfüllt werden können, hat das Unternehmen die Vorräte an Halbleitern und anderen Materialien in diesem Jahr um 500 Millionen Euro erhöht: „Wir haben so viele Halbleiter beziehungsweise Elektronikbauteile zugekauft, dass wir für fünf Jahre wenig Nachschubprobleme haben dürften“, sagte Papperger der „Rheinischen Post“. „Insgesamt erhöhen wir das Working Capital, also den Wert der Vorräte und Betriebsmittel, in diesem Jahr um rund eine halbe Milliarde Euro.“

Trotz des Booms bei Rüstungsgütern ist ein Verkauf der zivilen Geschäfte nicht beabsichtigt: „Richtig ist, dass die Verteidigungstechnik an Gewicht gewinnt. Aber ein Ausstieg aus den zivilen Aktivitäten ist nicht geplant.“


G7 planen umfangreiche direkte Budgethilfen für Ukraine   

20:58 Uhr > Die führenden Industrienationen planen eine umfangreiche finanzielle Unterstützung für die Ukraine. Beim Treffen der G7-Finanzminister auf dem Petersberg nahe Bonn in der kommenden Woche wollen sie Budgethilfen für das Krieg führende Land von knapp 30 Milliarden Euro auf den Weg bringen, schreibt der „Spiegel“. Die Ukraine habe diesen Finanzbedarf bis Ende des Jahres beziffert, heißt es aus Kreisen der Verhandler.

Pro Monat fielen rund fünf Milliarden Euro zum Beispiel für die Bezahlung von Staatsbediensteten oder Rentnern an, die die Ukraine nach Angaben aus Kiew nicht aus eigener Kraft stemmen kann. Der Internationale Währungsfonds hält die Berechnungen für nachvollziehbar und kommt auf ähnliche Größenordnungen. Die Hilfen sollen als Darlehen und Zuschüsse gewährt werden.

Kiew müsste also nicht alles zurückzahlen. Die Summe von 30 Milliarden Euro setzt voraus, dass die Kampfhandlungen im Laufe des Jahres enden. Seit Wochen verhandeln die westlichen Staaten intensiv.

Die Federführung liegt bei Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner, da Deutschland in diesem Jahr die G7-Präsidentschaft innehat. Die Rolle erhöht den Druck auf die Bundesregierung, bei den Hilfen mit gutem Beispiel voranzugehen. Für gewöhnlich werden die Anteile gemäß der Höhe der Wirtschaftsleistung verteilt.

Unter den G7-Staaten belegt Deutschland den dritten Rang. Andere Teilnehmerstaaten sperren sich allerdings noch gegen das Vorhaben. So soll ein europäisches Land bisher nicht zugesagt haben, sich zu beteiligen.

Strittig ist zudem, ob die Ukraine tatsächlich Geld geschenkt bekommen soll. Großbritannien und die USA legen eine forschere Gangart ein. Sie schlagen vor, in großem Umfang Oligarchenvermögen zu beschlagnahmen und damit Hilfen an die Ukraine zu finanzieren.

Unklar ist daher noch, ob das Paket schon in der kommenden Woche auf dem Petersberg beschlossen werden kann. Möglich ist auch, dass erst die Staats- und Regierungschefs, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), im Juni bei ihrem Gipfel in Schloss Elmau eine Einigung finden. Zu den G7 zählen Deutschland, die USA, Großbritannien, Japan, Frankreich, Italien und Kanada.


Lindner will russisches Vermögen für Wiederaufbau in Ukraine nutzen   

20:58 Uhr > Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) spricht sich dafür aus, eingefrorene russische Vermögenswerte zu nutzen, um den Wiederaufbau in der Ukraine zu finanzieren. „Beim Vermögen des russischen Staates spricht mein Gerechtigkeitsgefühl dafür“, sagte Lindner dem „Spiegel“. Skeptischer ist er betreffend des Vorschlages, der Ukraine auch mit konfisziertem Besitz von Oligarchen zu helfen.

„Bei privaten Vermögenswerten würde es sich um eine Enteignung handeln. Da sind die Hürden in unserem Rechtsstaat hoch.“ Angesichts sprudelnder Steuereinnahmen kündigte Lindner im „Spiegel“ weitreichende Steuerentlastungen an, um Inflationsgewinne wieder an die Bürger zurückzugeben.

„Fair wäre, wenn es für das kommende Jahr höhere Regelsätze bei der Grundsicherung gibt, einen höheren Grundfreibetrag und einen neuen Tarif der Einkommensteuer.“ Im Herbst werde er dazu Vorschläge vorstellen, hatte Lindner bereits am Donnerstag bei der Vorstellung der Steuerschätzung gesagt. „Der Staat darf sich an der kalten Progression nicht bereichern. Das wären Steuererhöhungen durch Unterlassung, die auch dem Koalitionsvertrag der Ampel widersprechen.“ Lindner ließ Zweifel erkennen, dass das Zwei-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben schon dieses Jahr erreicht wird. „Jedenfalls werden wir von 2022 an jährlich zwei Prozent unserer Wirtschaftsleistung zur Verfügung stellen“, sagte er dem „Spiegel“.

Inwieweit das Geld jedes Jahr in Anspruch genommen wird, hänge davon ab, was geliefert werden könne. „Flugzeuge, Hubschrauber und Korvetten werden nicht ad hoc lieferbar sein.“


Scholz hat wieder mit Putin telefoniert   

20:57 Uhr > Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Freitag wieder mit Russlands Präsident Wladimir Putin telefoniert. Es sei sein „langes“ Gespräch gewesen, teilte der Kanzler am Mittag mit. Dabei habe er Putin darauf hingewiesen, dass es „schnellstmöglich einen Waffenstillstand in der Ukraine geben“ müsse.

Außerdem habe er dem russischen Präsidenten mitgeteilt, „die Behauptung, dass dort Nazis herrschen, ist falsch“. Und schließlich habe er ihn „auf die Verantwortung Russlands für die globale Lebensmittellage hingewiesen“, so Scholz. Zuvor hatte bereits der Kreml mitgeteilt, dass es ein Gespräch gegeben habe.

Dabei soll Putin gesagt haben, dass die Ukraine einen Fortschritt in den Verhandlungen über den Konflikt blockiere. Das Gespräch habe auf Initiative der deutschen Seite stattgefunden, teilte der Kreml weiter mit.



EU will Ukraine mit weiteren 500 Millionen Euro unterstützen  

12:02 Uhr > Die EU will die Ukraine für ihre militärische Verteidigung gegen Russland mit weiteren 500 Millionen Euro unterstützen. Das sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Freitagmorgen beim G7-Außenministertreffen in Schleswig-Holstein. Die Unterstützung steige damit insgesamt auf zwei Milliarden Euro.

Mit dem zusätzlichen Geld könne man aber „nicht viele Kampfjets kaufen“, räumte Borrell ein. Es werde der Ukraine aber helfen, schwere Waffen wie Panzer oder Artillerie zu besorgen. „Dinge, die man für diese Art von Krieg braucht“, so der EU-Außenbeauftragte.

Der Krieg zwischen der Ukraine und Russland dauert nun schon bald drei Monate. Die Angaben über die Todesopfer schwanken sehr weit, von mindestens etwa 4.000 bis zu 50.000, der Westen geht von insgesamt 10.000 bis 20.000 Toten aus.



Geben die russischen Streitkräfte die Izyum-Achse auf?

11:45 Uhr > Ist der Vormarsch der russischen Truppen über die Izyum-Achse schon gescheitert? Es gibt Punkte, die das vermuten lassen. Zum einen gibt es die Erfolge der ukrainischen Gegenoffensive im Raum Charkiv und zum anderen russische Erfolge in anderen hart umkämpften Gebieten und Regionen. Damit könnte es möglich sein, dass die Russen ihr Ziel aufgegeben haben die ukrainischen Truppen weiträumig entlang der Linie Izyum, Slowjansk und Debalzew einzukesseln. Stattdessen könnten sie die Städte Sewerodonezk und Lyssytschansk enger umzingeln. Seit dem 12. Mai kontrollieren die russischen Streitkräfte fast vollständig Rubischne und die Militärexperten des Institute For The Study Of War (ISW) gehen davon aus, dass sie auch die Stadt Woevodiwka nördlich von Sewerdonezk eingenommen haben. Damit wird eine Bodenoffensive auf Sewerdonezk in den kommenden Tagen wahrscheinlicher. Diese Erfolge der russischen Streitkräfte in dieser Region und das offensichtliche Scheitern des Vormarsches über Izyum stützen die Vermutung der Aufgabe der Izyum-Achse. „Berichte, wonach die russischen Streitkräfte in Popasna nach Norden in Richtung Sewerodonezk-Lysytschansk und nicht nach Osten in Richtung der Autobahn Slowjansk-Debalzew vorrücken, unterstützen diese Hypothese“, so die ISW-Experten.

Ob die Russen allerdings Sewerodonezk und Lyssytschansk einnehmen können bleibt unklar, denn bisher stockten oder scheiterten die russischen Offensiven immer dann, wenn sie auf bebautes Gebiet trafen. Auch zeigen die wiederholten Berichte über eine schlechte Kampfmoral der russischen Truppen, eine eher geringe Kampfkraft der Einheiten. Wenn die Russen ihre Angriffe rund um Izyum aufgeben, könnten die ukrainischen Streitkräfte die Verteidiung von Sewerodonezk und Lyssytschansk stützen, so die ISW-Experten oder sogar eine Umzingelung durchbrechen.

Die ukrainische Gegenoffensive rund um Charkiw führt derzeit aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem Ablenken der Bombardements der Russen auf die Stadt auf die ukrainischen Truppen. Die Russen haben rund um Charkiw Gelände verloren. Die ukrainische Gegenoffensive in der Nähe von Charkiw ähnelt allmählich der Gegenoffensive, die die russischen Truppen letztlich aus Kiew und der Westukraine vertrieben hat, obwohl es noch zu früh ist, um zu sagen, ob die Russen hier eine ähnliche Entscheidung treffen werden.

Die russischen Streitkräfte verstärken ihre Position auf der Schlangeninsel in dem Bemühen, die ukrainische Seekommunikation und die ukrainischen Fähigkeiten im nordwestlichen Schwarzen Meer auf dem Weg nach Odesa zu blockieren. Der ukrainische Generalstab stellte fest, dass die russischen Streitkräfte ihr Luftabwehrsystem im Westen der Krim ausgebaut haben, wahrscheinlich um Luftschutz für die Marineaktivitäten im nordwestlichen Schwarzen Meer zu gewährleisten.

Die russischen Streitkräfte setzten am 12. Mai ihre Luft- und Artillerieangriffe auf ukrainische Stellungen im Stahlwerk Azovstal fort. Allerdings konzentrieren sie sich derzeit darauf die ukrainischen Kämpfer einzuschließen und führten keine Bodenaktivitäten in dem Industriekomplex durch. In der Stadt selbst etablierten die russischen Besatzer Kontrollpunkte. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass die Besatzungsbehörden eventuell am 15. Mai ein Referendum über den Anschluss Mariupols an Russland abhalten. Kinder in Mariupol und der Region schreiben auf ihre Schulhefte mittlerweile: „Mariupol, Region Rostow, Russland“.


Ukraine will auch die Krim zurückerobern

11:13 Uhr > Die Ukraine will weiterkämpfen, bis auch die seit 2014 von Russland besetzte Krim zurückerobert ist. „Was auch immer nötig ist und ganz gleich, wie lange es dauert, die Ukraine wird militärisch und auch diplomatisch dafür kämpfen, dass unser Land vollständig wiederhergestellt wird in seiner gesamten territorialen Integrität, natürlich einschließlich des Donbass und der Krim“, sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba am Donnerstag der ZDF-Sendung „Heute-Journal“.

Die Beziehungen zu Deutschland seien der Ukraine wichtig, auch zu Bundeskanzler Olaf Scholz: „Wir haben eine Einladung ausgesprochen, er ist jederzeit willkommen, zu jedem Datum, das ihm passt und wir schätzen unsere Beziehungen.“

Er widerspricht Scholz allerdings in der Frage, inwieweit ein Atomkrieg drohe: „Ich sehe tatsächlich nicht die Möglichkeit, dass hier ein nuklearer Krieg als Möglichkeit auf dem Tisch läge. Denn das wäre der letzte Krieg und zwar auch für Russland“. Er sei in Deutschland, erläutert Kuleba, um die weitere Strategie zu diskutieren und damit sei er durchaus zufrieden.


Weiter erbitterte Kämpfe in der Ost-Ukraine

Die Kämpfe zwischen Russland und der Ukraine gehen erbittert weiter. Trotz der Konzentration der russischen Streitkräfte im Osten der Ukraine konnte Russland „keine nennenswerten Fortschritte erzielen“, heißt es in einer am Freitagmorgen veröffentlichten Analyse des britischen Militärgeheimdienstes. Russland unternehme „erhebliche Anstrengungen“ in der Nähe von Isjum und Sjewjerodonezk, um einen Durchbruch in Richtung Slowjansk und Kramatorsk zu erreichen – alles Städte in der Ost-Ukraine.

Das Hauptziel auf dieser Achse bestehe darin, die ukrainischen Streitkräfte in das Operationsgebiet einzuschließen und sie von der Unterstützung oder Verstärkung durch Einheiten im Westen des Landes zu isolieren. Ukrainische Streitkräfte verhinderten laut des Lagebrichtes erfolgreich eine versuchte russische Flussüberquerung im Donbass. Bilder zeigen, dass Russland während der Überquerung des Flusses Siwerskyj Donez westlich der Großstadt Sjewjerodonezk bedeutende gepanzerte Manöverelemente von mindestens einer taktischen Gruppe des Bataillons, sowie die eingesetzte Überbrückungsausrüstung verloren habe.

„Die Durchführung von Flussüberquerungen in einem umkämpften Umfeld ist ein äußerst riskantes Manöver und spricht für den Druck, unter dem die russischen Kommandanten stehen, um bei ihren Operationen in der Ostukraine Fortschritte zu erzielen“, heißt es vom britischen Militärgeheimdienst. Der gilt als besonders gut informiert und veröffentlicht seit Kriegsbeginn regelmäßig Lageberichte.


Entscheidung über Marder-Lieferung hängt im Kanzleramt fest

Die finale Entscheidung über eine Lieferung von Marder-Schützenpanzern an die Ukraine hängt im Kanzleramt fest. Und das, obwohl die grün geführten Ministerien Auswärtiges und Wirtschaft, die auch im Bundessicherheitsrat sitzen, intern bereits vor Wochen signalisiert haben, dass sie nicht im Weg stehen würden, berichtet „Bild“. Dabei könnte der Rüstungskonzern Rheinmetall die ersten kampffähigen Modelle bereits innerhalb der nächsten zwei Wochen liefern.

Anders als die in Ramstein zugesagten Gepard-Panzer, gibt es für die Marder auch ausreichend Munition, berichtet „Bild“ weiter. CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte vermutet ein innenpolitisches Motiv hinter der Zögerlichkeit: „Es verfestigt sich immer mehr der Eindruck, dass die Gepard-Zusage ein Rohrkrepierer ist, da es keine vernünftige Munitionsausstattung gibt. Sie hilft der Ukraine im Krieg nicht, sondern soll den Frieden in der SPD erhalten.“

Weiter: „Dass die Entscheidung über die (von der Industrie angebotenen) Schützenpanzer Marder vom Kanzler offensichtlich verschleppt wird“, nennt er „unverständlich“. CSU-Politiker Florian Hahn kritisiert: „Es gibt weiterhin eine große Diskrepanz zwischen dem, was die Bundesregierung verkündet und dem, was tatsächlich passiert.“


Arbeitsminister: Viele Ukraine-Flüchtlinge werden lange bleiben

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) geht von einem längeren Aufenthalt der aus der Ukraine geflüchteten Menschen in Deutschland aus. „Wir müssen uns auf lange Bleibe-Zeiträume über mehrere Jahre einstellen. Und viele Menschen aus der Ukraine wollen dauerhaft bei uns bleiben“, sagte Heil der „Rheinischen Post“ (Freitag).

„Daher braucht es auch eine echte Integration und keine Zwischenlösungen, bei denen die Menschen nur als Hilfskräfte ausgebeutet werden“, sagte der Arbeitsminister. „Deshalb haben wir dafür gesorgt, dass ab dem 1. Juni die Schutzsuchenden aus der Ukraine zukünftig alle Leistungen aus einer Hand in den Jobcentern erhalten und etwa schnellen Zugang zu Sprachkursen bekommen. Wichtig ist es auch, schnell bei der Kinderbetreuung voranzukommen, es kommen ja überwiegend Frauen mit Kindern.

Auch bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen müssen wir noch besser werden, damit die Menschen eine Bleibeperspektive haben“, sagte Heil. Eine Neiddebatte zeichne sich nicht ab. „Man darf bedürftige Einheimische nicht gegen Geflüchtete ausspielen. Mit der Betreuung durch die Jobcenter aus einer Hand packen wir das an. Das ist eine große Herausforderung, aber unser Sozialstaat wird das wuppen“, sagte Heil. „Die Großherzigkeit, die wir jetzt erleben, muss langfristig halten.“

Auch für Menschen aus Russland, die vor der Herrschaft Putins fliehen, werde Deutschland aufnahmebereit sein. „Viele deutsche Unternehmen haben ihr Russlandgeschäft eingestellt und uns berichtet, dass viele russische Fachkräfte ausreisen wollen, weil sie nicht unter Putins Regime leben wollen. Diesen russischen Fachkräften eröffnen wir die Möglichkeit, in einem freien Land zu leben und zu arbeiten“, sagte Heil.


Wolfgang Ischinger gegen deutsche Atombombe

Sicherheitsexperte Wolfgang Ischinger hält angesichts des anhaltenden Kriegs in der Ukraine nichts davon, dass Deutschland eine Nuklearmacht wird. „Ich halte diese Diskussion, die hier und da jetzt vom Zaun gebrochen wird, für unheilvoll und kontraproduktiv.“ Allerdings ist der Diplomat der Meinung, „dass wir angesichts der Lage leider weiterhin eine glaubwürdige nukleare Abschreckung brauchen“.

Eine deutsche Atombombe hält Ischinger aber nicht für den richtigen Ansatz: „Ich glaube, die deutsche Bombe ist das Falscheste, was uns dazu einfallen könnte. Wir würden uns die ganze Welt zum Feind machen.“ Er sieht aber zwei Möglichkeiten, wie der Ukraine-Krieg beendet werden kann.

„Die erste Möglichkeit wäre angesichts der Totalkontrolle, welche die russische Führung über die Medien hat, dass Putin erklärt: Wir haben gewonnen. Vielen Dank und jetzt können wir zum nächsten Thema schreiten.“ Für wahrscheinlicher hält er aber die Möglichkeit, dass der Krieg noch andauern wird.

Erst später würden beide Seiten zu dem Ergebnis kommen, „dass sie jeweils ihre territoriale Lage durch weitere militärische Aktivitäten nicht mehr verbessern können und die Stunde der Diplomatie anbricht“. Laut Ischinger würden die Ukraine und auch Russland dann bereit sein, sich an einen Verhandlungstisch zu setzen. Sorgen macht sich der 76-Jährige wegen des Ukraine-Kriegs auch um die Jüngeren: „Ich wünsche mir, dass die junge Generation einen Weg findet, ihre Hoffnungen, ihren Optimismus und ihre Tatkraft nicht zu verlieren, sondern die eigene Zukunft positiv zu gestalten.“


Schätzung: Ukraine-Krieg und Sanktionen kosten 1,99 Billionen Euro

Der Ukraine-Krieg und die Sanktionen gegen Russland kosten in vier Jahren schätzungsweise 1,99 Billionen Euro. Dies ergebe sich, wenn man zu den unmittelbaren Kriegskosten und den Zerstörungen in der Ukraine die Kosten für die Aufrüstung und die Kosten die Sanktionen gegen Russland addiere, sagte Alexander Dill vom Basel Institute of Commons and Economics. Die russischen Kosten für den eigentlichen Militäreinsatz machen dabei mit schätzungsweise 20 Milliarden Euro in 2022 und je 10 Milliarden Euro in den Folgejahren die geringsten Kosten aus, werden doch alle Soldaten und Waffen in Rubel bezahlt – angesichts des aktuellen Wechselkurses also regelrecht zum Schnäppchenpreis.

Für die EU könnte dagegen innerhalb vier Jahren mit 1,58 Billionen Euro der Löwenanteil anfallen. Die Mehrkosten für Energie mit 40 Milliarden Euro in 2022 und 120 Milliarden Euro für jedes der drei folgenden Jahre ist dabei der wichtigste Einzelposten, so die Schätzung des Instituts, das auch für den „World Social Capital Monitor“ der Vereinten Nationen zuständig ist. Die Zerstörung in der Ukraine und der anschließende Wiederaufbau wird dabei mit 300 Milliarden Euro in 2022 und 100 Milliarden Euro für jedes der Folgejahre kalkuliert.

Dill macht keinen Hehl daraus, dass EU und NATO seiner Ansicht nach die von ihm so genannten „Autonomiegebiete“ in der Ost-Ukraine mit der Forderung nach Wahlen unter OSZE-Aufsicht hätten anerkennen sollen. Auch die Waffenlieferungen an die Ukraine sowie die neuen Aufrüstungen in den europäischen Staaten erhöhten die Transaktionskosten des Ukraine-Krieges über Jahre hinweg – „ohne Aussicht auf einen politischen oder wirtschaftlichen Vorteil für die EU“, sagte der Soziologe.