Das undatierte Pressefoto von Armyinform, der Informationsagentur des ukrainischen Verteidigungsministeriums zeigt das Asowstahlwerk in Mariupol von oben.

Köln | LIVEBERICHT wird ständig aktualisiert | red, dts | Russland gibt eine Zahl der ukrainischen Kämpfer an, die sich im Asowstahlwerk ergaben: 959. Schweden und Finnland reichen Anträge auf NATO-Mitgliedschaft ein. Der Livebericht zu den Ereignissen rund um den Krieg in der Ukraine, die Situation der Flüchtlinge sowie politische Reaktionen weltweit.

Russland: 959 ukrainische Soldaten haben sich in Mariupol ergeben

12:10 Uhr > Nach russischen Angaben haben sich seit Montag angeblich fast 1.000 ukrainische Kämpfer aus dem belagerten Asow-Stahlwerk in Mariupol ergeben. Alleine in den vergangenen 24 Stunden seien es 694 gewesen, darunter 29 Verwundete, teilte das russische Verteidigungsministerium am Mittwoch mit. Insgesamt sollen sich laut Russland seit Montag 959 ukrainische Soldaten ergeben haben, darunter 80 Verwundete.

Diese hatten sich zuvor mehrere Wochen auf dem Werksgelände in Mariupol verschanzt. Die humanitäre Lage in der Hafenstadt hatte sich seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine immer weiter zugespitzt. Im Verlauf der Belagerung hatte sich das von ukrainischen Soldaten in der Stadt gehaltene Gebiet auf das Stahlwerk reduziert.

Zuletzt hatte es aus der Ukraine aber geheißen, dass das gesamte Gelände evakuiert werden soll.


Schweden und Finnland reichen Anträge auf NATO-Mitgliedschaft ein

Schweden und Finnland haben offiziell eine Mitgliedschaft in der NATO beantragt. Botschafter beider Länder überreichten NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwochmorgen in Brüssel die entsprechenden Dokumente. Nach dem Willen der meisten NATO-Mitglieder soll eine Aufnahme der skandinavischen Staaten in das Verteidigungsbündnis möglichst schnell erfolgen.

So hatte zum Beispiel die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Wochenende vor einer Hängepartie gewarnt. Ein NATO-Beitritt ist grundsätzlich nur auf Einladung möglich, außerdem müssen alle bisherigen Mitgliedsstaaten einstimmig zustimmen. Die Türkei hatte sich zuletzt noch zurückhaltend geäußert.


EU-Kommission will Rüstungskooperation stärken

Die EU-Kommission will zusätzliche Anreize für gemeinsame Rüstungsinvestitionen schaffen und schlägt dafür einen „Solidaritätsmechanismus“ vor. Das berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Demnach soll es Staaten, die der Ukraine „am meisten dabei helfen, die russische Aggression einzudämmen“, damit ermöglicht werden, „ihre eigenen Vorräte wieder aufzufüllen“.

Dies könnte die Form einer „einmaligen solidarischen Erstattung“ annehmen, vorausgesetzt, dass eine „Mindestzahl von Mitgliedstaaten“ bei der Beschaffung zusammenarbeitet und in europäische Güter investiert. Die FAZ beruft sich auf eine Analyse zu Lücken bei Verteidigungsinvestitionen, die der Europäische Rat im März bei der Kommission bestellt hatte. Das Papier soll am Mittwoch beschlossen werden und dann als Grundlage für Beratungen der Regierungschefs Ende des Monats dienen.

Die Kommission macht keine näheren Angaben dazu, wie der „Solidaritätsmechanismus“ zu finanzieren sei. Grundsätzlich stehen den Mitgliedstaaten schon jetzt 1,5 Milliarden Euro aus der sogenannten Friedensfazilität zur Verfügung, um Waffenlieferungen an die Ukraine zu refinanzieren. Dieses Geld wurde intern verplant, aber noch nicht erstattet.

In Kürze soll die Summe um weitere 500 Millionen Euro erhöht werden. Insgesamt könnten aus dem Sonderfonds bis zu fünf Milliarden Euro für solche Zwecke verwendet werden. Es handelt sich dabei um einen Topf jenseits des regulären Haushalts, weil Rüstungsgüter nicht aus dem regulären Budget beschafft werden dürfen.

Der mit acht Milliarden Euro ausgestattete EU-Verteidigungsfonds darf lediglich die Forschung und Entwicklung von Rüstungsprojekten kofinanzieren. Die Kommission schlägt deshalb zwei weitere Maßnahmen zur Stärkung der Rüstungskooperation vor, neben dem „Solidaritätsmechanismus“. So könne der Fonds durch einen Nachtragshaushalt aufgestockt werden, um zusätzliche Anreize für europäische Entwicklungen zu schaffen.

Darüber wäre im Rahmen einer „breiteren Diskussion über die Konsequenzen des russischen Angriffs auf die Ukraine“ zu befinden. Zudem wird vorgeschlagen, für weitergehende Kosten, etwa für den Test von Prototypen, ein „Vehikel“ jenseits des regulären Budgets einzurichten. Die Mitgliedstaaten könnten es entweder nach einem festen Schlüssel oder projektabhängig befüllen.

Die Vorschläge der Kommission erfolgen vor dem Hintergrund einerseits steigender Verteidigungsausgaben der Staaten, andererseits aber abnehmender Kooperation im Rüstungsbereich. „Wir müssen mehr und besser gemeinsam Geld ausgeben“, heißt es in der Analyse. Sie identifiziert gravierende Fähigkeitsdefizite bei der Verteidigung.

So mangele es an Abwehrsystemen, an Kampf- und Aufklärungsdrohnen, an modernen Panzern und Schützenpanzern, an Fregatten, U-Booten und unbemannten Marine-Systemen. Außerdem müssten die Staaten dringend ihre Munitionsvorräte auffüllen, ihre Cyberabwehr verbessern und eine satellitengestützte Kommunikation aufbauen. Diese Lücken bestehen unabhängig von Waffen, die nun an die Ukraine geliefert werden.

Die Kommission befürchtet, dass der hohe Druck zur Wiederbeschaffung solcher Systeme dazu führt, dass die Staaten sich nicht absprechen und vor allem Material außerhalb Europas kaufen.


EU-Wirtschaftskommissar fürchtet langdauernden Ukraine-Wiederaufbau

EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni hat vor übertriebenen Hoffnungen auf einen schnellen Wiederaufbau der zerstörten Gebiete in der Ukraine gewarnt. „Der Wiederaufbau der Ukraine wird die Aufgabe einer Generation werden“, sagte Gentiloni der „Welt“. „Wir haben zusammen mit der Regierung in Kiew eine erste Schätzung gemacht, wie umfangreich der Wiederaufbau werden könnte und wie teuer. Aber wir brechen nichts übers Knie. Es wird eine Weile dauern, bis klar ist, um welche Summen es geht, aber es ist ein wichtiges Signal, dass wir mit diesen Überlegungen bereits beginnen.“ Wichtig sei die Koordination mit dem Antrag der Ukraine auf EU-Mitgliedschaft, sagte der italienische Politiker.

Die Union habe beim Wiederaufbau eine zentrale Rolle. „Der Wiederaufbau der Ukraine wird parallel zum EU-Beitritt laufen“, sagte Gentiloni. „Der Wiederaufbau muss gut zwischen den EU-Mitgliedstaaten abgestimmt sein. Die Europäische Kommission und die ukrainische Regierung müssen die Bemühungen der EU-Länder deshalb gemeinsam steuern.“ Für Beitrittskandidaten sind im EU-Haushalt Gelder reserviert, die unter Umständen für den Wiederaufbau genutzt werden können. Am Mittwoch will die Europäische Kommission erste Vorschläge für den Wiederaufbau der zerstörten Gebiete in der Ukraine vorlegen.

Darin wird es auch um die Finanzierung des Aufbaus gehen. Im Gespräch sind dabei auch neue gemeinsame EU-Schulden wie beim Wiederaufbaufonds NextGenerationEU. „Wir haben ein Konzept für den Wiederaufbau der Ukraine entworfen. Wir werden den Mitgliedstaaten eine rechtliche Konstruktion für den Wiederaufbau vorstellen und Vorschläge dazu machen, wie Prioritäten gesetzt und wie die Arbeiten koordiniert werden sollten“, sage Gentiloni.

„Die EU könnte für den Wiederaufbau der Ukraine neue gemeinsame Schulden machen. Das ist eine Option, für die sich die Staats- und Regierungschefs entscheiden können. Aber die Kommission wird das nicht dezidiert vorschlagen. Wir werden eine Reihe von Möglichkeiten darstellen, wie der Wiederaufbau der Ukraine finanziert werden kann, aber wir werden keine dieser Optionen verbindlich empfehlen.“


Merz wirft Scholz Verzögerungsstrategien bei Waffenlieferungen vor

Der CDU-Vorsitzende und Unions-Fraktionschef Friedrich Merz kritisiert mit Blick auf die Lieferung von Waffen an die Ukraine, Bundeskanzler Scholz (SPD) handle nicht, wie man es im Bundestag gemeinsam beschlossen habe. „Es gibt ganz offensichtlich in der Bundesregierung Verzögerungsstrategien, zumindest eine Verzögerungstaktik“, sagte Merz in der Sendung „RTL Direkt“.

Unternehmen beschwerten sich öffentlich, weil keine Ausfuhrgenehmigungen für Panzer erteilt würden.
„Hier wird nicht mit offenen Karten gespielt“, so Merz weiter. „Es kann Gründe geben, nicht alles zu sagen, aber dann soll der Bundeskanzler das auch zum Ausdruck bringen. Dieses Herumschwurbeln um die Themen ist der Sache nicht angemessen.“

Scholz hatte gestern Abend vor einer möglichen Eskalation des Krieges gewarnt. Darauf angesprochen sagte Merz heute: „Der Bundeskanzler hat sich eine Rhetorik angewöhnt, die nicht übereinstimmt mit dem, was er vorgibt, mit uns gemeinsam zu tun.“ Der Entschließungsantrag sehe eine Lieferung schwerer Waffen vor, um der Ukraine zu helfen.

„Davon spricht der Kanzler weniger als davon dass er ständig diese Eskalationsgefahr beschreibt. Die Eskalation droht, wenn wir der Ukraine nicht helfen, Putin wird weitermachen wenn wir ihn nicht stoppen.“ Deshalb wünsche er sich von Scholz „etwas mehr Konsistenz und Stringenz in seiner Argumentation“.