Die ukrainische Regierung teilte mit, dass in Charkiw rund 500 mehrgeschossige Gebäude so durch den Krieg in Mitleidenschaft gezogen wurden, dass sie nicht saniert, sondern abgerissen werden müssen. Menschen, die in den Gebäuden noch leben, sollen vorübergehend anders untergebracht werden. | Foto: Armyinform/Ukrainisches Verteidigungsministerium/CCA

Köln | LIVEBERICHT wird ständig aktualisiert | red, dts | Nach ukrainischen Angaben finden vor allem in der Oblast Donezk derzeit die intensivsten Kampfhandlungen statt. Zudem sollen die russischen Streitkräfte sich auf offensive Operationen im Bereich Izyum vorbereiten. Der Livebericht zu den Ereignissen rund um den Krieg in der Ukraine, die Situation der Flüchtlinge sowie politische Reaktionen weltweit.

EU-Beitritt der Ukraine soll im Juni nächste Hürde nehmen   

22:47 Uhr > Die Ukraine könnte auf ihrem angestrebten Weg in die Europäische Union schon in wenigen Wochen die nächste Hürde nehmen. Die Prüfung des Kandidatenstatus` werde „mehr oder minder Mitte Juni“ abgeschlossen sein, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag dem „Heute-Journal“ im ZDF. „Dieser Prozess guckt danach, wie ist die Qualität des Fortschritts. Es liegt am Land selber, und diese Chance wollen wir der Ukraine geben, wirklich nach vorne zu kommen.“

Auch müsse viel Geld in den Wiederaufbau des Landes investiert werden. „Wir wollen nicht nur Investitionen, sondern wir wollen das auch koppeln mit Reformen, die für dieses Land auch notwendig sind. Das ebnet übrigens dann auch den Weg der Ukraine in die Europäische Union.“

Der Kandidatenstatus sei allerdings kein „Freifahrtschein“, sagte die EU-Kommissionspräsidentin. Für die Ukraine gebe auch „keine Abkürzungen, sondern es geht darum im Beitrittsprozess, dass man bestimmte Standards erfüllt, die wir alle erfüllen müssen in der Europäischen Union, also wirtschaftlich, politisch, rechtsstaatlich zum Beispiel“. Zum geplanten Öl-Embargo sagte von der Leyen: „Wir arbeiten hart daran, dass wir dieses Ölembargo durchsetzen können. Wir haben ein, zwei Mitgliedstaaten, die echte technische Probleme haben, nämlich keinen Zugang zur Küste – deshalb also kein Öl über den Seeweg bekommen können.“ Man müsse sich darum kümmern, wie man Pipelines ersetzen, Ölraffinerien aufrüsten oder umrüsten, und wie man mehr in erneuerbare Energien investieren könne, so von der Leyen.


Schröder will nicht mehr Aufsichtsrat bei Gazprom werden   

22:46 Uhr > Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) will nicht mehr Aufsichtsrat bei Gazprom werden. Er habe bereits vor längerer Zeit auf diesen Posten verzichtet und das dem Unternehmen auch mitgeteilt, schrieb Schröder am Dienstagabend auf dem Online-Portal „Linkedin“. „Insofern wundere ich mich über heute neu erschienene anderslautende Berichte“, hieß es in dem Text.

Zuvor hatten eine Nachrichtenagentur und zahlreiche Medien gemeldet, dass Schröder für den Aufsichtsrat von Gazprom nominiert sei. Das war aber bereits seit Februar bekannt. Bereits am Donnerstag hatte der Energiekonzern Rosneft, so wie Gazprom ebenfalls mehrheitlich in russischem Staatsbesitz, mitgeteilt, dass Schröder seinen Posten dort aufgibt.

Einen Tag zuvor hatte das Europaparlament darauf gedrängt, Schröder auf die Sanktionsliste gegen russische Oligarchen zu nehmen, wenn er trotz des Ukraine-Kriegs an seinen Posten in russischen Unternehmen festhalte. Deswegen läuft seit April auch ein Parteiausschlussverfahren gegen den Altkanzler, nachdem rund ein Dutzend Anträge darauf von verschiedenen Gliederungen der SPD gestellt worden waren.


G7-Staaten prüfen Freikauf von Sanktionen für russische Oligarchen   

22:44 Uhr > Die G7-Staaten prüfen offenbar, ob sie russischen Oligarchen die Möglichkeit geben, sich von westlichen Sanktionen freizukaufen. Das dadurch eingenommene Geld könnte zum Wiederaufbau der Ukraine genutzt werden, berichtet das „Handelsblatt“ (Mittwochsausgabe) unter Berufung auf westliche Regierungskreise. Demnach soll die kanadische Finanzministerin Chrystia Freeland diese Möglichkeit beim G7-Finanzministertreffen am vergangenen Freitag erstmals ins Gespräch gebracht haben.

Zuvor seien mehrere Oligarchen mit diesem Vorschlag auf sie zugekommen. Die Idee werde nun wohlwollend geprüft, heißt es aus G7-Kreisen. Für die sieben größten westlichen Industriestaaten habe eine solche Abmachung Vorteile: So könne Kiew Geld bekommen, ohne dass der Westen eine Debatte um mögliche Enteignungen russischer Vermögen führen müsse.

Zugleich sei es für den russischen Präsidenten Wladimir Putin schmerzhaft, wenn die Ukraine mit Geld russischer Oligarchen wiederaufgebaut würde. Die Gespräche zwischen den Regierungen dazu hätten allerdings gerade erst begonnen, schreibt die Zeitung weiter. Entscheidende Fragen seien noch ungeklärt, etwa wie hoch die Gebühr zur Streichung von der Sanktionsliste sein soll.

Auch müssten rechtliche, aber auch moralische Risiken eines solchen Vorgehens genauestens geprüft werden, hieß es. Die westlichen Alliierten suchen seit Wochen nach Möglichkeiten, russisches Geld für den Wiederaufbau der Ukraine zu nutzen. Die polnische Regierung hatte vorgeschlagen, eingefrorenes Vermögen russischer Oligarchen einzuziehen und damit die Schäden zu bezahlen, die russische Raketen angerichtet haben.

Auch die USA denken in diese Richtung. Allerdings gibt es schwere rechtsstaatliche Bedenken gegen eine entschädigungslose Enteignung, gerade in Deutschland. Ein freiwilliger Deal mit den Oligarchen könnte ein Ausweg aus diesem rechtlichen Dilemma sein.


Polen wirft Bundesregierung Wortbruch beim Panzer-Ringtausch vor   

14:20 Uhr > Der polnische Präsident Andrzej Duda hat der Bundesregierung Wortbruch beim verabredeten Ringtausch von Panzern vorgeworfen. Die Regierung in Berlin habe Polen Leopard-Panzer versprochen, um die an die Ukraine gelieferten polnischen Bestandspanzer zu ersetzen, dieses Versprechen aber nicht erfüllt, sagte Duda dem Fernsehsender „Welt“. Man sei „sehr enttäuscht“ darüber.

„Wir haben der Ukraine eine große Anzahl an Panzern zur Verfügung gestellt.“ Die Notwendigkeit dazu sei „wirklich dringlich“ gewesen. „Deshalb haben wir der Ukraine die Panzer überlassen.“

Indem man das getan habe, habe man aber das eigene militärische Potenzial geschwächt. „Wir haben unsere eigenen militärischen Vorräte aufgebraucht“, so Duda. „Darum hatten wir so sehr auf Unterstützung gehofft – Unterstützung durch die NATO insgesamt, Unterstützung der Vereinigten Staaten – aber auch auf Unterstützung von Deutschland.“

Ein großer Teil des Panzerarsenals in den polnischen Streitkräften bestehe aus deutschen Panzern von Typ Leopard. „Wenn wir also von Deutschland unterstützt worden wären, wenn wir Ersatz bekommen hätten in Form eines Ringtauschs, dann wären wir sehr froh gewesen.“ Überhaupt tue die Bundesregierung zu wenig, um der Ukraine zu helfen, so Duda: „Die Ukraine braucht diese Hilfe wirklich sehr dringend.“ Auch wegen des mangelnden Engagements sei Polen mit Panzerlieferungen eingesprungen.


Russland verstärkt Donbass-Offensive   

14:15 Uhr > Russland hat die Intensität seiner Operationen im Donbass offenbar erhöht. Aktuell versuchten russische Truppen, die Städte Sjewjerodonezk, Lyssytschansk und Rubischne einzukreisen, heißt es im Lagebericht des britischen Militärgeheimdienstes vom Dienstag. Gegenwärtig seien die nördliche und die südliche Achse dieser Operation durch etwa 25 Kilometer von ukrainischem Territorium getrennt.

Vonseiten der Ukraine gebe es starken Widerstand, wobei die Truppen über gute Verteidigungspositionen verfügten. Die Kontrolle über diese Front liege weiter bei den Verteidigern. Russland habe jedoch einige lokale Erfolge erzielt, was zum Teil auf die Konzentration von Artillerieeinheiten zurückzuführen sei, so die Briten weiter.

Die Eroberung von Sjewjerodonezk durch Russland würde nach Einschätzung des britischen Geheimdienstes dazu führen, dass das gesamte Gebiet Luhansk unter russische Kontrolle geraten würde. Die Briten sehen aber auch weitere Schwierigkeiten auf die russischen Streitkräfte zukommen: Sollte sich die Donbass-Frontlinie weiter nach Westen verschieben, werde dies die Kommunikationswege Russlands erweitern. Dies würde wahrscheinlich zu weiteren „Nachschubschwierigkeiten“ führen, heißt es im Lagebericht.


Scharfmacher in Russland kritisieren Militärstrategie

10:07 Uhr > Die „Allrussische Offiziersversammlung“, wo es im Vorfeld des russischen Angriffskriegs durchaus kritische Stimmen einer Invasion in die Ukraine gab, fordert nun vom russischen Präsidenten Putin, der Ukraine den Krieg zu erklären und eine Teilmobilisierung einzuleiten. Die „Allrussische Offiziersversammlung“ ist eine pro-russische Veteranenvereinigung. Die Versammlung wertet, dass Russland seine Ziele der „speziellen Militäroperation“ nicht erreicht habe und macht dies an der gescheiterten Überquerung des Flusses Siverskij Donez fest. Am 11. Mai war ein gesamtes russisches Batallion vernichtet worden. Die Versammlung appellierte an den russischen Präsidenten seine Doktrin von der Entnazifizierung der Ukraine zu ändern und stattdessen die Losung auszugeben, dass der Krieg geführt werde, um historische Terretorien Russlands zu sichern und die bestehende Weltordnung wiederherzustellen. Die Offiziere forderten den Kreml auf, alle an NATO-Länder angrenzenden Regionen zu mobilisieren, Territorialverteidigungskommandos zu bilden, die reguläre Militärdienstzeit von einem auf zwei Jahre zu verlängern und neue Oberste Kriegsverwaltungen für Russland, die Volksrepubliken Donezk und Luhansk sowie die neu besetzten ukrainischen Siedlungen zu bilden. Die Offiziere forderten auch die Todesstrafe für Deserteure.

Die Militärexperten des Insitute For The Study Of War (ISW) schätzen Äußerungen wie diese als Indikator dafür ein, dass in der russischen Gesellschaft ein Mindshift eingeleitet werden solle, der die Vorraussetzungen für eine Teilmobilisierung schaffe. Bisher scheint es so, dass der Kreml einen solchen Schritt scheut. Dies könnte innenpolitische Gründe oder technischer Natur sein. Die „Allrussische Offiziersversammlung“ forderte Putin drei Wochen vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine auf, die Unabhängigkeit der DNR und der LNR anzuerkennen, und schuf damit die Voraussetzungen für die russische „militärische Sonderoperation“. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu kündigte zudem Reaktionen auf die NATO-Norderweiterung an.

Der ukrainische Generalstab informiert darüber, dass Russland alle alten T-62-Panzer mobilisiere und neue BTGs bilde. Offen bleibt ob diese neu gebildeten Verbände eine entsprechende Kampfkraft entwickeln können.

Kritik in Russland mehrt sich

Die Kritik in Russland mehrt sich an der Politik des Kreml und der russischen Militärführung. Allerdings nicht aus der Opposition heraus, sondern auch von Pro-Kreml-Unterstützern. So unterstellten russischen Militärblogger, dem Kreml, dass dieser der Aufforderung der „Allrussischen Offiziersversammlung“ nicht nachkommen werde. Dies deutet auf eine negative Wahrnehmung der Kreml-Politik innerhalb der Unterstützer des Ukraine-Krieges hin. Der ukrainische Generalstab streut zudem, dass russische Militärs sich über die Ineffektivität der Offensivoperationen gegen die ukrainischen Streitkräfte beschweren.

Russische Rekrutierungsbüros werden attackiert. Auch das ein Signal. Die Bevölkerung scheint unzufrieden mit der Wehrpflicht in Russland. Ein russischer Telegramm-Kanal berichtete, dass ein unbekannter Angreifer einen Molotow-Cocktail auf das Rekrutierungsbüro in der Region Udmurtien geworfen habe. Das britische Verteidigungsministerium berichtete, dass Russland in den ersten drei Monaten des Einmarsches in der Ukraine ähnlich viele Todesopfer zu beklagen hatte wie die Sowjetunion im Laufe von neun Jahren in Afghanistan. Der Bericht stellte fest, dass die russische Öffentlichkeit auf hohe Opferzahlen empfindlich reagiert, und schätzte ein, dass die Unzufriedenheit der Öffentlichkeit zunehmen wird, je mehr Opfer in der Ukraine zu beklagen sind und je schwieriger es wird, diese zu verbergen.


Kampfhandlungen in der Oblast Donezk am intensivsten

9:02 Uhr > Der Generalstab der Ukraine meldet die intensivsten Kampfhandlungen im Bereich Sjewjerodonezk und Lysychansk in der Oblast Donezk. Die russischen Streitkräfte würden entlang der gesamten Kontaktlinie intensiv ukrainische Truppen und auch der Tiefe des Raumes beschießen. Dies betreffe die Regionen Donezk, Slobozhansky und Pivdennobuzhsky.

In der Region Charkiw, so der ukrainische Generalstab, versuchen die russischen Truppen ihre Positionen zu halten und ihre taktischen Positionen zu verbessern. Zudem gehen die ukrainischen Militärs davon aus, dass die russischen Einheiten etwa wieder rund um Izyum offensive Operationen vorbereiten und aufnehmen. Die russischen Streitkräfte hätten weitere Artillerie im südlichen Bereich von Izyum in Stellung gebracht.


CDU-Sicherheitsexperte fürchtet „Syrifizierung“ des Ukraine-Krieges

Der CDU-Obmann im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, Roderich Kiesewetter, hat vor einer „Syrifizierung“ des Ukraine-Krieges gewarnt. „Wir müssen leider davon ausgehen, dass der Krieg noch lange andauern wird und sich zu einem Stellungs- und Abnutzungskrieg entwickelt“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“. Dabei sei entscheidend, die Ukraine langfristig militärisch, finanziell und zivil zu unterstützen.

„Erforderlich bei der Kriegsziel-Debatte ist es, dass der Sieg der Ukraine auch das Kriegsziel der westlichen Partner sein muss“, so Kiesewetter. Der CDU-Sicherheitspolitiker erneuerte in diesem Zusammenhang seine Zweifel an der Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). „Ich befürchte, dass der Kanzler nicht will, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt“, sagte er der Zeitung.

Der CDU-Abgeordnete begründet seine Einschätzung mit der „zögerlichen und unklaren Haltung des Bundeskanzlers“ in Bezug auf Waffenlieferungen nach Kiew. „Ich habe darauf hingewiesen, dass die Diskrepanz zwischen Ankündigung, Beschlusslage und tatsächlicher Umsetzung groß ist und dies berechtigte offene Fragen aufwirft“, so Kiesewetter. Das Warten auf die Umsetzung der Waffenlieferungen verunsichere sowohl Parlamentarier, die für diese Lieferungen gestimmt hatten, als auch ausländische Partner.

Das oberste Ziel Deutschlands müsse es sein, die „internationale regelbasierte Ordnung zu erhalten“. Dies gehe ausschließlich dann, „wenn Russland durch seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg keine Landgewinne macht“. Der russische Präsident Wladimir Putin verstehe nur die Sprache der Härte, so der CDU-Abgeordnete.