Das Symbolfoto zeigt einen Güterzug der Deutschen Bahn

Köln | LIVEBERICHT wird ständig aktualisiert | red, dts | Großbritanniens Geheimdienst spricht von schweren Verlusten bei russischen Elitetruppen und die Deutsche Bahn will beim Weizentransport helfen. Der Livebericht zu den Ereignissen rund um den Krieg in der Ukraine, die Situation der Flüchtlinge sowie politische Reaktionen weltweit.

Freifahrten-Regelung für Geflüchtete aus der Ukraine endet

17:31 Uhr > Bundesweit konnten Geflüchtete aus der Ukraine bislang ohne Ticket den ÖPNV nutzen. Diese Regelung läuft am 31. Mai 2022 aus. Hintergrund dieser Entscheidung ist, dass die Bundesregierung inzwischen weitreichende Maßnahmen zur Unterstützung der Geflüchteten im Rahmen der Grundsicherung getroffen hat. Hierzu zählen insbesondere finanzielle Hilfen, die auch Leistungen für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) umfassen. Daher ist es angemessen, die Freifahrten-Regelung nun enden zu lassen. Hiermit wird eine Gleichbehandlung aller Personen in der Grundsicherung gewährleistet. Ab dem 1. Juni dieses Jahres steht mit dem von der Bundesregierung beschlossenen 9-Euro-Ticket zur Verfügung.


Ex-Botschafter: Andere russische Führung wäre nicht leichter   

15:50 Uhr > Der frühere deutsche Botschafter in Moskau Rüdiger von Fritsch geht nicht davon aus, dass der russische Krieg in der Ukraine absehbar zu Protesten führen wird, die einen Machtwechsel im Kreml nach sich ziehen könnten. Derartige Hoffnungen halte er trotz zahlreicher Sanktionen gegen das Land für „verfehlt“, sagte von Fritsch der „Welt“ (Freitagausgabe). „In Russland gibt es die alte Frage: Siegt der Kühlschrank oder der Fernseher? Im Moment siegt eindeutig noch der Fernseher. Die Propaganda ist massiver, als die Versorgungslage schlecht wäre.“ Falls es eine Erhebung gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin geben sollte, würde diese noch am ehesten vom Militär ausgehen. „Dort hat man natürlich ein sehr klares Bild der Kriegslage“, sagte von Fritsch.

„Einige Militärs könnten zu dem Schluss kommen, dass der Krieg so deutlich zu Russlands Schaden ist, dass es besser wäre, den Präsidenten auszutauschen.“ Dann würde womöglich auch die Invasion der Ukraine ein Ende finden – was allerdings nicht automatisch ein besseres Verhältnis zum Westen zur Folge hätte: „Wir müssen davon ausgehen, dass es auch mit einer neuen russischen Führung nicht unbedingt leichter werden würde.“ Bezüglich der aktuellen Moskauer Regierung sagte von Fritsch: „Es ist sehr schwer vorstellbar, wie man mit einem von Wladimir Putin regierten Russland zurückkehren kann zu einer gemeinsam gestalteten Ordnung.“

Von Fritsch vertrat Deutschland von 2014 bis 2019 in Moskau. Während dieser Zeit habe er eine tiefe Verbundenheit gegenüber Russland entwickelt, betont der Diplomat immer wieder in seinen öffentlichen Auftritten. Auch der Angriffskrieg gegen das Nachbarland ändere daran nichts – „und das ist auch eine Voraussetzung dafür, eines Tages – und der Tag wird kommen! – eine gute, gemeinsame Zukunft zu gestalten mit einem neuen, anderen Russland“.

Man müsse die russische Führung von dem trennen, was das Land als Ganzes ausmache: „Das Geschehene ändert ja nichts daran, dass in diesem Land viele aufrechte, wunderbare Menschen leben, die die Dinge anders sehen und teils große Opfer bringen.“


Buschmann will Beteiligung Russlands am Wiederaufbau der Ukraine   

11:56 Uhr > Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat sich offen dafür gezeigt, eingefrorene russische Währungsreserven für den Wiederaufbau der Ukraine einzusetzen. „Es wäre ein ungewöhnlicher Schritt, aber der russische Staat verstößt gegen fundamentale Regeln des Völkerrechts“, sagte Buschmann dem „Handelsblatt“ (Freitagsausgabe). Russland nehme auch massive Schäden an Leib und Leben außerhalb der Ukraine in Kauf.

Es sei richtig, „dass die Völkergemeinschaft sich überlegt, ob und wie der Aggressorstaat daran beteiligt werden kann, diese Schäden wenigstens zu reduzieren“. Einen solchen Schritt bei den Vermögen der Oligarchen, wie ihn nun auch die EU-Kommission erwägt, sieht der Minister allerdings kritischer: „Eine solche Einziehung müsste die Vorgaben des Grundgesetzes und des Europäischen Rechts wahren“, so Buschmann. Enteignungen müssten nach dem Grundgesetz, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Europäischen Grundrechtecharta entschädigt werden.

Darum wäre wenig gewonnen, wenn man jemandem ein Schiff wegnähme, aber den Wert ausgleichen müsse. „Die jetzt veröffentlichten Vorschläge der EU-Kommission werden wir uns deshalb genau ansehen“, kündigte der FDP-Politiker an. Die gegen Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) beschlossene Streichung von Privilegien hält Buschmann für richtig und rechtssicher.

Auf die EU-Sanktionsliste gegen Oligarchen gehöre Schröder aber nicht, sagte der Minister. „Auf der Sanktionsliste stehen viele Oligarchen, die maßgebliche Architekten und Strippenzieher im aggressiven Putin-System sind. Ich halte Gerhard Schröders Verhalten für sehr kritikwürdig, aber ihn selbst nicht für ähnlich einflussreich wie diese Leute.“

Buschmann sagte der Zeitung: „Dieser Krieg ist auch eine Auseinandersetzung zwischen Autoritarismus und liberaler Demokratie. Wenn Russland das Recht mit Füßen tritt, dürfen wir bei unserer Reaktion darauf nicht unsere rechtsstaatlichen Maßstäbe absenken.“



Öffentlichkeit in Russland und die militärische Lage

11:40 Uhr > Es gibt in Russland eine Szene von Bloggern, die zu militärischen Themen schreiben und die sich bislang vor allem pro-Russisch entlang der Kreml-Narrative äußerten. In dieser Szene werden die Fortschritte der russischen Aggression in den vergangenen Tagen kontroverser diskutiert. Unter anderem wird dort diskutiert, dass Russland zwangsmobilisierten Soldaten aus den Donezker (DNR) und Luhansker (LNR) Volksrepubliken keine Waffen zur Verfügung gestellt und diese nicht bezahlt zu haben. Kritisiert wird dies vor allem vor dem Hintergrund, dass sich die Ukraine seit mehr als einem Jahr vor der Invasion durch Russland auf den Angriff Russlands vorbereitet habe. Diese Kritik wurde in einem Video eines Bloggers mit rund 360.000 Followern verbreitet. Es gibt Stimmen die allerdings behaupten, dass es sich bei dem Video um ukrainische Fake-News handele und von der Ukraine inszeniert worden sei.

Die Militärexperten des Institute For The Study Of War (ISW) werten diesen Vorfall als eine Verschiebung der Kommunikation in diesem russischen Informationsraum der Militärblogger-Szene, unabhängig davon, ob das Video authentisch ist. Zu Beginn des russischen Angriffskrieges wäre ein solches Video einstimmig von der Szene abgelehnt und als falsch deklariert worden, heute entwickelt sich eine Diskussion als Resonanz auf kremlfeindliche Narrative. Offen bleibt dabei welche Auswirkungen auf die Wahrnehmung des Krieges diese Informationen in Russland haben werden, da die Bloggerszene als angeblich unabhängige Stimmen im Land wahrgenommen werden.

Eduard Basurin, Chef der DNR-Milizen, erklärte, dass sich die russischen Streitkräfte jetzt auf die Bildung „kleinerer Kessel“ vorbereiteten, in denen sie ukrainische Streitkräfte gefangen nehmen wollen. Eine einzige große Umzingelung sei nicht mehr geplant. Basurins Erklärung sowie andere Änderungen in der Art und Weise, wie russische Beamte nach dieser Kritik über Kessel und russische Operationen im Osten gesprochen haben, deuten darauf hin, dass die russische Führung und die Führung der Stellvertreter auf Verschiebungen in diesem Informationsraum reagieren.

Fehlen den Russen Waffensysteme?

Fehlen den russischen Streitkräften Präzisionswaffen? Der ukrainische Generalstab behauptet dies, dass es einen Mangel an solchen Waffentypen gebe. Die russischen Streitkräfte würden daher vermehrt ihre Luftwaffe einsetzen. 60 Prozent der Bestände an Hochpräzisionswaffen seien in Russland aufgebraucht. Dies decke sich mit der Einschätzung westlicher Militärbeobachter. Russland habe aufgrund der Sanktionen des Westens Probleme seine Vorräte an Präzisionsmunition aufzufüllen. Die ISW-Experten folgern daraus: „Der Mangel an Hochpräzisionswaffen wird wahrscheinlich zu einer Zunahme wahlloser Angriffe auf kritische und zivile Infrastruktur führen.“ Die russischen Streitkräfte haben ihren Vormarsch östlich und westlich von Popasna forciert, um die ukrainischen Bodenverbindungen südwestlich von Sewerodonezk abzuschneiden und die Einkreisungsbemühungen in der Oblast Luhansk abzuschließen. Die russischen Streitkräfte sind wahrscheinlich in Lyman eingedrungen und könnten diesen Stützpunkt nutzen, um sich mit den Vorstößen südöstlich von Izyum zu koordinieren und eine Offensive auf Siversk zu starten. Die russischen Streitkräfte haben die Stadt Saporischschja angegriffen, um ein wichtiges Logistikzentrum für die im Osten operierenden ukrainischen Streitkräfte zu stören. Die russischen Streitkräfte könnten die Schlacht um Sewerodonezk beginnen, bevor sie die ukrainischen GLOCs südwestlich und nordwestlich von Sewerodonezk vollständig abschneiden.

Anhebung des Einberufungsalters in Russland

Die russische Staatsduma und der russische Föderationsrat verabschiedeten ein Gesetz, mit dem das Höchstalter für die freiwillige Einberufung zum russischen Militär von 40 auf 50 Jahre angehoben wurde. Der ukrainische Generalstab meldete außerdem, dass die russischen Streitkräfte neue Reserveeinheiten im südlichen Militärbezirk bilden. Zudem soll in manchen Regionen beim Grenzschutz der Sommerurlaub gestrichen worden sein. In den besetzten Gebieten der Ukraine wird zudem die Ausgabe von russischen Pässen forciert. Der russische Präsident Wladimir Putin unterschrieb ein entsprechendes Dekret, dass die Erlangung eines russischen Passes in den Gebieten Cherson und Saporischschja vereinfacht. Dabei bleiben die Absichten des Kremls mit dieser Maßnahme im Unklaren, ob sich dieser erhofft nach dem Konflikt eine verbesserte politische Ausgangslage zu schaffen. Die Besatzungsbehörden könnten darüber hinaus versuchen, dieses neue Dekret für eine verdeckte Mobilisierung in den besetzten Gebieten zu nutzen, da der Besitz eines russischen Passes dazu führen würde, dass die Einwohner der besetzten Gebiete, die sich für die Wehrpflicht qualifizieren, zum Militärdienst gezwungen werden.



Großbritannien: Schwere Verluste bei Russlands Luftlandetruppen

10:20 Uhr > Britischen Geheimdienstangaben zufolge haben Russlands Elite-Luftlandetruppen (WDW) seit Beginn des Ukraine-Krieges „schwere Verluste“ erlitten. Die 45.000 Mann starke Truppe sei seit Beginn der Invasion an mehreren „bemerkenswerten taktischen Fehlschlägen“ beteiligt gewesen, heißt es im Lagebericht vom Donnerstag. Dazu gehörten der versuchte Vormarsch auf Kiew über den Flugplatz Hostomel im März, der ins Stocken geratene Fortschritt auf der Isjum-Achse seit April und die kürzlich fehlgeschlagene und kostspielige Überquerung des Flusses Siwerskyj Donez.

Die Luftlandetruppen bestehen größtenteils aus Berufssoldaten. Die Mitglieder genießen Elite-Status und werden zusätzlich bezahlt. Der „Fehleinsatz“ des WDW in der Ukraine zeige, wie Russlands beträchtliche Investition in die Streitkräfte in den letzten 15 Jahren zu einer „unausgewogenen Gesamtstreitmacht“ geführt habe, so die Briten.


Deutsche Bahn will Ukraine stärker beim Getreideexport unterstützen

Die Deutsche Bahn (DB) will die Ukraine stärker beim Getreideexport unterstützen. „Angesichts der drohenden Hungersnot in Teilen der Welt und des enormen Bedarfs, Millionen von Tonnen ukrainisches Getreide in die Welt zu exportieren, werden wir als DB Cargo in Abstimmung mit dem Bund weitere Aufträge und Zugfahrten organisieren“, sagte DB-Cargo-Chefin Sigrid Nikutta dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Donnerstagausgaben). „Wir tun alles, was wir als Unternehmen aus sozialer Verantwortung heraus tun können.“
Zurzeit fahre DB Cargo mit Tochtergesellschaften in Polen und Rumänien mehrere Züge täglich mit Getreide an verschiedene Seehäfen. „Nun geht es darum, diese Agrarexporte auszuweiten. Ziel sind tragfähige Verbindungen bis an die Seehäfen der Nordsee und des Schwarz- und Mittelmeeres.“

Wegen der Blockade der ukrainischen Schwarzmeerhäfen durch Russland ist die Ukraine dringend auf alternative Exportwege angewiesen, um Getreide ins Ausland zu exportieren. Zurzeit stecken in der Ukraine nach Angaben der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) knapp 25 Millionen Tonnen Getreide fest. Das Land sucht daher dringend nach Ausweichrouten.

Wegen der unterschiedlichen Spurweiten müssen Güterzüge jedoch an der Grenze umgeladen werden. In die Gegenrichtung hat DB Cargo über die „Schienenbrücke Ukraine“ nach drei Monaten Krieg rund 700 Containerladungen mit humanitären Hilfsgütern in die Ukraine transportiert, teilte ein Bahnsprecher dem RND mit. Es handelt sich um Spenden von Kommunen, Firmen und Privatpersonen.

Nach wie vor werden zahlreiche Lebensmittel, Hygieneartikel oder auch Mittel des täglichen Bedarfs versendet. Mittlerweile werden auch viele technische Hilfsgüter auf der Schienenbrücke transportiert. Laut Angaben eines Bahnsprechers wurde zum Beispiel ein komplettes Wasserkraftwerk mit Pumpen aus dem Kreis Siegen-Wittgenstein transportiert.

Ebenso rund 1.400 Solaranlagen für Privathaushalte, ein ganzer Autokran oder drei Containerladungen mit Tierfutter und Tiermedizin vom Zoo Berlin für den Zoo in Kiew.