Dieses Foto veröffentlichte die ukrainische Regierung und weist damit auf eine Meldung des ukrainischen Generalstabes in Facebook. Die russischen Streitkräfte blockieren die zivile Schifffahrt im nordwestlichen Schwarzen Meer. Durch den Einsatz der russischen Schwarzmeerflotte im Schwarzen und Asowschen Meer werde das Gebiet der Ukraine von dieser Seite aus isoliert. | Foto: ArmyInform/Verteidigungsministerium der Ukraine/CCA

Köln | LIVEBERICHT wird ständig aktualisiert | red, dts | Die Union kritisiert gleich mehrfach Bundeskanzler Olaf Scholz. Die Bundesregierung legt Kriterien für die Aufnahme von Putin-Gegnern fest und die Gewinner des Eurovision Song Contest Kalush Orchestra kaufen drei Drohnen für die ukrainischen Streitkräfte. Der Livebericht zu den Ereignissen rund um den Krieg in der Ukraine, die Situation der Flüchtlinge sowie politische Reaktionen weltweit.

Russland dreht Niederlanden den Gashahn zu   

21:31 Uhr > Der russische Energiekonzern Gazprom will die Gas-Lieferungen an den niederländischen Versorger GasTerra ab Dienstag einstellen. GasTerra habe entschieden, „den einseitigen Zahlungsanforderungen von Gazprom nicht nachzukommen“, teilte das Unternehmen am Montag mit. Gemeint ist damit das Ende März herausgegebene Dekret von Russlands Präsident Putin, wonach Gas in Rubel bezahlt werden muss.

Wer in Russland Gas kaufen will, müsste demnach sowohl ein Euro- als auch ein Rubelkonto bei der Gazprombank in Moskau eröffnen. „GasTerra wird sich den Zahlungsforderungen von Gazprom nicht anschließen. Dies liegt daran, dass dies zu einem Verstoß gegen die von der EU verhängten Sanktionen führen würde, und auch daran, dass mit dem erforderlichen Zahlungsweg zu viele finanzielle und operative Risiken verbunden sind.“

Insbesondere die Eröffnung von Konten in Moskau nach russischem Recht und deren Kontrolle durch das russische Regime stellten ein „zu großes Risiko“ für das Groninger Unternehmen dar. Die Einstellung der Lieferung durch Gazprom bedeute, dass bis zum 1. Oktober 2022, dem Datum des Vertragsendes, etwa zwei Milliarden Kubikmeter vertraglich vereinbartes Gas nicht geliefert werden. GasTerra habe dem vorgegriffen, indem es Gas von anderen Anbietern zugekauft habe, so das niederländische Unternehmen.

Es ist noch nicht absehbar, wie sich der Versorgungsausfall auf die Angebots- und Nachfragesituation auswirken werde. GasTerra gehört teilweise dem niederländischen Staat, aber auch den Energiekonzernen Esso und Shell.


Schwedt fordert Ausnahme der Raffinerie von Öl-Embargo   

17:29 Uhr > Die kritische Situation um die PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt veranlasst die Bürgermeisterin des Ortes zu einer eindringlichen Warnung. „Das Misstrauen gegenüber der Bundesregierung ist groß“, sagte Annekathrin Hoppe (SPD) dem „Handelsblatt“ (Dienstagausgabe). Sie wirbt dafür, dass der Standort vom geplanten Ölembargo ausgenommen wird, das bis zum Jahresende vollzogen werden soll.

„Wenn der Bundesregierung etwas an der Region und der sicheren Versorgung liegt, wäre 2030 eine sinnvolle Zielmarke“, erklärte sie. Auf EU-Ebene wird derzeit diskutiert, Pipeline-Öl vom geplanten Embargo auszunehmen, wovon auch Schwedt profitieren könnte. Deutschland erhält noch rund zwölf Prozent seiner Ölimporte aus Russland, nahezu alles davon landet in Schwedt an der Oder.

Die Bundesregierung sucht derzeit nach neuen Lieferwegen für die Raffinerie, etwa über Rostock. So könnte die Raffinerie aktuell aber wohl nur zu etwa 60 Prozent mit Rohöl versorgt werden. Das hätte laut Hoppe immense Auswirkungen auf den Raffineriebetrieb.

Es sei unmöglich, die Raffinerie für den Übergang nur mit 60 Prozent des Öls zu betreiben. „Das kann nicht funktionieren. Es käme unweigerlich zum Stillstand“, sagte sie.

Auch die von der Bundesregierung angekündigten Finanzhilfen sieht Hoppe kritisch. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte Zuschüsse vergleichbar zu den Kohleregionen in der Lausitz versprochen. „Dort hat man jahrelang Vorbereitungszeit, bei uns soll jetzt einfach alles Hals über Kopf laufen“, kritisierte Hoppe.



EVP-Fraktionschef für europäisches Ölembargo auch ohne Ungarn

16:06 Uhr > Der Vorsitzende der EVP-Fraktion, Manfred Weber (CSU), pocht auf eine Einigung beim Ölembargo gegen Russland – notfalls auch ohne Ungarn. „Es ist moralisch nicht verantwortbar, dass wir jeden Tag Hunderte Millionen an Gazprom überweisen“, sagte der CSU-Politiker den Sendern RTL und ntv. Er setzt große Hoffnungen in den EU-Sondergipfel am Montag und Dienstag.

Dass Ungarn sich bei dem Embargo aber querstellt, kritisierte Weber scharf: „Ich bin es ehrlich gesagt leid, dass wir uns von Viktor Orban die Geschwindigkeit diktieren lassen.“ Wenn Ungarn nicht bereit sei, die Blockade aufzugeben, müsse es möglich sein, „den Langsamsten zurückzulassen, damit der Rest der EU vorangehen kann“. Zwar sei eine einstimmige Entscheidung der EU-Staaten nötig, aber diese könnte umgangen werden, indem man sich auf zwischenstaatliche Lösungen einlasse.

„Orban darf uns nicht auf der Nase herumtanzen“, so Weber. „Im Zweifel können die EU-Länder auch einseitig ein Embargo verhängen.“ Aufgrund des anhaltenden Streits über das Ölembargo forderte der CSU-Politiker eine Änderung der Entscheidungsstruktur innerhalb der EU. Dass die Europäische Union auf ein einstimmiges Ergebnis angewiesen sei, zeige, dass man mittelfristig von der Einstimmigkeit wegkommen müsse.

„Europa muss handlungsfähig sein.“


Kalush Orchestra verkauft Eurovision Cup und kauft dafür 3 Drohnen

8:30 Uhr > Auf der Facebook-Seite meldet die Band Kalush Orchestra, die den Eurovision Song Contest 2022 gewannen eine ungewöhnliche Solidaritätsaktion. Das Kalush Orchestra verkaufte den Eurovision Cup bei einer Wohltätigkeitsauktion für 900.000 Dollar. Mit dem Geld sollen drei Drohnen für die ukrainischen Streitkräfte angeschafft werden. Damit löste die Band ein Versprechen ein, dass sie auf der Bühne während des Eurovision Song Contest gaben. Das Kalush Orchestra wollte 1 Million Euro erlösen, um damit drei PD-2-Drohnen für die ukrainischen Streitkräfte zu kaufen.


Union kritisiert Scholz-Telefonate mit Putin

Der stellvertretende Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Henning Otte (CDU), hat die fortgesetzten Telefonate von Kanzler Olaf Scholz (SPD) mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin kritisiert. „Ich sehe nicht, dass diese Telefonate von Olaf Scholz mit Putin irgendeinen Erfolg bringen“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Montagsausgaben). „Ich vermisse dafür ganz im Gegenteil ein Gespräch von Scholz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew.“

Otte fügte hinzu: „Ich glaube nicht, dass diese Telefonate mit Putin in Selenskyjs Sinne sind.“ Für die Ukraine seien sie „schwer erträglich“. Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatten am Samstag 80 Minuten mit Putin telefoniert.

Davor hatte Scholz zwei Tage vor der nordrhein-westfälischen Landtagswahl am 15. Mai mit Putin gesprochen.


CDU wirft Scholz Schwächung Deutschlands in der NATO vor

CDU-Chef Friedrich Merz hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vorgeworfen, mit seiner zögerlichen Haltung in der Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine Deutschland international zu schwächen. „Die Zweifel an der Zuverlässigkeit unseres Landes in der NATO und in der EU wachsen“, sagte er der „Bild“. Der Bundeskanzler weigere sich offenbar beharrlich, die vom Deutschen Bundestag am 28. April befürwortete militärische Unterstützung der Ukraine „im notwendigen Umfang“ zu leisten.

„Und was heißt das, wenn er sagt Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen? Darf ihn die Ukraine verlieren? Warum formuliert der Bundeskanzler nicht ganz einfach und so klar wie andere: Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen! Alles andere kommt einer Kapitulation gleich vor der militärischen Aggression Russlands, mit weitreichenden Folgen für ganz Europa.“ Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, warf der Bundesregierung ebenfalls vor, Deutschlands Ansehen zu verspielen. „Die SPD-geführte Bundesregierung muss aufpassen, dass sie die außenpolitische Reputation Deutschland nicht innerhalb weniger Monate verspielt“, sagte er der Zeitung.

„Es darf nicht sein, dass es beim sogenannten Ringtausch ruckelt und bei engsten Partnern Fragen nach der Verlässlichkeit Berlins auftauchen.“ Ebenso wenig sei es hilfreich, wenn die SPD-Chefin das Zwei-Prozent-Ziel untergrabe und immer stärker infrage stelle. „Die Stärke und Glaubwürdigkeit der NATO beruht darauf, dass sich die Partner aufeinander verlassen können.“


Bundesregierung legt Kriterien für Aufnahme von Putin-Gegnern fest

Die Bundesregierung hat sich auf Profile für die Aufnahme von besonders gefährdeten Kreml-Kritikern aus Russland festgelegt, darunter von politischer Verfolgung bedrohte Menschenrechtsverteidiger, Oppositionelle, Mitarbeitende von Menschenrechtsorganisationen und Wissenschaftler, aber auch konkret gefährdete Journalisten. Das Auswärtige Amt, das Bundesinnenministerium und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) haben sich auf diese gefährdeten Personengruppen verständigt, berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagausgaben). Ihnen wird laut Bundesregierung schneller und unbürokratischer mit einer Aufenthaltserlaubnis bei ihrer Flucht aus Russland geholfen.

Sie bekommen demnach nach einer Fallprüfung die Erlaubnis für einen längeren Aufenthalt in Deutschland und nicht wie früher etwa nur ein begrenztes Schengen-Visum für maximal 90 Tage. Unter die Regelung fallen neben kremlkritischen Journalisten und Wissenschaftlern auch konkret bedrohte Vertreter und Unterstützer der demokratischen Opposition in Russland sowie Menschen, die für Organisationen gearbeitet oder mit ihnen kooperiert haben, die in Russland als „ausländische unerwünschte Organisationen“ eingestuft werden. Auch einzelne Personen, die von Russlands Behörden als „ausländische Agenten“ verfolgt werden, sollen unter diese Schutzregelung fallen.

Grundlage für die Aufnahme in Deutschland ist der Artikel 22 des Aufenthaltsgesetzes, der eine Aufnahme „aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen“ ermöglicht. Das Bundesinnenministerium kann „zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland“ die Aufnahme erklären. Die deutschen Botschaften stellen entsprechende Visa für diese Menschen aus, das können auch ständige Vertretungen Deutschlands außerhalb Russlands sein, etwa in der Türkei oder Georgien, wo sich derzeit viele Russen im Exil aufhalten.

Die Behörden in Deutschland sind nach Erteilung des Visums befugt, eine längerfristige Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Voraussetzung für einen Aufenthaltstitel ist laut Übereinkommen der Regierung, dass die Menschen in Russland konkret bedroht sind. Die deutschen Behörden prüfen demnach den Einzelfall.

Für viele bedrohte Putin-Gegner in Russland ist eine Einreise nach Deutschland bisher oftmals mit hohen bürokratischen Hürden verbunden. Viele in Deutschland warten auf eine dauerhafte Lösung. Ein weniger aufwendiges Visum für den Schengen-Raum gilt nur für maximal 90 Tage.

In den vergangenen Wochen hatten das Innenministerium und das Auswärtige Amt über die rechtlichen Kriterien und die Verfahren für die Aufnahme von gefährdeten Regimekritikern aus Russland gestritten. Dabei ging es auch um die Sicherheitsüberprüfung der Menschen aus Russland durch deutsche Behörden. Sowohl Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) als auch Außenministerin Annalena Baerbock und Kulturstaatsministerin Claudia Roth (beide Grüne) hatten sich für schnellere und unbürokratische Aufenthaltschancen für Putin-Gegner ausgesprochen.


143 Millionen Euro von Oligarchen-Konten eingefroren

Drei Monate nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine sind aus Vermögen russischer Oligarchen auf deutschen Konten inzwischen fast 143 Millionen Euro eingefroren. Das berichtet die „Bild“ unter Berufung auf Angaben des Bundesfinanzministeriums. Demnach lag der Wert konfiszierter Vermögen Ende Februar kurz nach Beginn des Krieges bei 342.000 Euro.

Bis 21. März meldeten deutsche Geldinstitute der Bundesbank 95 Oligarchen-Millionen als eingefroren. Inzwischen wurden insgesamt 142.990.409,35 Euro von russischen Unternehmen und Institutionen nach EU-Recht beschlagnahmt, schreibt die Zeitung. Die Maßnahmen gegen „Vermögensgegenstände und finanzielle Vermögenswerte“ wurden laut Bundesfinanzministerium gemäß der EU-Verordnung 269/2014 vom 17. März 2014 durchgeführt und von der Deutschen Bundesbank kontrolliert.


Gauck unterstellt Friedensbewegung „Mangel an Realitätssinn“

Altbundespräsident Joachim Gauck hält den Einsatz von Gewalt für ein legitimes Mittel zur Verteidigung der Freiheit. „Für Freiheit zu kämpfen und nicht nur um Frieden zu beten habe ich immer als eine Möglichkeit der menschlichen Existenz akzeptiert“, sagte er der „Bild“. Der Glaube, fundamentaler Pazifismus könne Frieden herbeiführen, sei ein „Mangel an Realitätssinn“.

Er selbst habe in der DDR darüber nachgedacht, zur Waffe zu greifen. „Ich habe damals in der DDR die Losung Schwerter zu Pflugscharen aus taktischen Gründen mitgetragen und die Symbole auch an kritische Jugendliche verteilt. Viele von uns haben damals in der DDR einen taktischen Pazifismus an den Tag gelegt.“

Man sei nicht prinzipiell gegen Waffen gewesen, aber unter den Umständen einer Diktatur oder gar für sie wollte man nicht kämpfen, so Gauck.


Union wirft Scholz „unterlassene Hilfeleistung“ vor

Im Streit um Waffenlieferungen an die Ukraine hat die Union ihre Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erneuert. Obwohl alle Genehmigungen vorlägen, seien bislang keine schweren Waffen in die Ukraine geliefert worden, sagte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter dem TV-Sender „Welt“. Das grenze schon „sehr stark an unterlassener Hilfeleistung“.

Deutschland sei der viertgrößte Rüstungsexporteur der Welt. „Wir liefern in Krisengebiete wie den Golf oder nach Ägypten und sind nicht in der Lage, vergleichbare Kriegsgüter in die Ukraine zu liefern.“ Da stelle sich ihm ein ganz großes Fragezeichen, was das für die eigene Glaubwürdigkeit bedeute.

„Natürlich muss die Bundeswehr besser ausgerüstet werden, aber was nützt uns eine gut ausgerüstete Bundeswehr, wenn die Ukraine fällt und der Krieg dann in Moldau weitergeht und das Baltikum erpresst wird.“ Das bedeute also, man sollte durchaus auch Waffen aus der Bundeswehr abgeben, so der CDU-Politiker. „Und die Industrie hat ja versprochen, dass sie sehr rasch nachliefern kann.“

Bereits vor acht Wochen habe die Rüstungsindustrie klargemacht, dass sie Marder und Leopard innerhalb weniger Wochen an die Ukraine liefern könnte. „Bis heute hat sie nicht den Auftrag erhalten, das zu tun.“