Das Symbolbild zeigt eine Erdgasflamme

Köln | LIVEBERICHT wird ständig aktualisiert | red, dts | Dänemark erhält kein russisches Gas mehr. Mehr als 2.000 ukrainische Lehrkräfte sind aktuell in Deutschland im Einsatz. Der Livebericht zu den Ereignissen rund um den Krieg in der Ukraine, die Situation der Flüchtlinge sowie politische Reaktionen weltweit.

Ukrainischer Botschafter hat auch etwas Lob für Deutschland   

21:34 Uhr > Der ukrainische Botschafter in Deutschland Andrij Melnyk hat den von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Aussicht gestellten Ringtausch von Panzern mit Griechenland begrüßt. Wenn Athen Panzer sowjetischer Bauart an die Ukraine liefert, will die Bundesregierung die Lücke mit Schützenpanzern aus deutscher Produktion füllen. Zumindest die Symbolik dahinter sei schon mal gut, nun müsse aber auch tatsächlich geliefert werden, sagte Melnyk dem Fernsehsender „Welt“.

„Es ist eine gute Nachricht, weil man sich Gedanken macht, wie man der Ukraine helfen kann. Gleichzeitig müssen wir schauen, was damit eigentlich gemeint ist. Der Ringtausch mit Slowenien wurde schon vor Wochen verkündet, von der Verteidigungsministerin. Aber bis heute ist da noch nicht viel geschehen, vor allem wurden keine T-72-Panzer geliefert, sondern womöglich nur Schützenpanzer.“ Überhaupt sei es auf Dauer nicht ausreichend, der Ukraine immer nur alte Sowjetwaffen zu schicken, so Melnyk: „Was wir brauchen würden sind moderne Waffen. Es fehlt an Munition, das ist das Nadelöhr bei dieser Geschichte. Die Munition ist jetzt kaum vorhanden, vor allem für diese alten sowjetisch-hergestellten Waffen, deswegen müssen wir uns umstellen auf westliche Waffensysteme, wofür es auch Munition gibt.“

Von Deutschland erhofft sich Melnyk die Übernahme einer Führungsrolle bei der Lieferung dieser westlichen Waffen: „Alle Karten liegen auf dem Tisch, hier in Berlin. Das heißt, es gibt Listen der ausgemusterten deutschen Waffensysteme. Stichwort: 100 Marder, 88 Leopard-1-Panzer. Alte Systeme, aber noch gut zu gebrauchen. Und es gibt noch eine Reihe von Anträgen, die auch dem Sicherheitsrat vorliegen, über die Lieferung von neuen Waffen, die zwar noch hergestellt werden müssen, aber auch wenn das zwei, drei Jahre Lieferzeit bedeutet, müssen wir davon ausgehen, dass diese Kriegsgefahr nicht gebannt wird. Und deswegen: Auch das brauchen wir. Deswegen ist die Erwartung auch schon sehr hoch in Kiew, dass Deutschland nicht abwartet und schaut, bis andere Partner liefern, sondern auch diese Führungsrolle in dieser wichtigen Frage übernimmt.“


Russischer Ökonom: Putin kann Öl nicht leicht umleiten

22:10 Uhr > Das auf EU-Ebene beschlossene Sanktionspaket wird Russland wirtschaftlich hart treffen und bringt Putin in eine nie dagewesene Situation. Zu diesem Schluss kommt der in Paris lehrende russische Ökonom Sergej Gurijew. „Das wird dem russischen Haushalt einen sehr heftigen Schlag versetzen“, sagte er der FAZ (Mittwochausgabe).

Sein Öl ersatzweise nach China und Indien umzuleiten, werde für Russland nicht einfach werden, da die EU höchstwahrscheinlich in den nächsten Monaten weitere Maßnahmen verhängen werde, gegen russische Tanker, gegen den Transport von russischem Öl mit Schiffen anderer Länder und gegen die Versicherung solcher Transporte. In einem halben Jahr werde Putin vor der Wahl stehen, wem er die Gehälter kürzt – Soldaten, Beamten, Polizisten – oder ob er weniger Aufträge an seine Freunde vergibt. „In so einer Lage ist Putin nie zuvor gewesen“, sagte Gurijew.

Mittelfristig werde der Preis für russisches Öl fallen, prognostiziert der Forscher. Wenn früher der Ölpreis gefallen sei, habe Putin Währungsreserven genutzt. „Die sind jetzt eingefroren. Und schon im April war das Haushaltsdefizit bedeutend“, sagte Gurijew. Auf das Jahr hochgerechnet dürften es etwa 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sein. „Das Land gibt mehr Geld für den Krieg aus und nimmt weniger Steuern aus Nicht-Öl-und-Gas-Exporten ein“, bilanzierte der Ökonom.

Im Moment heuere Putin für viel Geld neue Soldaten in armen Regionen an und verspreche den Familien hohe Summen für den Fall, dass sie umkommen. „Wenn aber das Haushaltsdefizit weiter wächst, werden Putin die Mittel ausgehen, um den Krieg in der Intensität wie jetzt weiterzuführen“, so der 50 Jahre alte Wirtschaftswissenschaftler, der am Institut d`Etudes Politiques (Sciences Po) lehrt. Der Ökonom rechnet damit, dass es auch wegen der wirtschaftlich schlechten Aussichten für Putin schwer werde, die Krise als Präsident zu überstehen.

„Ich kann mir schwer vorstellen, dass er unter diesen Bedingungen noch fünf Jahre lang so weitermachen kann“, sagte Gurijew.


Russland dreht auch Dänemark den Gashahn zu

Russland dreht auch Dänemark den Gashahn zu. Am Dienstag habe Gazprom mitgeteilt, die Lieferung von Gas ab Mittwoch einzustellen, teilte der dänische Energiekonzern Orsted mit. Gazprom halte sich nicht an die Vereinbarungen, klagte das Unternehmen.

Wie auch in anderen Ländern ist formale Ursache für die Abschaltung, dass Gazprom künftig in Rubel bezahlt werden will, wohingegen die Verträge eine Zahlung in Euro vorsehen. Orsted hatte sich nach eigenen Angaben bereits auf eine Abschaltung der Lieferung aus Russland vorbereitet. Man gehe davon aus, die Kunden weiterhin mit Gas beliefern zu können.

„Die Situation unterstreicht, dass wir in der EU unabhängig von russischem Gas werden müssen, indem wir den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen“, hieß es in einer Erklärung. Da es keine direkte Gaspipeline von Russland nach Dänemark gibt, kann Russland die direkte Gaslieferung nach Dänemark nicht sperren, und Gas wird somit weiterhin nach Dänemark gelangen können. „Dies bedeutet jedoch, dass das Gas nach Dänemark verstärkt auf dem europäischen Gasmarkt eingekauft werden muss.“

Orsted geht nach eigenen Angaben davon aus, dass das möglich ist.


Bereits 2.300 ukrainische Lehrkräfte an deutschen Schulen

An deutschen Schulen arbeiten mittlerweile mehr als 2.300 ukrainische Lehr- und Hilfskräfte, die den bisher geflüchteten rund 120.000 Kindern und Jugendlichen die Integration erleichtern sollen. Das ergab eine Erhebung des „Handelsblatts“ (Mittwochsausgabe). Demnach kommen gut 1.600 weitere ukrainische Lehrkräfte dazu, die sich bei den Kultusministerien als Interessenten gemeldet haben und von denen die meisten ebenfalls nach und nach eingestellt werden sollen.

Insgesamt sind es damit fast 4.000 Lehrkräfte und pädagogische Hilfskräfte aus dem vom Krieg geplagten Land – und damit weit mehr, als offenbar selbst die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Karin Prien (CDU), erwartet hatte. Die schleswig-holsteinische Schulministerin hatte noch Mitte Mai lediglich von „Hunderten ukrainischen Lehrkräften“ gesprochen, die bereits in Schulen in Deutschland eingesetzt würden.


Deutschland liefert Athen deutsche Marder-Panzer für „Ringtausch“

Der nächste sogenannte „Ringtausch“ ist perfekt: Weil Griechenland Panzer aus Sowjetzeiten an die Ukraine liefert, bekommt Athen Ersatz aus Deutschland. „Wir werden deutsche Schützenpanzer zur Verfügung stellen“, sagte der Kanzler nach dem Ende des EU-Gipfeltreffens am Dienstag in Brüssel. Laut eines Berichts von „Business Insider“ unter Berufung auf Regierungskreise erhält Griechenland Schützenpanzer vom Typ Marder.

Um wie viele es sich handelt, ist offen. Aus Regierungskreisen heißt es jedoch, dass die für Griechenland bestimmten Fahrzeuge aus dem Kontingent von 100 Mardern genommen werden sollen, die Rheinmetall bislang eigentlich an die Ukraine verkaufen wollte. Doch seit Wochen wurde vom Bundessicherheitsrat noch keine Ausfuhrgenehmigung für den Düsseldorfer Rüstungskonzern erteilt.

Mit Griechenland sei das geplant, was mit Tschechien schon vereinbart sei, sagte Scholz weiter. Tschechien soll 15 Leopard-2-Panzer aus Industriebeständen für die Lieferung von Panzern sowjetischer Bauart in die Ukraine erhalten. Scholz nannte keine Einzelheiten des mit Griechenland geplanten Ringtauschs.

EU-Staaten einigen sich auf teilweises Öl-Embargo

Die EU-Staaten haben sich auf ein teilweises Öl-Embargo gegen Russland geeinigt. Als Kompromiss sollen nun nur etwas mehr als zwei Drittel der bisherigen russischen Öl-Lieferungen von dem geplanten Einfuhrverbot in die EU betroffen sein, sagte Ratspräsident Charles Michel während des Gipfeltreffens in Brüssel.

Betreffend des seit Wochen diskutierten Öl-Embargos gab es bis zuletzt Streit unter den EU-Staaten.


Evonik gegen Gas-Embargo vor 2024

Evonik-Chef Christian Kullmann warnt erneut vor einem raschen Gas-Embargo. „Sanktionen haben noch nie ein System ins Wanken gebracht“, sagte Kullmann der „Rheinischen Post“. „Die Verluste an Wohlstand, Wertschöpfung und Arbeitsplätzen wären dramatisch.“

Aus Sicht der Chemie gilt: „Ein Gas-Embargo ist Mitte 2024 verkraftbar“, so Kullmann. Er betont, dass die Chemieindustrie natürlich das Primat der Politiker respektiere, aber: Sanktionen hätten auch nicht das Ende der Regierungen in Syrien oder Venezuela bewirkt. „Die russische Bevölkerung ist nicht unser Feind, das ist Putin“, betonte er.

Daher habe Evonik seine Geschäfte in Russland nicht abrupt beendet.