Köln | aktualisiert und ergänzt | Wie geht es weiter mit dem Ebertplatz? Der März ist ein wichtiger Monat für die weitere Entwicklung dieses zentralen Kölner Platzes, der sich in den vergangenen Jahren dank vieler engagierter Menschen und auch durch den Einsatz der Stadt positiv entwickelte. Der Bürgerverein Kölner Eigelstein schrieb an Rat und Verwaltung einen offenen Brief zur langfristigen Umgestaltung des Platzes und fordert die Prüfung zweier Varianten. Vor allem das Verhalten des Mehrheitsführers der grünen Ratsfraktion wirft Fragen auf.

Der Stadtentwicklungsausschuss vertagte am 11. März seine Entscheidung zur langfristigen Umgestaltung des Ebertplatzes und schob die Entscheidung in die Sitzung des Kölner Stadtrates Ende März. Dies rief den Bürgerverein Kölner Eigelstein auf den Plan. Der fordert die Variante 2 der Umgestaltung nicht vorschnell zu kippen und hat hierfür gute Gründe. Darum geht es:

Westliche unterirdische Passage für die Kunst erhalten?

In der westlichen Passage, die der Bürgerverein selbst als „fuchsbauähnlichen Angstraum“ bezeichnet, befinden sich viele Kunsträume und das seit Jahren. Es waren die Künstler*innen die den Platz mit Leben gefüllt haben und ihn gegen mediales Schlechtgeredegetöse verteidigten und mehr als nur positive Signale sendeten, sondern aktiv für eine Verbesserung der Gesamtsituation mitverantwortlich sind. Vertreter*innen der Law- and Order Schiene in Verwaltung und Politik – polemisch formuliert – wollten den Ebertplatz am liebsten schon immer zuschütten, ebenerdig planieren, teeren und wahrscheinlich mit Flutlichtstrahlern und rundherum mit noch mehr Polizeikameras ausstatten, um ihre Ruhe zu haben.

Der Bürgerverein fordert von der Kölner Politik, dass Sie die Variante 2 prüft. Das bedeutet Variante 2: Hier soll geprüft werden, ob das Betonbauwerk auf der westlichen Seite mit den Kunsträumen zu einem vernünftigen Preis saniert und anschließend als abgeschlossene Kunsthalle betrieben werden könne. Die vielen Zugänge sollten dann aber geschlossen werden, damit eben der „fuchsbauähnliche Angstraum“ überwunden wird.

Bürgerverein fragt warum die Zeit nicht produktiver genutzt wurde

Der Bürgerverein führt aus, dass, sollte der Rat die Variante 2 ersatzlos streichen, dann drei Jahre sinnlos vergeudet wurden, denn den aktuellen Status erreichte der Stadtentwicklungsausschuss bereits schon im Februar 2018. Der Bürgerverein in dem offenen Brief an Rat und Verwaltung: „Die Zeit seitdem wurde genutzt, um die Erkenntnisse aus der Zwischennutzung mit in die Planung einfließen zu lassen. Diese Erkenntnisse nun ohne eine Prüfung auf Umsetzbarkeit zu ignorieren, würde nicht nur eine sinnlose Verzögerung des Umbaus um drei Jahre bedeuten, sondern wäre auch ein Schlag ins Gesicht für viele Bürger*innen und Künstler*innen, die sich seit Jahren mit viel ehrenamtlichem Zeitaufwand für einen lebenswerten Ebertplatz engagieren. Darüber hinaus muss man sich ernsthaft die Frage stellen, warum die Prüfung des unterirdischen Bauwerks nicht bereits innerhalb dieser vergangenen drei Jahre von einem unabhängigen Gutachter geprüft wurde, spätestens seit dem Beschluss der ‚Grundlagenermittlung und Parameter für die Umgestaltung des Ebertplatzes‘ durch den Stadtentwicklungsausschuss vom 28.3.2019. Dort heißt es auf S. 11: ‚Die Erkenntnisse der Zwischennutzungen der Passage sollen in den Gestaltungsansatz der Platzfläche als potentiellen Aneignungsbereich einfließen. (…) Die bestehenden kulturellen Nutzungen sollen in die zukünftige Planung integriert werden.‘“

Welche Rolle spielt die städtische Verwaltung?

Die Frage, die der Bürgerverein aufwirft ist nicht unerheblich. Wer versäumte die Prüfung, etwa das Stadtplanungsamt? Oder will das Stadtplanungsamt verhindern, dass es ein komplexeres 2-Varianten-Verfahren einleiten, durchführen und umsetzen muss? Der Kunstverein Brunnen e.V. nimmt das Stadtplanungsamt ausdrücklich in Schutz. (siehe Ergänzung am Ende des Artikels) Im Jahr 2017 wurde die Variante Abriss und Zuschütten, für die der damalige Stadtdirektor Keller plädiert haben soll, durch die Intervention der damaligen grünen Ratsfraktion verhindert. Die CDU schloss sich den Grünen damals an und die Zwischennutzung begann, sogar der Brunnen wurde wieder in Betrieb genommen. Vertraten die Grünen, die im heutigen Stadtrat Mehrheitsführer sind, nicht damals die Position die Passage zu Kunst- und Eventräumen umzugestalten und setzten sich massiv für den Erhalt der bereits vor Ort befindlichen Kunsträume ein? Haben die Grünen im Stadtentwicklungsausschuss mit der Vertagung in den Rat die 2-Varianten-Lösung schon aufgegeben? Verunsichert die Verwaltung womöglich die Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses Sabine Pakulat, Grüne, und warum hat Pakulat die Entscheidung vom dafür zuständigen Beschlussorgan einfach in den Rat geschoben und damit die Entscheidungskompetenz des Ausschussses aufgegeben? Dabei müsste die Verwaltung zumindest im Ansatz eigentlich Daten zum Zustand der Bauwerke haben.

Denn die Verwaltung ließ noch unter der Zuständigkeit von Baudezernent Höing Untersuchungen zum Bauzustand machen. Dies geschah im Rahmen einer technischen Prüfung für eine Tiefgarage. Der Rat lehnte den Tiefgaragenbau vor allem aus Kostengründen ab. Dazu kamen Fragen im Hinblick auf die Infrastruktur der Kölner Verkehrsbetriebe vor Ort oder die Rentabilität bei der Vermietung mit sehr hohen Mietpreisen für Dauermieter.

Der Bürgerverein Kölner Eigelstein fordert von Rat und Verwaltung, auch wenn es jetzt ein Jahr länger dauert, die Prüfung beider Varianten. Sonst sei dies ein schwerer Geburtsfehler bei der Umgestaltung des Platzes, so die engagierten Bürger*innen. Zudem fordert der Bürgerverein: „Parallel muss vor einer Entscheidung für Variante 1 oder Variante 2 geprüft werden, wie viel ein Abriss der unterirdischen westlichen Passage und eine anschließende Verfüllung des Raumes kosten würde. Ob der Untergrund für das enorme Gewicht der Erdmassen überhaupt tragfähig wäre und wie viel eventuell erforderliche Stabilisierungsmaßnahmen kosten würden. Sprich: Ob Abriss und Verfüllung tatsächlich entscheidend günstiger und schneller zu realisieren oder vielleicht sogar noch teurer und aufwändiger wären als eine Sanierung des unterirdischen Bauwerks.“

Brunnen e.V. plädiert für mehr Transparenz bei Entscheidungen

Der Brunnen e.V., der sich selbst als Kunstverein der Ebertplatz Kunsträume bezeichnet, lobt das Stadtplanungsamt in einer Stellungnahme gegenüber dieser Internetzeitung. Vor allem die Abteilung Stadtraummanagement sei stark bemüht, die Bürgerbeteiligung der Zwischennutzung voranzutreiben. Dies gelte auch für das Kulturamt. Beide Ämter, so die Vorsitzende des Brunnen e.V. Meryem Erkus, seien davon überrascht worden, dass die Variante 2 nun von der Politik gekippt werden könnte. Sie kritisiert zudem sehr stark, dass genau dieser Willensbildungsprozess nicht transparent sei und fragt wer aus den Dezernaten Bauen oder Liegenschaften an anderer Stelle gegen die Variante 2 opponiert haben könnte. Dies sei auch der große Kritikpunkt, dass über alle wirklich an der Zwischennutzung Beteiligten hinweg entschieden werde oder wird. Hier fordert Erkus Transparenz von der Verwaltung und Politik und nimmt Stadtplanungsamt und das Kulturamt und die dort am Prozess Beteiligten ausdrücklich in Schutz.

Autor: red
Foto: Der „Bürgerverein Kölner Eigelstein“ hat eine Visualisierung erstellen lassen. Illustration: „Bürgerverein Kölner Eigelstein“