Der Hauptausschuss am 16. Januar 2023 im Ratssaal des Spanischen Baus.

Köln | Es waren klare Worte von Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker heute im Hauptausschuss des Kölner Rates – junge Menschen, um die es ja hier geht, würden wahrscheinlich sagen klare Ansage: Die Ausweichfläche auf der Uniwiese sei keine politische Entscheidung mehr, sondern werde im Rahmen der Gefahrenabwehr der Stadtverwaltung genutzt. Darum geht es.

Am Elften im Elften 2022 geriet an der Zülpicher Straße die Lage fast außer Kontrolle. Die Polizei entschied die Massen an Jecken auf den Inneren Grüngürtel zu verschieben. Schon damals war die rechtliche Begründung Gefahrenabwehr. Was dann folgte sorgte bundesweit für Schlagzeilen: Der Grüngürtel mit Scherben irreparabel vermüllt, die Abfuhr des restlichen Mülls dauerte Tage, die Schwäne im Aachener Weiher schwammen zwischen Kölschflaschen und die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) konnten den Stadtbahnverkehr nicht aufrechterhalten.

In der Stadtpolitik, der Stadtgesellschaft und bei Umweltverbänden herrschte blankes Entsetzen. Es wurde diskutiert und gedroht. Denn dort wo – und er kann nicht anders genannt werden – der Mob wütete, ist der Innere Grüngürtel. Der ist Landschaftsschutzgebiet und steht unter Denkmalschutz. Der Politik und der Stadtverwaltung gelang es nicht sich auf eine neue Lösung zu einigen. Klar war, dass die Stadtverwaltung ein Konzept zum heutigen Hauptausschuss vorstellen werde. Was diese tat.  

Auf der rechtlichen Grundlage der Gefahrenabwehr werden 25.000 Quadratmeter Fläche auf der Uniwiese abgedeckt und dort werden Getränke und DJs sowie Toiletten angeboten. Der restlich verbleibende Grünstreifen an allen Seiten wird zwischen Bachemer Straße und Luxemburger Straße abgesperrt. Der Aachener Weiher und die dortigen Grünflächen sind derzeit vom Sperrkonzept nicht erfasst. Die Politik gab Statements ab und stellte Fragen und die Stadtverwaltung wand sich oder machte eben klare Ansagen.

Veranstaltung oder Gefahrenabwehr

Die Stadtverwaltung bewegt sich auf einem schmalen Grat, vor allem rechtlich. Mit allen Mitteln versuchte heute Reker den Eindruck zu vermitteln, dass es sich nicht um eine Veranstaltung handelt. Denn wäre es eine Veranstaltung, dann könnte es rechtlich so bewertet werden, dass dies aufgrund der Gesetze zum Landschaftsschutz diese nicht genehmigungsfähig ist. Daher die klare Ansage: Gefahrenabwehr. In diesem Fall wägt die Stadtverwaltung zwei Rechtsgüter ab und gibt der Gefahrenabwehr den Vorrang. In einer Phase der Aussprache fragte Reker den Rat, ob die Politik die Verantwortung übernehmen wolle? Die Politik duckte sich weg.

Christiane Martin, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kölner Rat, gab ein klares Statement ab: „Eine Inanspruchnahme des Grüngürtels lehnen wir ab.“ Martin machte deutlich, dass es für die Grünen kein Ausschlusskriterium sei die alternative Fläche Ringe wegen Verkehr auszuschließen. Martin hakte nach und wollte wissen, was bedarfsabhängige Nutzung der Uniwiese bedeute. Ob der Ausschank von Getränken alkoholische Getränke bedeute. Es sei nicht ersichtlich wann und an welchen Tagen die Fläche geöffnet werden solle. Für die Grünen sei eine solche Lösung nur akzeptabel, wenn dort kein Alkohol ausgeschüttet werde und keine DJ´s auftreten, sonst werde die Uniwiese zur Partyzone. In dieser Phase der Aussprache stellte Reker klar wer die Regeln setzt: die Stadtverwaltung nicht die Politik.

Bernd Petelkau, Vorsitzender der CDU im Rat, betonte den hohen Betrag, den die Stadt investieren werde, um die Grünfläche zu schützen. Er machte zudem darauf aufmerksam, dass der Innere Grüngürtel nicht nur zur Karnevalszeit im Fokus der Vermüllung oder von Gewaltexzessen stehe. Er brachte ins Spiel darüber nachzudenken, ob er wie der Central Park in New York nur zu bestimmten Zeiten geöffnet werde.

Die SPD stellt sich hinter die Stadtverwaltung, monierte aber, dass diese vier Wochen vor Weiberfastnacht nicht exaktere Pläne vorlegen könne als die groben Skizzen im Zusammenhang mit der Vorlage. Zudem wollte die SPD wissen, wie die Bauzäune gestaltet werden, die das Areal abschließen sollen. Unklar ist der SPD wie der Stadtbahnverkehr auf der Luxemburger Straße bedient werden soll.

Ulrich Breite, FDP, malte ein düsteres Szenario für Weiberfastnacht: Er rechnet damit, dass der Bahnhof Süd bereits vor 11 Uhr geschlossen sein werde und der Bahnhof Köln West wenig später.  Dennoch stellte sich Breite hinter die Verwaltungsvorlage und stellt fest es ginge nicht anders. Christiane Martin warf er vor gut gebrüllt zu haben, aber ihr grüner Kollege im Kölner Rat Manfred Richter habe beim Runden Tisch dem Konzept zugestimmt. Die antwortete, dass Richter der Gefahrenabwehr nur zähneknirschend zugestimmt habe, aber nicht dem Partykonzept. Sie nannte die Vorgehensweise der Verwaltung Salamitaktik.

Breite mahnte für die Zukunft ein neues Konzept an, etwa die Einbeziehung der Ringe und des Rudolfplatzes. Aber dann müsse auch der Rosenmontagszug anders gehen. Aktuell wären die dort aufgebauten Tribünen ein KO-Kriterium.

Manuel Jeschka von Volt warf der Stadtverwaltung vor falsche Tatsachenbehauptungen aufzustellen, wenn diese sage nur die Uniwiese sei frei von Ausschlusskriterien. Damit ignoriere die Stadtverwaltung das Kriterium Landschaftsschutzgebiet. Jeschka behauptete die jungen Feiernden würden „niemals“ auf die andere Rheinseite gehen. Es dürfe keine Veranstaltung werden und es dürfe keine Musik und Alkohol geben.

Alkohol auf der Uniwiese

Auf neuerliches Nachhaken von Martin gab Reker zu, dass es auf der Uniwiese einen Alkoholausschank geben werde. Es war der Bezirksbürgermeister der Innenstadt Andreas Hupke, der deutliche Worte fand: Wenn es alleine um Gefahrenabwehr ginge, dann könnte bei Gefahr die Menge und Masse auf die Universitätsstraße geführt und dort entfluchtet werden. Dann gebe es kein zweites Duisburg oder Seoul. Auf dem Erbe von Adenauer werde mit den Füßen getrampelt. Der Grüngürtel ist ein Landschaftsschutzgebiet und ein Denkmal. Hupke brachte zudem auf den Punkt, dass es nicht zu schaffen sei, dass nichts passiere, wenn 100.000 Menschen kommen.  15 Tage lang werde der Grüngürtel in Anspruch genommen, für Auf- und Abbau sowie die Partytage. Hupke redete den Ratspolitiker:innen und Stadtverwalter:innen ins Gewissen: Die Stadt müsse deutlich machen, dass sie solche Feierlichkeiten nicht mehr wolle. Hupke nannte Barcelona als Beispiel.