Das Symbolbild zeigt die Darstellung eines queeren Ampelpaares

Köln | In Köln gibt es sie seit 2019: Queere Ampelpärchen. Die Idee stammt aus Wien und viele europäische Metropolen haben sie seitdem eingeführt. In München klagte ein Anwohner des Glockenbachviertels gegen die queeren Ampelpärchen und verlor. Die Richter des bayerischen Verfassungsgerichtshof stellten fest, dass queere Ampelpaare eine Aufforderung an die Gesellschaft sind zu Toleranz.

In Köln entschied sich die Bezirksvertretung Innenstadt im März 2019 für die Installation von  20 queeren Ampelpärchen anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der „Stonewall Inn“-Proteste in New York. Die Ampeln wurden dann zum CSD 2019 in Köln in Betrieb genommen.

In München störte sich ein Anwohner an den seit 1. Juli 2019 dauerhaft installierten queeren Ampelpärchen im Bereich des Gärtnerplatz und Glockenbachviertels in der Münchner Innenstadt. In München gab es die Ampelpärchen bereits seit 2015 nur wurden sie immer nur temporär zum Münchner Christopher Street Day aufgehängt. Der Anwohner, der mit seiner Familie in diesem Stadtviertel Münchens wohnt, wandte sich zunächst im September 2019 an das Münchner Kreisverwaltungsreferat, das seinen Wunsch nach Austausch der Ampel-Streuscheiben ablehnte.

Damit gab sich der Anwohner nicht zufrieden und reichte am 11. Dezember 2020 Klage vor dem Verwaltungsgericht München ein mit der Forderung: „alle von Standarddarstellungen abweichenden Ampelscheiben im Zentrum der Landeshauptstadt … , insbesondere jene, die im Glockenbachviertel Personen im sexuellen Kontext zeigen, unverzüglich abzumontieren und dauerhaft durch die üblichen standardisierten Ampelscheiben zu ersetzen“. In seiner Begründung führte der Kläger aus, dass er in den Bildnissen Comics sehe, die für ihn Zwillingskinder zeigten, die sich schon für den Sexualakt ausgezogen hätten oder den Partner in blinder Gier zum Vollzug sexueller Handlungen hinter sich herzögen. Die Scheiben, die ein heterosexuelles Paar zeigten, nannte der Kläger „Alibi-Heteroscheiben“ und an anderer Stelle „zweieiige gemischtgeschlechtliche Zwillinge beim Inzest“. Die Annahme, dass es sich bei den Darstellungen um Zwillinge handele, begründete der Kläger damit, dass in allen Kulturkreisen Zwillinge als identische Figuren dargestellt würden. Zudem sah der Kläger NS-Gräuel verharmlost, indem er auf die sogenannten Zwillingsforschungen unter der Nationalsozialistischen Diktatur verwies. Durch den Einsatz der Ampelscheiben in einem einzigen Stadtviertel bestünde die Gefahr einer Ausgrenzung Heterosexueller und „Ghettobildung“. Des Weiteren sah der Kläger darin „verkappte Wahlwerbung“ von roten und grünen Parteien.

Verwaltungsgericht München mit klarem Urteil

Das Verwaltungsgericht München wies die Klage am 28. April 2021 ab und stellte fest, dass diese bereits unzulässig sei. Unter anderem begründeten die Münchner Richter: „Wenn der Kläger meine, dass hier Kinderpornographie verharmlost werde, sei darauf hinzuweisen, dass die Allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) nicht vor eigenen und höchst subjektiven Wahrnehmungen schütze, die bei einer objektiven Betrachtung fernliegend seien, und auch keinen entsprechenden Anspruch vermitteln könne.“

Toleranz als geistige Haltung

Gegen das Urteil legte der Kläger Berufung vor dem Bayrischen Verwaltungsgerichtshof ein. Dieses lehnte ab und damit ist das Urteil des Verwaltungsgerichts München rechtskräftig. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof stellte vielmehr fest, dass queere Ampelpaare „ersichtlich eine Botschaft der Sympathie und Toleranz an homosexuellen Menschen senden, aber auch eine Aufforderung an die Mehrheitsgesellschaft zu Toleranz gegenüber Menschen mit abweichender sexueller Orientierung“. Der bayerische Verwaltungsgerichtshof verwies zudem darauf, dass sich in Deutschland mittlerweile eine ganze Reihe „alternativer“ Ampelfiguren im Einsatz befänden: Etwa in Köln die Ampelfrauen in Ehrenfeld, die Bergmann-Ampelmännchen in Essen, die Bremer „Ampelmusikanten“, das Kasperle in Augsburg, die „Mainzelmännchen“ in Mainz, die homosexuellen Ampelpärchen in Hamburg oder die Ampeln der Vielfalt in Langenhagen bei Hannover, die Rollstuhlfahrer, homo- und heterosexuelle Paare und Menschen mit Gehstock zeigten.

Und die bayerischen Richter stellen fest: „Toleranz als geistige Haltung, die auf Beachtung, Achtung und Duldsamkeit dem anderen gegenüber in seinem Anderssein, nicht aber auf Beliebigkeit oder Meinungslosigkeit gerichtet ist, stellt ein Verfassungsprinzip dar, dessen Gehalt aus verschiedenen Verfassungsbestimmungen, insbesondere den Grundrechten, abgeleitet wird“

Der Beschluss des Bayerischen Verfassungsgerichtshof ist unanfechtbar und damit ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig.

Aktenzeichen:

VG München, Urteil vom 28.04.2021 – M 23 K 20.6509

VGH München, Beschluss v. 20.07.2022 – 11 ZB 21.1777