Karlsruhe, Berlin | Eingetragene Lebenspartnerschaften haben nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe ein Recht auf das Ehegattensplitting. Die Ungleichbehandlung von Ehen und eingetragenen Lebenspartnern, für die es keine „gewichtigen Sachgründe“ gebe, sei verfassungswidrig, urteilten die Karlsruher Richter am Donnerstag. Das Verfassungsgericht verlangt nun, dass die betreffenden Gesetze rückwirkend zum 1. August 2001 abgeändert werden.

Die bestehenden Regelungen zum Ehegattensplitting für Eheleute könnten bis zur Verabschiedung einer neuen Regelung übergangsweise auf eingetragene Lebenspartnerschaften angewendet werden, hieß es seitens des Verfassungsgerichts weiter. Die Karlsruher Richter stellen mit ihrer Entscheidung gleichgeschlechtliche Lebenspartner im Steuerrecht mit Eheleuten völlig gleich.

FDP fordert von Merkel rasche Umsetzung des Karlsruher Splitting-Urteils

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Steuervorteilen des Ehegattensplittings auch für Homo-Ehen fordert die FDP von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine zügige Umsetzung des Urteils. „Auch die Union und die Bundeskanzlerin sind an die Verfassung gebunden, die FDP erwartet daher eine möglichst rasche Prüfung und Umsetzung des Karlsruher Urteils“, sagte FDP-Fraktionsvize Volker Wissing „Handelsblatt-Online“. In Bezug auf die daraus resultierenden Belastungen für den Bundeshaushalt wies Wissing auf eine Schätzung der Bundesregierung vom April hin.

Die jährlichen Kosten der Gleichstellung von Lebenspartnerschaften belaufen sich demnach auf rund 30 Millionen Euro. „Vor diesem Hintergrund kann man auch nur schwer haushaltspolitische Argumente anführen“, sagte der FDP-Politiker. Die Entscheidung aus Karlsruhe wertet Wissing vor allem als eine „bittere Niederlage“ für diejenigen, die sich bisher verweigert hätten.

„Die Union lag hier vollkommen falsch“, sagte er. Die FDP habe sich dagegen von Anfang an für die Gleichstellung von Lebenspartnerschaften eingesetzt. „Wir sehen uns durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bestätigt.“

Homo-Ehe: Beschluss aus Karlsruhe sorgt für Streit in der Union

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, dass das Ehegatten-Splitting auch für die Homo-Ehe gelten muss, hat innerhalb der Union einen Streit über die Konsequenzen ausgelöst. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis kritisierte Karlsruhe: „Die Entscheidung war zu erwarten. Ich halte sie dennoch für nicht richtig“, sagte Geis der „Welt“.

Das Bundesverfassungsgericht treibe mit seinem Beschluss die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften mit der Ehe voran. „Die Privilegierung der Ehe wird damit untergraben“, erklärte der CSU-Politiker. Geis forderte den Gesetzgeber auf, nun zu prüfen, ob mit dem neuen Beschluss nicht eine Ungleichbehandlung anderer Einstandsgemeinschaften einhergehe: „Es gibt zum Beispiel Mütter und Töchter oder Schwestern, die zusammenleben“, sagte der CSU-Politiker.

Geis kann sich eine künftige Änderung des Ehegattensplittings in ein Familiensplitting vorstellen. „Eine solche Umformung sollte man ernsthaft diskutieren“, sagte Geis. Dagegen warnte der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn seine eigene Partei davor, nach dem Richterspruch auf eine Verzögerungstaktik zu setzen: „Wir sollten das Urteil jetzt zeitnah umsetzen, so wie es auch immer zugesagt war. Denn es ist ein tolles Signal für alle Menschen, die sich rechtlich verbindlich für eine Partnerschaft entscheiden“, sagte Spahn der Zeitung.

Autor: dts
Foto: Ein Paar das die rechtliche Gleichstellung forderte auf dem CSD 2012 in Köln