Köln | Die Landesregierung aus CDU und FDP will zum ersten Mal ein landeseigenes Versammlungsgesetz erlassen. Aktuell gilt das Bundesgesetz. Die Bundesländer können seit 2006 eigene Versammlungsgesetze erlassen. Gegen das neue Versammlungsgesetz NRW demonstrierte in Köln am Samstag das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW Stoppen! – Grundrechte erhalten!“.

Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW Stoppen! – Grundrechte erhalten!“ besteht aus Gewerkschaften, Friedensbewegung, Fußball-Fans, Jugendverbänden oder Klimaschutz-Aktivisten. Es geht um viel: Es geht um das demokratische Grundrecht der Versammlungsfreiheit. Die Bundesländer können seit 2006 eigene Versammlungsgesetze erlassen. In NRW will dies zum ersten Mal die Schwarz-Gelbe Landesregierung, denn bislang gilt in NRW das Bundesgesetz. So will die Landesregierung unter anderem im neuen Versammlungsgesetz das Tragen von Uniformen oder ähnlichen gemeinschaftlichen Merkmalen verbieten.

Dagegen sprach sich am Samstag etwa ein Redner der Fußballfanhilfe „Kölsche Klüngel“ aus. Die Befürchtung ist, dass etwa Fanmärsche zum Stadion unter das neue Versammlungsgesetz fallen und die Frage im Raum steht, ob Trikots des eigenen Vereins, dann als „Uniform“ gelten. Damit könne das Uniformierungsverbot jeden treffen. Auch aus der linksalternativen Szene wird gerade dieser Passus kritisch gesehen. Fallen Menschen, die schwarz gekleidet sind unter diesen Passus? Also Menschen, die von der Polizei als „Schwarzer Block“ bezeichnet werden?

Praxisferne des Gesetzentwurf?

Eva-Maria Zimmermann von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), sprach die Praxisferne der neuen Vorschriften an. Besonders stellte sie die Regelung heraus, die Namen der Ordner*innen einer Demonstration bereits bei der Anmeldung der Demonstration der Polizei mitteilen zu müssen: „Diese Verordnung ist doch gar nicht umsetzbar in der Praxis. Oft ändert sich die Zusammensetzung doch noch am Tag und vor Ort.“

Hilft das neue Gesetz gegen Rechte?

Die Landesregierung hält dagegen und argumentiert damit, dass sie mit dem neuen Gesetz vor allem Rechtsextreme Propaganda im Blick habe. Gleichzeitig will sie aber auch Blockadetrainings vor einer Demonstration, die eine andere Versammlung stören könnten untersagen. Kritiker*innen befürchten, dass es der Landesregierung darum gehe Gegendemonstrationen zu erschweren. Die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)“ in NRW lehnt das geplante Versammlungsgesetz ebenfalls ab. In einer Mitteilung heißt es: „Nach der Verschärfung des Polizeigesetzes 2018 geht NRW mit diesem Gesetzentwurf einen weiteren Schritt in Richtung Polizeistaat. Gegenüber Veranstalter*innen, Versammlungsleiter*innen, Order*innen und Teilnehmenden werden Hürden und eine strafbewehrte Drohkulisse aufgebaut, die offenbar vor der Anmeldung und Durchführung von öffentlichen Kundgebungen abschrecken oder diese zumindest erschweren soll. Davon wären dann nicht nur antifaschistische Kundgebungen betroffen, sondern auch Kundgebungen beispielsweise der Friedens-, Umwelt- und Klimabewegung, wie z.B. ‚Fridays for Future‘ oder ‚Ende Gelände‘.“ Anders als die Schwarz-Gelbe Landesregierung sieht die VVN-BdA, dass das neue NRW-Versammlungsgesetz „die Straße für Neofaschisten und Rechtsextremisten frei mache“.

Bei der Kölner Demonstration am Samstag wurden zudem die ausufernde Videobeobachtung durch die Kölner Polizei und die europäische Verschärfung des Versammlungsgesetzes durch ähnliche Gesetze in England, Griechenland oder Frankreich aufgezeigt.

Ein Redner des Antifa AK Köln, so das schriftliche Statement, spannte am Samstag den Bogen zu dem 2018 beschlossenen Polizeigesetz und stellte die neue Gesetzesinitiative in den Kontext immer ausufenderer Befugnisse für die Exekutive. So werde die sogenannte „Polizeifestigkeit“ abgeschafft, welches den grundsätzlichen Schutz einer Versammlung vor polizeilichen Maßnahmen sichert. Denn das Versammlungsgesetz schließt einen Rückgriff auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht derzeit aus. Im Kern bedeutet dies, dass eine Versammlung, die nicht verboten oder aufgelöst ist, grundsätzlich unter dem Schutz des Art. 8 Abs.1 GG steht. Damit sind alle Maßnahmen der Polizei gegenüber Teilnehmenden zur Gefahrenabwehr auf der Grundlage der Polizeigesetze rechtswidrig. In der Praxis bedeutet dies, dass die Polizei oder der Versammlungsleiter die Versammlung erst auflösen muss, um Identitätsfeststellungen durchzuführen.

Luzie Stift, die Sprecherin des Bündnisses in einem schriftlichen Statement: „CDU und FDP wollen unter dem Schutz der Corona Pandemie ein Gesetz auf den weg bringen, welches Proteste gegen Kohlekraftwerke oder das blockieren von Naziaufmärschen unmöglich machen. Das dürfen wir nicht zulassen!“ Neben Köln wurde auch in Bonn am Samstag gegen das neue NRW-Versammlungsgesetz demonstriert.

Am 30. Juni soll das Gesetz im Landtag beschlossen werden. Für den 26. Juni ist in Düsseldorf eine NRW-weite Großdemonstration dagegen angekündigt.

Autor: red
Foto: Das Pressefoto zeigt ein Transparent aus der Demonstration. | Foto: Luzie Stift