Köln | Vor rund 50 Jahren gab es eine intensive Debatte um eine Gebietsreform in Köln. Im Beamtendeutsch hieß der Titel des neuen Gesetzes, das der Landtag NRW debattierte: „Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden und Kreise des Neugliederungsraumes Köln“. Einfach genannt wurde es das Köln-Gesetz und Köln damals zur Millionenstadt. Als Wesseling aus Köln wieder ausgegliedert wurde, dauerte es Jahrzehnte bis Köln 2010 sich wieder Millionenstadt nennen durfte. Ein Rückblick auf die NRW-Gebietsreform, das Köln-Gesetz und wie der Kölner Karneval in den 1970er Jahren darauf reagierte.

Das Köln-Gesetz

Das Köln-Gesetz wurde am 5. November 1974 verabschiedet und trat am 1. Januar 1975 in Kraft. Es gehört zur Gebietsreform der 1960er und 1970er Jahre in NRW. Köln und die Stadt umgebenden Kreise und Städte, wie wir sie heute kennen entstanden damals. Also die Stadt Köln, Leverkusen, der Rhein-Erft-Kreis, der Rheinisch-Bergische-Kreis und der Oberbergische Kreis. Wesseling wurde damals zunächst ein Kölner Stadtteil. Die Wesselinger lehnten dies ab und setzten sich durch. Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen entschied, dass Wesseling nicht nach Köln eingemeindet werde.

Der Gesetzentwurf erreichte den Landtag am 24. Mai 1974. Am 12. Juni 1974 fand die erste Lesung statt und am 19. September 1974 legte der Ausschuss dem Landtag seinen Bericht vor. Efferen blieb bei Hürth und wurde nicht in das Stadtgebiet Köln eingemeindet. In der zweiten Lesung des Köln-Gesetzes am 25. September 1974 wurde über die Änderungsanträge von CDU und SPD beraten und abgestimmt.

Entscheidung zu Porz im Hammelsprung

Mitglieder der CDU-Fraktion, der SPD und ein FDP-Mann wollten, dass Porz am Rhein selbstständig bleibe und kein Teil von Köln werde. Am Ende entschied sich der Landtag per Hammelsprung für die Eingemeindung. Eine Entscheidung, die viele alte Porzer bis heute für einen Fehler halten.

Die SPD-Fraktion im Landtag wollte damals, dass der Ortsteil Marsdorf bei Frechen bleibe. Dieses Ansinnen lehnte der Landtag damals ab ohne zu wissen, welche Debatten heute über den Stadtteil Marsdorf geführt werden. Stichpunkte sind das Frischezentrum oder die Verlagerung des 1. FC Köln, der dies ablehnt.

Die SPD wollte damals auch Pulheim, Brauweiler, Sinnersdorf und Stommeln vollständig nach Köln eingliedern. Dafür fand sich damals im Landtag keine Mehrheit.

Die dritte Lesung des Köln-Gesetzes fand am 27. September 1974 statt. Dabei ging es um die Städte Wesseling, Porz und Bensberg und es kam zu einer Korrektur der Grenze zwischen Leverkusen und Köln.

Aufgelöst wurde damals der Kreis Köln und Bergheim Erft. Neu gegründet wurde der Rhein-Erft-Kreis. Auch die Gerichte wurden teilweise neu zugeordnet, so wurde etwa die Gemeinde Pulheim dem Amtsgericht Köln zugeordnet und Lechenich, bisher in Bonn, wurde Köln eingegliedert. Auch für Kölns Nachbarstadt Bergisch-Gladbach gab es eine Neuerung, dort wurde Bensberg eingegliedert.

Köln wird kurz zur Millionenstadt

Nach der Gebietsreform verzeichnete Köln 1.013.771 Einwohner:innen, so die amtlichen Zahlen des Landes NRW. Möglich wurde dies durch die Eingemeindungen in die Stadtbezirke Porz, Rodenkirchen, Lindenthal und Chorweiler.  1976 wurde Wesseling als Stadt wieder ausgegliedert und damit sank die Zahl der Kölner Einwohner:innen auf 981.000. Seit 1991 schaffte Köln wieder den Sprung über die Millionengrenze, wenn man Erst- und Zweitwohnsitz zählte. 2010 verkündete der damalige Oberbürgermeister Jürgen Roters dann stolz „Köln ist Millionenstadt“. Denn 2010 wohnten mehr als eine Million Kölner:innen mit Erstwohnsitz in den Stadtgrenzen Kölns.

Diese Städte und Gemeinden wurden eingemeindet:
• Stadt Porz
• Stadt Wesseling (wieder ausgegliedert)
• Rodenkirchen
• Lövenich
• Esch, Pesch, Auweiler
• Marsdorf
• Widdersdorf

Kölns Fläche wuchs damals von 251 auf 482 Quadratkilometer an.

Der Kölner Karneval reagierte mit Motto

Das Festkomitee Kölner Karneval führte am 10. Februar 1975 seinen Rosenmontagszug unter dem Motto „Seid umschlungen Millionen – Europas jüngste Millionenstadt“ durch. Unter anderem war eine riesige Pappmache-Figur einer Mutter Colonia zu sehen, die ein schreiendes Baby mit blauem Strampler und gelben Applikationen auf dem Arm trug. Auf dem Strampler die Aufschrift „Pro Porz“. Auf dem Schild stand „Der Millionste Bürger“. Der Rosenmontagszug fing die kritischen Momente der Gebietsreform ein, wie etwa die Hochnäsigkeit mancher Kölner:innen gegenüber den eingemeindeten ländlichen Kommunen. So lautete das Motto eines der Persiflagewagen „De Boore-Sau weed Stadt-Wauwau“. Gut daran zu erkennen, wie derbe sich der Kölner Karneval damals in den 1970er Jahren noch ausdrückte.

Dass Porz und Wesseling mit der Eingemeindung 1975 nicht einverstanden waren, zeigte eine Persiflage, die Köln als Hundefänger und die neuen Kommunen als Hunde darstellte. Das Thema wurde auch noch 1976 gezeigt in Form einer heulenden Mutter Colonia, die Porz mittlerweile ausgewachsen auf dem Arm hielt und Wesseling, das mit Tröte davonmarschierte. Mutter Colonia trug ein Schild, auf dem das Wort „Millionen“ durchgestrichen war und nur „Stadt“ übrigblieb.

Im Kölner Karneval ist die Gebietsreform bis heute an den vielen unterschiedlichen Dreigestirnen, die es in Köln bis heute gibt, noch spürbar. So hat Porz ein eigenes Dreigestirn und einen eigenen Festausschuss, der bis heute nicht Teil des Festkomitee Kölner Karneval ist. Aber auch die Altgemeinde Rodenkirchen oder in Esch, um nur einige zu nennen, gibt es eigene Dreigestirne.

Die Gebietsreform in NRW

In den 1960er Jahren setzte sich in NRW die Haltung durch, dass eine Gebietsreform geboten war. Viele Gemeindestrukturen gingen auf das 19. Jahrhundert zurück und waren zuletzt in den Jahren 1926, 1928 und 1929 reformiert worden. Eigentlich war die Gebietsreform eine Verwaltungsreform, die vor allem die Verwaltungen stärken sollte, denn aus rund 2.300 selbstständigen Kommunen wurden 396 Städte und Gemeinden. Damit sollte eine leistungsfähigere Verwaltung geschaffen werden. Es regierten damals – nach einer langen Phase einer CDU geführten Landesregierung unter Franz Meyers – die Sozialdemokraten mit den Kabinetten Kühn I, II und III unter Ministerpräsident Heinz Kühn und FDP im Land und waren beseelt davon, dem Land eine modernere Gestalt und Verwaltung zu geben. In Köln war damals John van Nes Ziegler von der SPD Oberbürgermeister.

Das Gesetz im Netz

Das Köln-Gesetz findet sich mit allen Details hier im Netz:

https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=2&ugl_nr=2020&bes_id=4054&menu=1&sg=0&aufgehoben=N