Köln | Am gestrigen Freitag fand am Kölner Landgericht der Prozessauftakt gegen einen 29-jährigen Briten statt, der mutmaßlich für die am 27.November .2016 ausgeübten Angriffe auf „Speedport“-Router der deutschen Telekom verantwortlich sein soll. Der Angriff war erfolglos, führte jedoch bei über 1,2 Millionen Kundenanschlüssen zu Abstürzen Ihrer Router. Der Telekom soll hierdurch ein Schaden in Höhe von mehr als 2 Millionen Euro entstanden sein.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten versuchte gewerbsmäßige Computersabotage vor. Dafür könnten dem, unter dem Codenamen „Spiderman“ oder „Peter Parker“ auftretenden, Angeklagten eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu 10 Jahren drohen.

Schnittstelle genutzt

Um Zugriff auf die Router der betroffenen Telekom-Kunden zu erhalten, nutzte der Angeklagte eine Schnittstelle über das normalerweise das Fernwartungsprotokoll der Telekom zum Zweck von Wartungsarbeiten am Router zum Einsatz kommt, so die Erkenntnisse der Ermittler, die weiter ergaben, dass er eine Schadsoftware eingesetzt habe, um die Router in ein weltweites sogenanntes Botnetz einzugliedern. Dies bestätigte sich bereits am ersten Prozesstag. Wikipedia definiert Botnetze so: „Ein Botnet oder Botnetz ist eine Gruppe automatisierter Schadprogramme, sogenannter Bots. Die Bots (von englisch: robot „Roboter“) laufen auf vernetzten Rechnern, deren Netzwerkanbindung sowie lokale Ressourcen und Daten ihnen, ohne Einverständnis des Eigentümers, zur Verfügung stehen.“

Motivlage des Täters

So sei es nicht das Ziel des Angeklagten gewesen, einen Absturz der Router von Kunden der Telekom herbeizuführen, erklärte er in der Verhandlung. Vielmehr habe er im Auftrag einer liberianischen Firma, die sich besagtes weltweites Botnetz zur Schädigung eines Konkurrenten zunutze machen wollen, gehandelt. Dies schlug jedoch fehl. In einem der von dem Angeklagten eingesetzten Codes befand sich ein fehlerhafter Zeilenumbruch. Durch diesen führte der Einsatz der Schadsoftware nicht etwa zu einer Eingliederung der Router in das Botnetz, sondern nur zum Absturz der Geräte. Dass die Eingliederung in das Botnetz fehlgeschlagen war, realisierte der Angeklagte erst durch Informationen aus den Medien. Seine erste Reaktion beschrieb er vor Gericht so: „Oh shit“.
Die konkret notwendige Schadsoftware und das nötige Wissen zu ihrem Einsatz, habe der Angeklagte auf einer Internetseite erworben. Diese sei öffentlich zugänglich, sodass die nötigen Mittel zur Tat nicht etwa nur auf einem – so vom Vorsitzenden Richter der Strafkammer betitelten – „Hackerforum“ zu finden seien, sondern für Jedermann zur Verfügung stünden. Zu einer möglichen Tatbeteiligung Dritter wollte sich die Staatsanwaltschaft am ersten Prozesstag öffentlich nicht äußern.

Angeklagter zeigt Reue

Der Angeklagte bekannte in seiner Einlassung zu Beginn der Verhandlung, dass die Anklagepunkte der Staatsanwaltschaft im Wesentlichen der Wahrheit entsprechen würden. Er „bedaure und bereue“ was er getan habe und berichtete der 18. Großen Strafkammer von seinem Negativerlebnis, bei seiner Festnahme in London am 22. Februar zum ersten Mal seiner persönlichen Freiheit beraubt worden zu sein. Bereits mit der Verhaftung in London fasste er, so seine Aussage, schnell den Entschluss sich gegenüber den Ermittlungsbehörden kooperativ und geständig zu verhalten. Erst nach internationaler Fahndung erfolgte die Festnahme in Großbritannien und die Überstellung des mutmaßlichen Hackers an die deutschen Behörden.

Hacker-Autodidakt legt Telekom lahm

Für ihn sei es das erste Mal, dass er sich an einer solchen Aktion beteilige. Der 29-jährige Brite verfügt weder über ein abgeschlossenes Studium noch Berufsausbildung. Die nötigen IT-Kenntnisse, für die ihm vorgeworfene Tat, erwarb er durch einfache Recherche im Internet. Mit IT-Technik beschäftigte er sich bereits seit seinem 11. Lebensjahr, erklärte er. Grund für die Annahme des Hacker-Auftrages seien vor allem wirtschaftliche Gründe gewesen. Mit seinen selbst erworbenen IT-Kenntnissen habe er sich und seine Verlobte finanziell absichern wollen. Deshalb habe er der Versuchung nicht widerstehen können und versuchte, so seine Aussage, schlicht auszublenden, dass er womöglich gegen das Gesetz verstoße. So erhielt er für die Ausführung des Auftrags von der liberianischen Firma einen Geldbetrag in Höhe von 10.000 US-Dollar. Das Geld wurde bei seiner Festnahme in London beschlagnahmt.
Auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters, sagte der Angeklagte aus, er wolle versuchen einer geregelten Arbeit nachzugehen und seine Verlobte heiraten. Sein Ziel sei es von nun an ein „neues und ganz anderes Leben zu leben“.
Für den Prozess sind zwei Verhandlungstage angesetzt. Eine Verkündung des Urteils der 18. Großen Strafkammer am Landgericht Köln soll planmäßig am 28. Juli erfolgen.

Autor: Louis Goral-Wood