Köln | Holzschnitte zu kolorieren war längst eine gängige Praxis, doch was der Italiener Ugo da Carpi Anfang des 16. Jahrhunderts erfand, war eine künstlerische Sensation, verlieh seinen Arbeiten durch Hell-Dunkel-Effekte eine geradezu atemberaubende malerische Tiefenwirkung. Eine Kammerausstellung des Wallraf-Richartz-Museums zeigt jetzt 37 Beispiele diese „Chiaroscuro-Technik“.

Chiaroscuro – das Wort fasst zusammen, wie in mehreren Druckstufen helle (chiaro) und dunkle (scuro) Flächen einer Farbe entstehen. Ein Druckverfahren, das sich vor allem für die Wiedergabe von lavierten Zeichnungen eignet – im Unterschied zum Mehrfarbdruck, bei dem Druckstöcke mit unterschiedlichen Farben eingesetzt werden.

Die Ausstellung zeigt hierfür ein Beispiel, als Farbe wurde ein unterschiedlich starkes Grün genommen. Der erste Druckstock gab die „Grundaufteilung“ wieder, ihr Charakteristikum: Die hellen Stellen des späteren Bildes wurden freigelassen, nahmen also keine Farbe an. Auf den Druckstöcken 2 und 3 wurden die hellen und dunklen Stellen entsprechend vergrößert und verkleinert.

Vor allem lavierte Zeichnungen konnten meisterlich wiedergegeben werden

Die Stellen, die so dreimal bedruckt wurden, waren am Ende die dunkelsten, die anderen zeigten entsprechend hellere und dunklere Tonwerte oder eben nur weiß – hell wie ein Lichtreflex. Am Schluss wurden mit Schwarz die typischen Holzschnitt-Linien und ganz dunkle Flächen gedruckt. mit unterschiedlichen .

Die Arbeiten von Ugo da Carpi und seinen Kollegen Antonio da Trento, Andrea Andreani und Niccolo Boldrini wurden eher zufällig von der Praktikantin Nina Kraus in der Graphik-Sammlung des Museums entdeckt. Rund 100 Arbeiten sind es, von denen jetzt 37 ausgestellt werden. Meist „Endprodukte“, aber bei vier Motiven lassen sich mindestens zwei Druckzustände vergleichen.

Carpi & Co. arbeiteten oft eng mit prominenten Zeitgenossen wie Raffael, Tizian, Parmigianino oder Mantegna zusammen, deren Vorlagen sie in Drucke umsetzten. In der Kunstgeschichte gerieten sie bald in Vergessenheit. So öffnet diese Ausstellung den Blick auf ein unbekanntes Kapitel der Druckgraphik – unbedingt sehenswert.

[infobox]„Eine graphische Revolution. Der italienische Farbholzschnitt des 16. Jahrhunderts““ – bis 14. Januar 2018, Wallraf-Richartz-Museum, Obermarspforte, Di-So 10-18 Uhr, jeden ersten und dritten Donnerstag im Monat 10-22 Uhr. Katalog: 10 Euro

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Autor: ehu | Foto: Wallraf-Richartz-Museum
Foto: Ugo da Carpi schuf seinen Farbholzschnitt „Diogenes“ um 1527.