San Francisco | Jimmy Wales, Internet-Unternehmer und Gründer der Online-Enzyklopädie Wikipedia, sorgt sich um den Fortbestand der Demokratie. „Die bisherige Entwicklung“ von Fake News, sozialen Netzwerken und alternativen Fakten sowie der Absturz früherer Finanzierunsgmodelle des klassischen Journalismus hätten „teils drastische gesellschaftliche Konsequenzen, vom Aufkommen radikaler Parteien bis zum Brexit“, sagte Wales dem „Handelsblatt“ (Mittwochsausgabe). Da die Wahl in Großbritannien „ja sehr knapp ausging, hätte es jedenfalls anders kommen können, wenn die Leute Zugang zu genaueren Informationen gehabt hätten“.

Wales fügte hinzu: „Auch Trump zeigt exemplarisch: Es geht nur noch darum, Lärm, Lärm, Lärm zu machen. Da mache ich mir um die Zukunft der Demokratie wirklich Sorgen.“ Das wichtigste Problem sei dabei „schlicht die unter dem ökonomischen Druck immer stärker leidende Qualität der etablierten Medien und damit einhergehend die Erosion journalistischer Standards“.

Das werde gerade für jene zur Bedrohung, die sich vor allem aus dem Werbegeschäft finanzieren. „Die Leute haben die Überspitzungen und Halbwahrheiten allmählich satt, sie sind ja nicht dumm. Und jüngere Umfragen zeigen, wie dramatisch zum Beispiel das Vertrauen in soziale Medien als Informationsquelle abgenommen hat“, so der Wikipedia-Gründer.

Das sehe er durchaus als Chance des etablierten Qualitätsjournalismus. Auf die Frage, wie er seine eigene Schöpfung Wikipedia heute finde, sagte Wales: „Sicher noch längst nicht perfekt. Aber die jüngsten Studien haben doch gezeigt, dass es sich mit anderen Enzyklopädien durchaus messen kann. Für mich selbst ist Wikipedia immer noch nicht gut genug, aber es entwickelt sich anständig.“ Wales war schon vor Jahren aus der Führung von Wikipedia ausgeschieden und hat im vergangenen Jahr WikiTribune gegründet. Auf der News-Plattform sollen professionelle Journalisten und Leser künftig gemeinsam an Reports und Recherchen arbeiten.

Autor: dts