Düsseldorf | Nordrhein-Westfalens Arbeitsmarkt steht 2013 womöglich wieder stärker unter Druck. Die Arbeitgeber rechnen angesichts eines erwarteten Wirtschaftswachstums von nur 0,7 Prozent nicht damit, dass die Betriebe neue Stellen schaffen. „Die Zahl der Arbeitslosen dürfte wohl eher leicht zunehmen“, sagte der Präsident des Arbeitgeberverbandes Unternehmer NRW, Horst-Werner Maier-Hunke, der Nachrichtenagentur dapd. Eine konjunkturelle Krise sieht er aber trotz anhaltender Turbulenzen in der Eurozone nicht am Horizont.

„Wir sind unterm Strich gut aufgestellt“, machte er deutlich. Im Vergleich zu den europäischen Nachbarländern sei die wirtschaftliche Entwicklung im anhaltend exportstarken NRW immer noch gut: „Wir sind ein Fels in der Brandung.“ Angesichts der Exportabhängigkeit der NRW-Wirtschaft warnte Maier-Hunke vor einem „Zerreden“ des Euro: „Wir haben eine Staatsschuldenkrise, aber keine Krise des Euro.“

Mit Blick auf die Debatte um die Zunahme von schlecht bezahlter und unsicherer Beschäftigung warf Maier-Hunke, der Chef des Iserlohner Büroartikelherstellers Durable ist, den Gewerkschaften eine Dramatisierung vor: „So schlimm ist die Lage gar nicht.“ Ein maßgeblicher Teil prekärer Beschäftigungsverhältnisse komme auf Wunsch der Mitarbeiter zustande: „Viele Menschen wollen nach meiner Erfahrung eine individuelle Arbeitszeit und nicht unbedingt Vollzeit arbeiten. Dafür nehmen sie Abschläge in Kauf.“ Allein in seinem Unternehmen gebe es inzwischen mehr als 30 Arbeitszeitmodelle.

DGB sieht prekäre Beschäftigung als „Zukunftsbombe“

Dagegen warnte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in NRW zum Jahreswechsel vor den Folgen prekärer Beschäftigung: Die Ausweitung von Minijobs, Teilzeit, befristeten Arbeitsverhältnissen und Leiharbeit sei einer der Hauptgründe für die soziale Spaltung der Gesellschaft und die wachsende Armut im Alter, sagte der DGB-Landesvorsitzende Andreas Meyer-Lauber der Nachrichtenagentur dapd: „Wir müssen die Arbeitswelt dringend neu ordnen.“ Über ein Fünftel aller Beschäftigten arbeite inzwischen im Niedriglohnsektor.

„Wer im Arbeitsleben arm ist, ist im Alter noch ärmer. Da tickt eine Zukunftsbombe“, warnte Meyer-Lauber. Vor diesem Hintergrund fordert der DGB NRW einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro die Stunde. Zudem müssten vor allem für Minijobber, von denen es allein in NRW rund 1,8 Millionen gebe, die Arbeitsbedingungen verbessert werden. „Notwendig ist, die Minijobs schon ab dem ersten Euro sozialversicherungspflichtig zu machen“, mahnte Meyer-Lauber. Damit könne vermieden werden, dass die Minijobs in Bezug auf die Rente zur „ausweglosen Falle“ würden.

Auch mit einer Stärkung der Betriebsräte will der DGB die Ausweitung prekärer Beschäftigung verhindern. Dazu müsse das jüngst 60 Jahre alt gewordene Betriebsverfassungsgesetz entsprechend nachgebessert werden. Künftig sollten Betriebsräte mitentscheiden dürfen, ob und in welchem Maße Leiharbeit oder Werkverträge in der Firma zum Einsatz kämen. „In einigen Branchen haben wir das bereits über Tarifverträge geregelt. Am Besten wäre aber eine gesetzliche Lösung, die für alle gilt“, zeigte sich Meyer-Lauber überzeugt.

Autor: Frank Bretschneider, dapd