Das Symbolfoto zeigt Bergbau in Sibieren. Das Foto ist undatiert.

Berlin | dts | Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht die Energiepreise nur vorübergehend auf einem so hohen Niveau. „Erstmal wird es am Ende durch die energiepolitischen Maßnahmen billiger. Die erneuerbaren Energien sind günstiger als Gas und Kohle“, sagte er dem Fernsehsender Phoenix. Experten sagen: Russische Kohle, Öl und Gas kurzfristig nicht zu ersetzen

„Was wir im Moment erleben – den starken Anstieg der Preise – ist ein Anstieg im fossilen Bereich. Wenn wir jetzt Kohle perspektivisch bis 2030 abschalten mit einem ehrgeizigen Ziel und stark die Erneuerbaren ausbauen, brauchen wir Gaskraftwerke, um die Lücken aufzufüllen.“ Sei diese Strecke geschafft, werde es insgesamt günstiger werden.

„Nur die Transformation und diese Phase nach Corona, eine anlaufende Weltwirtschaft, hohe Spekulationen, die Krise in der Ukraine und Russland, das den Gashahn relativ eng hält – das ist eine Zeit, wo die Preise durch die Decke gehen können.“ Die Preisentwicklung der letzten Wochen sieht der Bundeswirtschaftsminister als problematisch an. „Die Preise sind zu hoch, das ist in der Tat so. Wir machen jetzt als ersten Schritt die Abschaffung der EEG-Umlage, das sind dann pro Kilowattstunde drei Cent, die es runter geht.“ Damit werde allerdings lediglich der Preisanstieg gedämpft, so Habeck. Weitere Maßnahmen gegen die Preisentwicklung würden noch beraten werden.

„Die sind aber immer sehr, sehr kostenintensiv.“ Darüber hinaus sei für weitere steuerpolitische Schritte „die Schuldenbremse die Grenze“, so der Bundesminister. „Man kann aber sozialpolitisch bei denjenigen, die am bedürftigsten sind, sofort helfen.“

Dazu werde neben der Einführung des Mindestlohns und der Kindergrundsicherung auch der Heizkostenzuschuss beim Wohngeld erhöht.

Experten: Russische Kohle, Öl und Gas kurzfristig nicht zu ersetzen

Im Falle einer Eskalation des Ukraine-Konflikts hätte Deutschland wohl Schwierigkeiten, am Weltmarkt ausreichend Ersatz für womöglich ausbleibende russische Energielieferungen zu bekommen. Über entsprechende Daten und Analysen von Energieexperten berichtet die „Welt am Sonntag“. Nach zum Teil noch unveröffentlichten Daten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) betrug die Energieabhängigkeit Deutschlands im Jahre 2020 insgesamt 64 Prozent.

Die Energieabhängigkeit ist definiert als Verhältnis von Nettoimporten und verfügbarer Bruttoenergie. Den neuen BGR-Zahlen zufolge hatte Russland einen Anteil von 34 Prozent an den deutschen Erdöl-Importen. Bezogen auf den deutschen Verbrauch betrug der Anteil russischer Erdgas-Lieferungen knapp über 50 Prozent.

Die Steinkohlen-Importe stammten zu 45 Prozent aus Russland. Steinkohle-Kraftwerke haben aktuell einen Anteil von 9,3 Prozent an der Deckung des deutschen Strombedarfs. „Energierohstoffe in dieser Größenordnung lassen sich nicht kurzfristig substituieren“, sagte Martin Pein, Energieexperte der BGR. „Eine Marktstellung, wie sie Russland bei Kohle, Gas und Öl hat, schnell und vollständig zu ersetzen ist äußerst schwierig bis unmöglich.“ Ähnlich äußerte sich Hubertus Bardt, Leiter Wissenschaft des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln): „Die Möglichkeiten der Substitution von Gas durch andere Energieträger sind beschränkt“, sagte er.

Das sei bestenfalls in kleinen Teilen der Stromproduktion möglich. „Das Potenzial, Gas- durch Kohlekraftwerke zu ersetzen, dürfte unter zehn Prozent des Gasverbrauchs liegen“, sagte der IW-Wissenschaftler. „In der Industrie gibt es praktisch keine nennenswerte kurzfristige Ersatzmöglichkeit, bei der Hausheizung auch nicht.“