Wolfgang Bosbach gilt als einer der profiliertesten Politiker der Republik. Foto: privat

Köln | Er ist einer der profiliertesten und beliebtesten Politiker der Republik. Zeigt Haltung, spricht Klartext und geht keiner sachlichen Auseinandersetzung aus dem Weg.

Im großen Interview mit report-k.de erklärt CDU-Urgestein Wolfgang Bosbach (69) seine Sicht der Dinge im aktuellen Ukraine-Krieg. „WoBo“ über Lambrecht, Merkel, Baerbock und Merz!

Herr Bosbach, wie bewerten Sie das Verhalten, die Kompetenz der neuen Bundesregierung im Ukraine-Krieg?

WoBo: Auch wenn ich bekanntlich seit nunmehr 50 Jahren in der Union aktiv bin: Als Bürger dieses Landes fühle ich mich in der aktuellen Krise von der Regierung im Grossen und Ganzen gut vertreten.

Zwar war der Kanzler zu Beginn der Krise in puncto Hilfen für die Ukraine zu zögerlich,  aber die notwendige Kurskorrektur kam schnell und umfassend. Und Annalena Baerbock hat vor der Vollversammlung der UN die richtigen Worte gefunden.

Kein Diplomatensprech, sondern Klartext. Respekt. Sorgen mache ich mir allerdings um unsere Verteidigungsministerin. Ich bin mir nicht sicher,  ob sie dieser Herkulesaufgabe gewachsen ist.

Wolfgang Bosbach: „Angela Merkel hätte nicht anders handeln können als Scholz“

Würde Angela Merkel deeskaliert haben können?

WoBo: Angela Merkel hätte in dieser Lage auch nicht wesentlich anders handeln können, als es Olaf Scholz getan hat. Präsident Putin war wohl schon seit Monaten „omnimodo facturus“- also unter allen Umständen zur Tat – zum Krieg- entschlossen.

Ist der Westen an dem Drama selbst schuld?

WoBo: Nein! Es ist doch erkennbar Unsinn, wenn immer noch behauptet wird, Putin müsse sich gegen die NATO militärisch wehren.

Die Ukraine ist nie NATO- Mitglied gewesen, das stand auch gar nicht zur Debatte. Und was soll die völkerrechtswidrige Annexion der Krim mit der NATO zu tun haben? Oder die Invasion im Donbass?

Die Ermordung von Regimekritikern im Ausland, die vielen politischen Prozesse, die Unterdrückung der Opposition? Putin hat keine Angst vor der NATO, sondern vor der Demokratie, denn sie wäre sein Ende.

Wolfgang Bosbach hat mit Ulli Potofski ein Buch veröffentlicht. Foto: Bopp

Als wie realistisch empfinden Sie die Gefahr eines Nuklearkrieges?

WoBo: Die Befürchtung kann ich nachvollziehen, ich halte sie jedoch nicht für begründet. Putin wird nicht so dumm sein einen NATO – Staat anzugreifen, denn dann hätte er sofort die größte Militärallianz der Welt gegen sich und das wäre nicht nur sein persönliches Ende, militärisch könnte Russland nie und nimmer siegen. Das werden ihm seine Generäle schon erklären. Hoffentlich.

Wie schätzen Sie als erfahrener Realpolitiker das Verhalten Putins ein?

WoBo: Unbegreiflich, unverantwortlich, unmenschlich.

Wie hat sich Helmut Kohl zu dem Thema Russland geäußert, Sie haben ihn ja aus nächster Nähe zu Lebzeiten erlebt?

WoBo: Ja, es stimmt, ich war fünf Jahre sein unmittelbarer Büronachbar und wir hatten ein gutes Verhältnis zueinander, inklusive stundenlange, zum Teil sehr persönliche Gespräche.

Ein gutes Verhältnis zu Russland war ihm wichtig, zumal er genau wusste, dass Glasnost und Peristroika, also Offenheit und Umgestaltung in der Sowjetunion durch Präsident Gorbatschow, der Schlüssel für die Wiedervereinigung war.

Wolfgang Bosbach im Gespräch mit Unternehmer Wolfgang von Moers. Foto: Bopp

Wie haben Sie den Rosenmontag empfunden in Köln und was sollte Deutschland Ihrer Meinung nach nun tun, um der Ukraine zu helfen?

WoBo: Eine wunderbare, beeindruckende Demonstration für Frieden, Freiheit, Demokratie und die Wahrung der Menschenrechte. Ohne Krawall und Randale.

Zwei Tage zuvor hatten der Präsident der Roten Funken, H.G. Hunold und J.P. Weber mit seiner Flitsch im Maritim die richtigen Worte zur Krise gefunden. Eins steht fest: Emotionen können wir! (lacht)

Der Staat hilft wo und wie er kann und die gesellschaftliche Hilfe ist beeindruckend.

Wie stehen Sie dem Aufrüstungsplan der Bundesregierung gegenüber?

WoBo: Ich beobachte mit Spannung und Interesse,  ob die Ankündigung auch 1:1 umgesetzt wird,  zumal sich sowohl bei der SPD als auch bei den Grünen schon der Widerstand formiert. 

Im Grunde geht’s nicht um AUFrüstung,  sondern um AUSrüstung und darum,  das 2% Ziel im NATO Verbund einzuhalten,  denn dazu haben wir uns schon vor langer Zeit verpflichtet. 

Hat Friedrich Merz der CDU bereits einen neuen Touch gegeben?

WoBo: Die demoskopische Talfahrt der Union ist jedenfalls schon mal gestoppt und es geht langsam aufwärts. Friedrich Merz findet zur richtigen Zeit die richtigen Worte und ich hoffe, dass sich das bei den anstehenden Wahlen, insbesondere der NRW-Wahl im Mai, auch in Zahlen ausdrückt.