„Für uns ist das ein geniales Weihnachtsgeschenk“, beschrieb Direktorin Petra Hesse die neue Sonderschau des MAKK, die den kürzlich erworbenen Neuzugängen gewidmet ist. Das Besondere der Ausstellung, verriet die Kuratorin Gabrielle Lueg, sei die Gegenüberstellung prominenter Möbel des 19. Jahrhunderts aus dem Hause Thonet mit zwei futuristisch anmutenden Designstühlen der inzwischen etablierten Industrialdesigner Ron Arad und Satyendra Pakhalé. Etwas Besonders sei es deshalb, weil die Designgeschichte mit Thonet ihren Anfang und mit Arad und Pakhalé gewissermaßen ihr Ende nimmt, erklärt Lueg.

Ein Stuhl zum „Nicht-Sitzen“ und ein Pferd aus Stahl
Zugleich setzen sich die Werke Arads und Pakhalés insofern vom ‚klassischen’ Möbeldesign Thonets ab, als dass sie das Cross Over zwischen Bildender Kunst und industriellem Design verkörpern. So habe Arad, das „enfant terrible“, so Loeg, seine Designkarriere als Schweißer in der eigenen Garage begonnen, und sei erst nach und nach zum professionellen Design gekommen. Die Sonderausstellung „Wünsche erfüllt“ zeigt Arads „2 R Not“ (1992), eine Sesselskulptur aus Stahl, die ihren Titel dem Umstand zu verdanken hat, dass zwei Seiten des Stuhls eben nicht zum Sitzen geeignet sind. Neben dieser ‚teilweisen’ Sitzgelegenheit von Arad steht die Kreation Pakhalés, ebenfalls ein Sitz. Dieser trägt den Titel „Bell Metal Horse Chair“ (2000-2007), ist aus sandgestrahlter Bronze gefertigt und ähnelt im Profil tatsächlich einem Pferd. Pakhalé, ein selbsternannter „cultural nomade“, entwirft seine Designstücke in einem aufwendigen Wachsausschmelzverfahren. Deshalb brauche er etwa 7 Jahre für seine Kreationen, von denen im Übrigen jedes einzelne ein Unikat ist, so Loeg.


Foto: Schaukelsofa Nr. 7500, ein Design von August Thonet – der 4. von links auf der Fotografie

Kleine Gruppe mit großer Aussagekraft
Der Fokus der Sonderschau liegt indes auf 10 Möbelstücken aus dem Hause Thonet: „eine kleine Gruppe mit großer Aussagekraft“, so Werner Nett, Leiter der Restaurierung im MAKK und „Thonetologe“. Seitdem er 1985 als Restaurateur im MAKK mit den Möbeln Thonets in Berührung gekommen sei, habe ihn die Leichtigkeit dieser Möbel begeistert. Und das nicht nur wegen des Gewichts, das Netts Schätzungen zufolge bei etwa zwischen 1850 und 2600 Gramm liegt. Die Leichtigkeit zeigt sich insbesondere im filigranen Muster jedes Stuhls, das der von Thonet begründeten Bugholzbiegereitechnik, nach der das Holz unter Wasserdampf gebogen wurde, zu verdanken ist. Doch nicht nur deshalb bezeichnet Nett Michael Thonet als Pionier der Bugholzmöbelindustrie: erst mithilfe des Thonetschen Verfahrens sei es möglich geworden, Möbelstücke für die Serienproduktion herzustellen, erklärt Nett. Somit habe Thonet einen entscheidenen Beitrag zur Möbelgroßindustrie geleistet.

„Ein absoluter Glücksfall“
Das Herzstück der Ausstellung ist der „Bopparder Stuhl“ – ein Stuhl im Biedermeier-Stil, der vermutlich zwischen 1838 und 1842 in Boppard gefertigt wurde. Dass der Stuhl nun im Besitz des MAAK ist, sei „ein absoluter Glücksfall“, erzählt Nett. Doch auch die anderen Ausstellungsobjekte, die jeweils nach Jahrzehnten sortiert sind, haben einen ganz besonderen Wert. Sie alle, so Nett, zeigten die Entwicklung der Thonetschen Designarbeit – und zwar von den 50er bis in die 90er Jahre des 19. Jahrhunderts. Mit ihren damals für „einfach“ befundenen Möbeln kämpften Michael Thonet und seine fünf Söhne gegen den Pomp und Prunk des damaligen Stils an. Mit Erfolg: In den 60er Jahren bereits hatte die Firma Thonet eine Monopolstellung im Land inne; nicht zuletzt wegen ihrer Teilnahme an der Gewerbe- und Industriemesse im Weltausstellungsgebäude in London 1851 und in der Deutschen Allgemeinen Industrieausstellung in München 1854. Beide Stationen werden auf historischen Fotografien, die an der Wand über den Stühlen Platz nehmen, dokumentiert. Darüber hinaus wird die Firmengeschichte, und damit die Pionierzeit der Großindustrie, mit Originaltexten, einem Möbelplakat aus den 1870er Jahren sowie einer Foto-Dokumentation über die Thonetsche Verfahrenstechnik von 1992 vervollkommnet.

Infobox:
„Wünsche erfüllt! Die Neuzugänge im MAKK“
20. Dezember 2011 bis 26. Februar 2012
MAKK . Museum für Angewandte Kunst Köln

Öffnungszeiten:
Di bis So: 11:00 bis 17:00 Uhr
1. Do im Monat: 11:00 bis 22:00 Uhr
Mo geschlossen

Eintritt: 5, erm. 3 Euro

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