Köln | 100 Jahre alt würde Heinrich Böll in diesem Jahr. Anlass für seinen Sohn René, ihn gegen all die zu verteidigen, die ihm langweilige Sprache und „out of time“ vorwerfen. So freut er sich, wenn die Veranstaltungsreihe der Stadt zu diesem Jubiläum das Bild seines Vaters „zurechtrückt“. Am Donnerstag stellte Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach das städtische Programm vor.

Und sie hatte gleich eine Überraschung bereit: Das Preisgeld für den Kölner Literaturpreis – seit 1980 verliehen, seit 1985 nach Heinrich Böll (1917-1985) benannt – wird „dauerhaft“ um 10.000 auf 30.000 Euro erhöht. Am 25. November – einen tag nach der diesjährigen Verleihung, der Preisträger steht noch nicht fest – treffen sich sechs ehemalige Gewinner – darunter Jürgen Becker (1995), Marcel Beyer (2001) und Eva Menasse (2013) – und werden sich mit eigenen Texten mit Böll auseinandersetzen.

Mit „Ansichten eines Clowns“ startete das Schauspiel ins Jubiläumsjahr

Veranstaltungsort ist – bei freiem Eintritt – das Schauspielhaus in Mülheim. Dort wurde das Böll-Jahr schon im Februar mit „Ansichten eines Clowns“ eröffnet. Die Dramatisierung des gleichnamigen Böll-Romans wurde von der Kritik gefeiert, die nächsten Vorstellungen sind schon ausverkauft, kann sich Intendant Stefan Bachmann freuen. Doch wird das Stück wohl in die nächste Spielzeit übernommen.

Oper feiert Böll mit einem Auftragswerk

Auch die Oper feiert Bölls Geburtstag. Gemeinsam mit dem Ensemble Musikfabrik zeigt si das Auftragswerk „… zu weit gehen (Der Engel schweigt)“ (Arbeitstitel). Grundlage ist die Rede, die der Nobelpreisträger 1966 zur Eröffnung des Schauspiels Wuppertals hielt. Ihr Titel: „Die Kunst ist frei, ist geordnet und untröstlich“. Dieser Diskurs über das Verhältnis von Kunst, Gesellschaft und Politik habe auch heute noch Gültigkeit, so Opernchefin Birgit Meyer. Das Libretto schreibt Stefanie Wördemann, die Musik Helmut Oehring. Das Ergebnis wird ein „instrumentales audio-visuelles Werk“ für 16 Instrumentalisten, 3 Sängerinnen und 25 Kinder und Jugendliche sein. Premiere: 9. Dezember.

Auch das Hänneschen-Theater reiht sich in den Geburtstagschor ein

Als dritte städtische Bühne ist auch das Hänneschen-Theater dabei: Hier wird am 30. April das Böll gewidmete Buch „Freipass, Band 2“ vorgestellt. Ihm liegen zwei CDs mit den Reden von Böll und Günter Grass bei, dies sie bei der Überreichung der Literaturnobelpreise hielten.

In der Stadtbibliothek wird ein unbekanntes Kriegstagebuch vorgestellt

In der Stadtbibliothek ist das Heinrich-Böll-Archiv beheimatet. In Zusammenarbeit mit dem LiK-Archiv (Literatur in Köln) veröffentlicht es in der zweiten Jahreshälfte den 5. Band der Schriftenreihe „lik“. Er begleitet eine Ausstellung, die Heinrich Böll und die bildende Kunst behandelt, untersucht werden unter anderem die bildkünstlerischen Aspekte in dessen Arbeiten.

Hier gibt es auch die zweite Überraschung im Böll-Jahr: Präsentiert wird am 18. Oktober ein bislang unbekanntes Kriegstagebuch, das bei Kiepenheuer & Witsch erscheint. Unklar ist noch der Erscheinungstermin einer Böll-Biografie von Jochen Schubert. Am „Internationalen Vorlesetag“ (17. November) erscheint Emile Bravos Kindercomic „Der kluge Fischer“ nach der Böll-Novelle gleich in einem Dutzend Sprachen. Die deutsche Fassung des ersten „Jungen Buchs für die Stadt“ wird am 25. Mai vorgestellt.

Das Objekt der Fotografen-Begierde ist im Museum Ludwig zu sehen

Die Ausstellung „Die humane Kamera – Heinrich Böll und die Fotografie“ (1. September 2017 bis 7. Januar 2018) ist der Beitrag des Museums zum 100. Geburtstag. Präsentiert werden nicht nur Porträts des Schriftstellers, etwa solche von Heinz Held, sondern auch Fotobände von Chargesheimer, zu denen Böll die Texte schrieb. Ein Thema auch die Bedeutung der Fotografie für die schriftstellerische Arbeit und schließlich der private Umgang mit Fotos, die fast überall in seiner Wohnung hingen. Schließlich:

Das Käthe-Kollwitz-Museum erinnert an Bölls künstlerisches Credo

Im Veranstaltungsreigen mischt auch das Käthe-Kollwitz-Museum mit einer literarisch-musikalischen Hommage (Eintritt frei) Er war immer glaubwürdig und ohne LAgerdenkenmit. Unter dem Titel „Eine Ästhetik des Humanen“ liest am 31. Mai die Schauspielerin Anja Lais Texte aus der Frankfurter Poetik-Vorlesung, in der Böll 1964 sein künstlerisches Credo entwickelte, Peter Stein spielt die Viola-Sonate »…an den Gesang eines Engels« von Bernd Alois Zimmermann, einem Freund des Schriftstellers.

Neben dem Schriftsteller wird die Heinrich-Böll-Stiftung vor allem den politisch Engagierten in den Mittelpunkt ihrer Veranstaltung nicht nur in Köln, sondern auch international stellen. René Böll über seinen Vater: „Er würde sich auch heute einmischen: Er war immer glaubwürdig, Lagerdenken kannte er nicht.“

[infobox]Weitere Informationen: www.stadt-koeln.de/leben-in-koeln/kultur/100-geburtstag-von-heinrich-boell und www.boell100.com

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Autor: ehu | Foto: ehu
Foto: Renè Böll zeigt Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach, wo die Veranstaltungen der Böll-Stiftung im Internet zu finden sind. Foto: ehu