Berlin | Rund 1.000 Grundschulen in Deutschland müssen ohne feste Schulleitung auskommen. Das ergab eine Umfrage der „Welt am Sonntag“ unter den Kultusministerien der Bundesländer. An etwa jeder zehnten Grundschule gebe es derzeit nur einen kommissarischen Schulleiter.

Hauptursache ist dem Bericht zufolge, dass Grundschulchefs deutlich weniger verdienen als ihre Kollegen von weiterführenden Schulen – und nur wenig mehr als Grundschullehrer ohne Leitungsfunktion. Die Länder weisen darauf hin, dass in vielen Fällen die Suche nach Nachfolgern für ausgeschiedene Schulleiter laufe und einige auch schon gefunden seien. Die „Welt am Sonntag“ berichtet allerdings über Fälle, in denen Grundschulen schon seit Jahren einen neuen Leiter suchen, es jedoch keinen Bewerber gebe.

Besonders dramatisch ist die Situation demnach in Berlin und Nordrhein-Westfalen. In der Hauptstadt habe jede fünfte Grundschule entweder keinen Rektor oder keinen Konrektor. In Nordrhein-Westfalen haben von 2.787 Grundschulen 345 keine Schulleiter und 670 keinen Stellvertreter, schreibt die Zeitung.

Probleme in etwas geringerem Umfang haben demnach auch Hamburg, das Saarland und Bremen. Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gaben an, die Zahlen nicht zentral zu erfassen. Auch dort müssen Schulleiterstellen aber oft mehrmals ausgeschrieben werden.

„Das Problem unbesetzter Schulleitungsstellen ist nicht auf Knopfdruck zu lösen“, sagte NRW-Schulministerin und Vize-Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann (Grüne). „Deswegen arbeiten wir daran, die Arbeitsbedingungen von Schulleitern mittel- und langfristig konkret zu verbessern. Dafür haben wir die Leitungszeit erhöht.“ Darunter versteht man die Stunden, in denen Schulleiter von der Unterrichtsverpflichtung befreit werden, um Leitungsaufgaben wahrzunehmen. „Allein dafür investiert die Landesregierung in NRW seit 2011 bislang rund 45 Millionen Euro zusätzlich“, sagte Löhrmann.

Zudem würden zukünftige Schuleiter umfassend auf ihre neue Führungsaufgabe vorbereitet werden. Nach Überzeugung von Lehrerorganisationen reichen die Maßnahmen bei Weitem nicht aus. „Die Bezahlung für Schulleiter an Grundschulen ist völlig unattraktiv“, sagte Udo Beckmann, Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung, der rund 140.000 Pädagogen in Deutschland vertritt. Abgesehen von der Unterrichtsverpflichtung blieben einem Rektor in der Woche rund zwölf Stunden für seine Leitungsaufgaben. „Das ist lächerlich“, kritisierte Beckmann. Laut der Kultusministerkonferenz (KMK) arbeiten die Länder derzeit an einer Behebung des Problems.

„Viele Länder setzen bereits darauf, über entsprechende Fortbildungen für künftige Schulleitungen Interesse für die Tätigkeit zu wecken“, erklärte KMK-Präsidentin Claudia Bogedan (SPD). Das sei zu wenig, kritisieren Gewerkschafter. „Die Länder müssen deutlich mehr Geld in die Hand nehmen, damit die offenen Leitungspositionen besetzt werden können“, sagte Ilka Hoffmann vom Vorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Grundschullehrer sollten mit den Lehrern weiterführender Schulen gleichgestellt werden. „Außerdem müssen die Bundesländer deutlich mehr in Verwaltungs-Jobs investieren.“ Gerade im ländlichen Raum gebe es viel zu wenig Vollzeit-Sekretariate.

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