Vor allem die Zahl der Asylsuchenden aus Serbien (minus 39 Prozent) ist stark gesunken, die aus Mazedonien verringerte sich sogar um fast 75 Prozent. Beide Länder waren 2010 maßgeblich für den rasanten Anstieg der Zahlen verantwortlich, zuletzt kamen die meisten Antragsteller aus diesen beiden Ländern.

Dementsprechend verzeichneten die Behörden auf das ganze Jahr 2010 gesehen mit 41.332 Fällen eineinhalb mal so viele Asylbewerber wie 2009 (27.649 Fälle). Diese Entwicklung scheint sich nun umzukehren. Die Europäische Union hatte im Dezember 2009 die Visumspflicht für Serbien, Mazedonien und Montenegro aufgehoben. Voraussetzung für die Reise in die EU ist seither nur ein Pass, in dem biometrische Daten wie der Fingerabdruck elektronisch gespeichert sind.

Dubiose Reisebüros setzten daraufhin das Gerücht in Umlauf, Serben und Montenegriner könnten mit Hilfe eines Asylantrags nach Westeuropa auswandern. Zehntausende Menschen versuchten, diese Gelegenheit zu nutzen. Lediglich aus Montenegro kommen nach wie vor nur sehr wenige Menschen. Mehrere Länder wie Belgien und Deutschland forderten die Regierungen in Belgrad sowie Skopje auf, gegen die Auswanderung vorzugehen.

Die Bundesregierung strich im Oktober die Rückkehrhilfe für diese Länder, weil von den Behörden Hunderte Missbrauchsfälle registriert worden waren: Asylantragsteller sollen sich demnach nur kurz in der Bundesrepublik aufgehalten haben, um dann eine Rückreiseprämie von 200 Euro mit in die Heimat zu nehmen. Im November hatte die EU auf Drängen der Bundesregierung hin sogar damit gedroht, Gegenmaßnahmen zu ergreifen und notfalls die Visumsfreiheit wieder aufzuheben. Diese Schritte haben nun offenbar Wirkung gezeigt.

SPD legt Gesamtkonzept zur Integration vor

Die SPD mahnt eine Wende in der Integrationspolitik an. Nach der Sarrazin-Debatte will die SPD-Fraktion am Freitag über ein Integrationspapier beraten und einen neuen Anlauf nehmen, um die doppelte Staatsbürgerschaft durchzusetzen. In dem Papier, das den Zeitungen der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" vorliegt, heißt es: "Der Grundsatz, doppelte Staatsbürgerschaften zu vermeiden, ist historisch überholt."

Die Union vertrete eine Staatslehre von gestern. In 53 Prozent aller Fälle würde die doppelte Staatsbürgerschaft heute schon hingenommen, gibt die SPD zu bedenken. Ohne Sarrazin zu erwähnen, wenden sich die Sozialdemokraten gegen jeden Versuch, "Fremdenfeindlichkeit zu schüren und die Menschen unterschiedlicher Herkunft gegeneinander auszuspielen." Mit Kettenduldungen will die SPD Schluss machen. "Wer hier lebt, braucht eine Perspektive", betonen die Sozialdemokraten. Außerdem bekräftigt die Partei ihre Forderung nach einem kommunalen Wahlrecht für Ausländer aus Nicht-EU-Staaten.

Wer für eine Zwangsheirat ins Ausland verschleppt wurde, soll nach den Vorstellungen der Sozialdemokraten ein "Wiederkehrrecht" erhalten. "Nur so können wir ihnen den Ausweg aus einer Zwangsehe im Ausland öffnen", heißt es im 22 Seiten langen Papier. Die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse sei überfällig.

Ferner fordert die Partei eine bessere Förderung von Migranten durch die Agentur für Arbeit. Der öffentliche Dienst solle mit gutem Beispiel vorangehen. Dort müsse der Anteil von Auszubildenden und Beschäftigten mit Migrationshintergrund erhöht werden. "Dort brauchen wir keine Quoten, aber Selbstverpflichtungen mit konkreten Zielen", heißt es in dem Papier. Ein Kopftuch-Verbot lehnt die SPD ab. Verbotsdebatten über Kleidungsstücke lösten die vorhandenen Probleme nicht. "Im Gegenteil, sie grenzen Frauen aus und bevormunden sie", schreibt die SPD.

[dts]