Köln | Der Landesverband NRW des Deutschen Journalisten Verbandes (DJV) begrüßt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen, dass das Fotografieren auf einer Demonstration von Polizeibeamten zum Zweck ihrer eigenen Öffentlichkeitsarbeit, ohne Anlass einer Gefahr, nicht statthaft ist. Geklagt hatten zwei Teilnehmer einer Demonstration und bekamen Recht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der Fall ereignete sich auf einer Demonstration eines linken Bündnisses im Mai in Essen. Die Essener Polizeibehörde fertigte Fotos an und veröffentlichte diese auf den sozialen Netzwerken Facebook und Twitter, um über ihre Arbeit zu informieren. Zwei Demonstranten klagten dagegen, da sie sich auf den Fotos auch eindeutig erkannten. In der Begründung des Urteils zielen die Richter auf die Versammlungsfreiheit als Grundrecht ab. Nicht nur, dass die Polizeibeamten auf die Teilnehmer eine einschüchternde Wirkung haben könnten, gehe es zudem darum nicht den Eindruck staatlicher Überwachung entstehen zu lassen.

Liest die Polizei die AGB von Facebook nicht?

Dazu kommt, auch wenn dies nicht Teil der Urteilsbegründung und des Rechtsstreits war, dass die Polizei anscheinend nicht die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der sozialen Netzwerke zu kennen scheint. Denn mit dem Hochladen von Fotos überträgt der, der den Upload vornimmt alle Rechte an den Betreiber des sozialen Netzwerks, gemäß seiner Privatsphäre-Einstellungen. Bei Facebook bedeutet dies, dass der geistige Eigentümer, also der Fotograf, dem sozialen Netzwerkbetreiber eine nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare und weltweite Lizenz erteilt. Das Netzwerk darf also diese Fotos hosten, verwenden, verbreiten, modifizieren, ausführen, kopieren, öffentlich vorführen, anzeigen oder abgeleitete Werke davon erstellen.

Löschen alleine hilft oft nicht

Das NRW-Innenministerium hatte die Behörde angewiesen, die Fotos zu löschen, nachdem der Fall vor Gericht anhängig wurde. Zwar sieht Facebook die Löschung von Inhalten vor und verspricht, dass mit dieser Löschung auch die erteilte Lizenz verfällt. Aber wurden die Fotos mit Dritten geteilt, sind diese weiterhin sichtbar, wenn diese Personen sie nicht löschten.

DJV NRW begrüßt das Urteil

„(Foto-) Journalisten berichten, Polizisten schützen. Wir begrüßen die heutige Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen“, so Frank Stach, Landesvorsitzender NRW des Deutschen Journalisten Verbandes, „dass Polizisten bei Demonstrationen für ihre Öffentlichkeitsarbeit nicht fotografieren dürfen. Dies ist die originäre Arbeit unabhängiger Journalisten.“ Leider gebe es in den letzten Jahren die Tendenz, dass die Pressestellen von Polizei und Feuerwehr bei Einsätzen selbst intensiv berichten, so Stach weiter. Das könne nicht im Interesse der Unabhängigkeit von Medien und nicht im Interesse von Staatsferne sein. „Das Urteil des Gerichts stellt noch einmal die Rollenverteilung klar. Eine Behörde kann nicht die journalistische Berichterstattung übernehmen. Damit wird die Arbeit der Journalisten deutlich gestärkt“, freut sich der Landesvorsitzende.

Kein Einzelfall

Der Fall aus Essen ist übrigens kein Einzelfall, auch die Kölner Polizei nutzt selbst hergestellte Fotos bei Einsätzen, etwa Silvester 2016, für den stark in die Kritik geratenen „Nafri“-Tweet, siehe Screenshot. Dort waren Menschen, die kontrolliert wurden, fotografiert und im sozialen Netzwerk Twitter ein Foto-Tweet abgesetzt worden.


Screenshot des Tweets der Polizei Köln an Silvester 2016. Auf dem Foto (nachträglich stärker verpixelt von der Redaktion) sind Menschen zu sehen, die von der Polizei kontrolliert werden. Dazu twitterte die Kölner Polizei: „Am HBF werden derzeit mehrere Hundert Nafris überprüft. Infos folgen“.

Autor: ag