Der neue Wasserhahn kann genehmigungspflichtig sein im Severinsviertel – es gilt Milieuschutz. Foto aus: Richard Bargel, „1111 Augenblicke“ | Kölner Presseclub

report-K präsentiert ausgewählte Beiträge aus dem Newsletter des Kölner Presseclubs, den Sie hier abonnieren können. Für die redaktionellen Inhalte ist der Kölner Presseclub verantwortlich. Der Autor dieses Beitrages, Peter Pauls, ist Vorsitzender des Kölner Presseclubs. Zuvor war er lange Jahre Chefredakteur der Tageszeitung Kölner Stadt-Anzeiger.

Gehört Ihnen eine Altbauwohnung im Kölner Severinsviertel? Oder Sie sind Mieter? Sie möchten Ihr Badezimmer modernisieren und attraktiver machen? Dann geben Sie acht. Nicht, dass Sie gegen die „Soziale Erhaltungssatzung“ der Stadt Köln verstoßen und ein Bußgeld von bis zu €30.000 riskieren. Seit einigen Jahren gibt es den „Milieuschutz“ auch in diesem urkölschen Viertel. Er soll vor „Luxussanierung“ und Verdrängung alteingesessener Bewohner schützen, Mieten auf erträglichem Niveau halten und verhindern, dass ein Viertel seinen Charakter verliert, was man auch Gentrifizierung nennt.
 
Das ist die gut gemeinte Theorie. Zu ihr gehört ferner, dass „Konzerne“ abgeschreckt werden sollen, um Menschen nicht um ihren günstigen Wohnraum zu bringen. Dies könnte passieren, wenn Parkettböden gelegt, Bäder modernisiert, Aufzüge installiert, womöglich bodentiefe Fenster oder gar ein Kamin eingebaut oder das Treppenhaus verschönert wird. Luxus, der sich dann in höheren Mieten niederschlägt. Doch nur etwa sechs Prozent der Kölner Wohnungen gehören Unternehmen, und man findet sie meist konzentriert in Großanlagen.
 
Sicher nutzt eine solche Satzung dem einen oder anderen. Aber sie verordnet einem Stadtteil auch Stillstand. Selbst „nachhaltige Einsparungen von Energie und Wasser“ sind genehmigungspflichtig. Daher frage ich mich, wieviel politischer Aktionismus hinter solchen Satzungen steht in einer Stadt, die es nicht schafft, ausreichend den Bau von Wohnraum zu ermöglichen.

In der Praxis ist eine neue Bürokratie entstanden. Im Zweifelsfall entscheiden nicht Sie, sondern das städtische Amt für Stadtentwicklung und Statistik über Ihre Wasserhähne, den Bodenbelag oder die Art Ihrer Fenster. Zitat aus dem städtischen Standard-Antrag: „Genehmigungspflichtig sind sämtliche Modernisierungsmaßnahmen, die den Gebrauchswert des Wohnraums nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder nachhaltige Einsparungen von Energie und Wasser bewirken.“ Den Original-Antrag finden Sie hier.
 
Da steht der Obrigkeitsstaat in voller Blüte. Die kühle Amtssprache des Formulars kennt man aus Steuererklärungen, amtlichen Belehrungen und anderen Kontakten mit Verwaltungen. Gerne wird gedroht und Wahrhaftigkeit eingefordert, als habe man mit notorischen Lügnern zu tun. Bundesgesetzblätter aus vielen Jahrgängen werden beschworen, Paragrafen und Verordnungen. Vor allem reiht sich Ermessensspielraum an Ermessensspielraum. Letztlich entscheiden Sachbearbeiter. Vielleicht sucht man besten gleich gemeinsam mit dem Amt Böden, Bad und Küche aus. 
 
Folgendes Szenario ist denkbar: Durch einen glücklichen Umstand können Sie eine kleine Nachbarwohnung kaufen, weil bei Ihnen Nachwuchs unterwegs ist? In der Erhaltungssatzung kommen Wohnungszusammenlegungen aber nicht vor. Alles soll bleiben, wie es ist. Ein Fahrstuhl, der auch dem älteren Ehepaar aus dem vierten Stock hilft? Vielleicht. Aber bloß nicht aufwändig. Oder eine Gegensprechanlage? Schließlich will man wissen, wer ins Haus kommt. Da haben Sie schlechte Karten. Das riecht nach Luxus. Aber lesen Sie selbst.  
 
Von „Volkserziehung“ spricht die Architektin Stefanie Ruffen (FDP), mit der ich über diesen „Schutz“ sprach, der meiner Meinung nach häufig zu blauäugig dargestellt wird. Als sei er selbstredend gut. Das ist er nicht. Vielmehr schreibt er Menschen unnötig vor, wie sie zu leben haben. Die FDP-Ratsfrau nennt das die „Ideologisierung der Kommunalpolitik“. 
 
Dazu gehört ihrer Meinung nach auch ein Bürgerantrag, auf städtischen Werbeflächen künftig nicht mehr für klimaschädliche Güter zu werben wie z.B. für Ford-Automobile oder Fleischprodukte. In vorauseilendem Gehorsam hat die Verwaltung gleich eine Vorlage dazu erstellt, die durchgewunken wurde. Entscheiden bald Kölner Ämter, was klimaschädlich ist und was nicht? Der „Halve Hahn“ womöglich? Er besteht aus Käse und Butter, die aus Milch von Kühen produziert werden, die Methan produzieren, was der Umwelt schadet.
 
Gegen die Verwaltung habe ich nichts. Aber in meinem Leben möchte ich so viel wie möglich selbst entscheiden – ohne den Vormund vom Amt.