Tag der Archive am 3. März 2012
Am 3. März 2009 stürzte das Historische Archiv der Stadt Köln ein und riss zwei Menschen in den Tod. 36 weitere Menschen verloren ihre Wohnungen. Zudem wurden über 30 Regalkilometer Archivalien verschüttet. Am kommenden Freitag, 2. März 2012, will die Stadt um 16 Uhr an der Einsturzstelle mit einer Schweigeminute der beiden Opfer gedenken. Einen Tag später findet der "Tag der Archive" statt. An diesem Samstag, 3. März 2012, wird auch das Restaurierungs- und Digitalisierungszentrum in Porz-Lind erstmals seine Tore für die Bürger öffnen. Den ganzen Tag über wird dort die Ausstellung "Kölner Archive – Mitten im Leben zu sehen sein". Um 14.30 Uhr wird Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes des Tag offiziell eröffnen. Im Anschluss daran tritt die Band "Erdmöbel" auf. Neben dem Zentrum selbst präsentieren an diesem Tag weitere 20 Kölner Archive ihre Arbeit und besondere Objekte aus ihren Beständen in Porz. Bundesweit öffnen am kommenden Wochenende laut der Veranstalter über 350 Archive in 160 Städten und Gemeinden ihre Tore. Das Restaurierungs- und Digitalisierungszentrum ist darüber hinaus im April im Rahmen des Stadtführungs-Festival "Expedition Colonia" zu besichten. An drei Tagen werden Gruppen durch das Zentrum geführt und erhalten Einblick in die Arbeit dort.

Beweisführung soll Ende 2013 beendet sein

Auch drei Jahre nach dem Einsturz ist die Ursache ungeklärt. Derzeit vermuten Stadt und Kölner Verkehrsbetriebe (KVB), dass Defekte in der Schlitzwand, die im Rahmen des Baus der Nord-Süd-Stadtbahn gebaut wurde, zu dem Einsturz führten. Darauf wiesen laut Jörn Schwarze, technischer Vorstand der KVB, seismische und thermische Untersuchungen in der Baugrube hin. Ende 2013 soll die Beweisführung durch das Gericht, die Staatsanwaltschaft und weitere Gutachter beendet werden. Derzeit wird die Baugrube für eine Begutachtung der Schlitzwand noch vorbereitet. Nachdem im vergangenen Jahr alle Trümmer geborgen werden konnten, wird heute und morgen noch der Schlamm vom Grund der Baugrube entfernt. Eine Woche lang wird dann das Wasser in der Grube enttrübt.

Am 5. März 2012 soll dann der Gerichts-Gutachter Hans-Georg Kempfert mit seiner Beweisführung der Meter, an denen die Schlitzwand-Defekte vernutet werden, fortfahren können. Die Risse werden rund 23 bis 26 Meter unter der Oberkante vermutet. Sollten die Taucher keine eindeutigen Beweise für die Ursache des Einsturzes finden, soll das Besichtigungsbauwerk trocken gelegt werden. Das würde weitere rund 2,5 Jahre dauern und mehrere Millionen Euro kosten, sagte Schwarze heute. Den Gesamtschaden schätzt die Verwaltung auf rund eine Milliarde Euro. Unklar ist dabei noch, wer das Geld bezahlen wird, wer also für den Einsturz verantwortlich ist. Die Stadt geht derzeit davon aus, dass ein Schuldiger gefunden wird und sie alle Kosten erstattet bekommt.

Restauratoren dringend gesucht
Die Bergung der Archivalien aus der Baugrube wurde am 8. August 2011 beendet. Insgesamt wurden laut Archivleiterin Dr. Bettina Schmidt-Czaia 95 Prozent der Archivalien geborgen. Jede einzelne Archivalie, so betonte Schmidt-Czaia heute, will sie auch restaurieren lassen und für die Öffentlichkeit wieder nutzbar machen. Die Kosten dafür schätzt sie auf etwa 400 Millionen Euro. Die geborgenen Archivalien sonder derzeit auf verschiedene Archive verstreut. In einer ersten Phase wurde nun damit begonnen, die Archive zu erfassen, um sie dem Bestand wieder zuordnen zu können. Bislang hätten rund 30 Prozent der Dokumente erfasst werden können. Davon konnten laut Schmidt-Czaia 80 Prozent einem Bestand zugewiesen werden. Allerdings waren vor dem Einsturz nur rund 60 Prozent der Archivalien erfasst. Die restlichen Archivalien will die Archiv-Leiterin in einer zweiten Phase von Experten begutachten und zuordnen lassen. In einer dritten Phase sollen dann Archivalien im Internet veröffentlicht werden. So soll um Mithilfe etwa bei Nachlass-Gebern, ehemaligen Mitarbeitern den Archivs und Wissenschaftlern gebeten werden. Die größte Herausforderung bei der Restaurierung der Archivalien sei derzeit jedoch der Personalmangel. So hat das Archiv noch 15 freie Restauratoren-Stellen, die seit einigen Monaten nicht besetzt werden könnten. Im März 2012 stellen sich nun weitere Bewerber vor.

Erst wenn genügend Restauratoren gefunden wurden, können auch weitere Hilfsarbeiter eingestellt werden, betonte Schmidt-Czaia. Derzeit arbeiten 11 Restauratoren in Köln und weitere zwei weitere in Wermsdorf an den Kölner Archivalien. Um den Fachkräftemangel zu kompensieren, will sie noch im März Gespräche mit dem Wissenschaftsministerium und den Fachhochschulen führen, um engere Kooperationen zu vereinbaren. Um die Restaurierung und Zuordnung der Archivalien zu unterstützen, wurde die Stiftung Stadtgedächtnis gegründet. 2011 konnte die Stiftung 14.000 Euro an Spenden einsammeln. 2012 wurden bislang 5.000 Euro gespendet. Dies erklärte heute Stefan Lafair, Vorsitzender der Stiftung.

Friedrich-Wilhelm-Gymnaaium kehrt im Sommer zum Waidmarkt zurück
Von dem Einsturz betroffen waren auch drei Schulen in der direkten Nähe der Einsturzstelle. Während die LVR-Schule und das Kaiserin-August-Gymnasium bereits ihren Unterricht wieder in ihren Schulgebäuden durchführt, ist das Friedrich-Wilhelm-Gymasium derzeit noch an drei Standorten untergebracht – an der Volkshochschule Köln am Neumarkt, in der Hohe Pforte und in der Kaiserin-Augusta-Schule. Das Schulgebäude am Waidmarkt wird derzeit generalsaniert. Bislang hat die Renovierung bereits über 23 Millionen Euro gekostet. Im Sommer soll das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium nun an den Waidmarkt zurückkehren. Die Oberstufe wird allerdings bis zum Frühjahr 2013 weiter an der Hohen Pforte bleiben. Denn der Erweiterungsbau der Schule wird voraussichtlich erst im Januar oder März 2013 fertig gestellt.

[cs]