Das Symbolbild zeigt das Europäische Parlament in Straßburg

Köln | In 99 Tagen wählen die Deutschen ihre Abgeordneten für das Europaparlament. Auch in Köln zeigen sich die ersten Hinweise, denn die Stadt sucht Wahlhelferinnen und Wahlhelfer. Heute erklärten drei Abgeordnete des Parlaments Reformen und wie es weitergehen könnte mit Europa und die wichtigsten Termine auf dem Weg zur Wahl und wann das Parlament zum ersten Mal zusammentritt.

Zwei wichtige Infos für Deutschland

Es gibt zwei wichtige Infos für Deutschland. Zum einen dürfen zum ersten Mal 16-Jährige wählen und Deutschland zählt zu den Ländern in denen es keine Sperrklausel gibt. Übrigens dürfen 16-Jährige nur noch in Österreich und Belgien wählen in Griechenland ab 17 Jahren und in allen anderen EU Staaten ab 18. Insgesamt wird das kommende Europaparlament 15 Sitze mehr haben und damit insgesamt 720. Davon kommen 96 Abgeordnete aus Deutschland. Am 6. Juni startet die Europawahl in den Niederlanden und wie Deutschland wählen die meisten der 27 Länder der EU am 9. Juni.

Interessant ist, dass bei den vergangenen zwei Europawahlen die jüngsten Wähler zur Wahl gingen und die Gruppe der Wählerinnen und Wähler im Alter zwischen 20 und 40 die niedrigste Wahlbeteiligung aufwiesen.

11 Spitzenkandidaten gehen in Deutschland ins Rennen zur Europawahl 2024

• Manfred Weber, CSU
• Ursula von der Leyen, CDU
• Katarina Barley, SPD
• Terry Reintke, Grüne
• Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP
• Maximilian Krah, AfD
• Martin Schirdewan und Carola Rackete, Die Linke
• Christine Singer, Freie Wähler
• Fabio de Masi und Thomas Geisel, Bündnis Sarah Wagenknecht

Die konstituierende Sitzung des frisch gewählten Europaparlaments wird am 16. bis 19. Juli 20224 stattfinden. Ob dann oder vom 16. bis 19. September 2024 die oder der neue Kommissionspräsidentin oder -präsident gewählt wird ist noch offen. Die Wahl der Kommission soll vom 25. bis 28. November 2024 stattfinden. Vor der Wahl jährt sich am 1. Mai 2024 die Osterweiterung der Europäischen Union zum 20. Mal.

Reform der EU

Wie geht es weiter mit der Europäischen Union und der Osterweiterung etwa um die Ukraine, Moldau oder Georgien. Zu diesem Thema sprachen drei deutsche EU-Abgeordnete. Zunächst Gabriele Bischoff, SPD, die Co-Berichterstatterin für die Reformvorschläge ist. Sie bescheinigte der EU, dass diese Krise könne. Sie sagte „Europa kann Krise“ und dass die Europäische Union in der Krise in der Lage war selbst Instrumente zu entwickeln, den aktuellen Krisen sei es Pandemie oder Kriege zu begegnen. Aber das reiche alleine nicht aus. Die EU selbst müsse ihre Handlungsfähigkeit verbessern und sich reformieren, sonst sei eine weitere Erweiterung nicht möglich. Dazu zählt, dass das Vetorecht und die Einstimmigkeitsdoktrin nicht beibehalten werden könne, sondern die qualifizierte Mehrheit an deren Stelle treten müsse, sonst sei es gar nicht mehr möglich vor allem bei einer erweiterten EU Entscheidungen treffen zu können.

Auch der grüne EU-Parlamentarier Daniel Freund mit Wahlkreis in Aachen spricht von einem Reformbedarf der eklatant zu Tage trete. Er wird konkreter und nennt die Blockadehaltung des ungarischen Präsidenten Viktor Orban oder die im Herbst stattfindenden US-Wahlen als besondere Herausforderungen die gegen das Einstimmigkeitsprinzip sprechen. Nur durch Reformen sei das Überleben und der Fortbestand von EU und Ukraine zu sichern. Er macht dies am Beispiel der Kriegsverbrechen sichtbar, dass etwa wenn nur ein Land der 27 nein sage Europa nicht in der Lage sei zu Kriegsverbrechen eine gemeinsame Haltung und Meinung herzustellen. Wer es mit der Erweiterung der EU um die Ukraine, Moldau oder Georgien ernst meine, der müsse die EU reformieren. Freund erinnerte an den Deal zwischen Orban und der Kommissionspräsidentin von der Leyen, die 10 Milliarden Euro für Orban freigab, damit dieser mitstimme. Orban könne auf dem Weg der Ukraine zur Vollmitgliedschaft 73 Mal mit Nein stimmen. Ohne Reform können dieser Prozess für die EU teuer werden.

Auch Helmut Scholz, Die Linke, sieht Reformbedarf etwa bei Artikel 3 des Vertrages über die Europäische Union, der erweitert und ergänzt werden müsse. Themen seien der Klimawandel, Biodiversität, Migration, Gesundheit oder die Außen- und Sicherheitspolitik. Scholz machte auf die Bauernproteste aufmerksam und die damit verbundenen Fragestellungen, wenn die Ukraine dem Agrarmarkt beitrete, dass dies eine große Herausforderung darstelle. Auch Scholz zeigte sich überzeugt davon, dass die EU sich selbst reformieren müsse, bevor sie weitere Länder aufnehmen könne.

Zum Beitritt der Ukraine stellte Sozialdemokratin Bischoff fest, dass es keinen Rabatt bei den Beitrittsverhandlungen für das Land geben werde, sondern für alle Länder die gleichen Bedingungen gelten werden. Die Kopenhagen Kriterien gelten für alle Beitrittsländer. Deutlich wurde, dass vor einer weiteren EU Erweiterung große Herausforderungen für die EU selbst zu bewältigen seien. Freund machte am Beispiel Westbalkan allerdings auch deutlich, dass wenn die EU die Beitrittsperspektive nicht böte, andere Player im Weltgeschehen wie China aggressiv mit ihren Angeboten vor Ort wirkten. Da müsse sich die EU fragen, was sie wolle.