Berlin | aktualisiert | Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) übt Kritik an dem von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) initiierten Treffen der Autobranche am Freitag im Neuen Schloss in Stuttgart: „Das ist ein Gespräch der Automobilindustrie mit sich selbst und der Politik. Es wäre wichtig gewesen, deutlich mehr Vertreter aus der Zivilgesellschaft einzuladen“, so die Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender in der „Heilbronner Stimme“ und im „Mannheimer Morgen“ (Donnerstag). Dahlbender, die selbst an dem Treffen teilnimmt, ist dort eine der wenigen Umwelt- und Naturschutzvertreter.

Es sei ein Fehler, dass sich unter den 40 Teilnehmern größtenteils Vertreter aus Wirtschaft, Verbänden und Wissenschaft befänden, die aus dem Bereich des Automobilsektors stammten. Dies müsse bei einem möglichen nächsten Treffen korrigiert werden. Obwohl es nicht auf der Tagesordnung stehe, wolle sie am Freitag auch Themen wie mögliche Fahrverbote in Stuttgart, die hohe Schadstoffbelastung in der Stadt sowie die Diesel-Nachrüstungen ansprechen.

„Ich werde das thematisieren und möchte von der Automobilindustrie auch Antworten bekommen, wie sie die Probleme lösen will“, kündigte Dahlbender an. Zudem sei es ein Fehler, bei dem Treffen nur über die Zukunft des Autos zu sprechen. „Es sollte um die Zukunft der Mobilität gehen. Da geht es um mehr als nur ums Auto.“ Deswegen sollten auch der ÖPNV, Fußgänger, Radfahrer oder der Schiffsverkehr als eigene Themen behandelt werden.

Hofreiter: Kretschmann gleicht in Autopolitik Merkels Versäumnisse aus

Für Anton Hofreiter, Vorsitzender der Bundestagsfraktion der Grünen, gleicht Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in der Automobilpolitik Versäumnisse von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aus. Er sei froh, dass die baden-württembergische Landesregierung zu dem strategischen Dialog mit der Autoindustrie am Freitag in Stuttgart einlade, sagte Hofreiter der „Heilbronner Stimme“ und dem „Mannheimer Morgen“ (Donnerstag). „Das zeigt: Winfried Kretschmann und Winfried Hermann haben den Weitblick und Gestaltungswillen, der der Bundesregierung offensichtlich fehlt. Das, was die Baden-Württemberger machen, wäre der Job von Angela Merkel und Alexander Dobrindt – sich um die Zukunft der größten Wirtschaftsbranche in Deutschland zu kümmern.“

Wenn die Teilnehmer am Freitag über die Modernisierung der deutschen Autoindustrie sprechen, „wird das sicher kein Kaffeekränzchen“, so Hofreiter weiter.“Ich hoffe, dass dies der Start für einen fruchtbaren Dialog ist. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass konkrete Impulse aus Stuttgart kommen, um emissionsfreies Fahren mit Nachdruck zu verfolgen, die Chancen der digitalen Mobilität zu nutzen und die erforderliche Infrastruktur rasch auf den Weg zu bringen. Ein wichtiges Ergebnis des Treffens am Freitag wird hoffentlich sein, dass der öffentliche Druck auf die Bundesregierung wächst und Merkel und Dobrindt bei der Elektromobilität nicht länger ihre Arbeit verweigern können“, so Hofreiter weiter.

„In dieser Woche musste die Kanzlerin eingestehen, dass das selbstgesteckte Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020 auf deutschen Straßen nicht mehr haltbar ist. Kein Wunder, nachdem sie bei diesem Thema jahrelang ihre Hände tief in den Taschen vergraben hat. Das ist unverantwortlich“, so der Grünen-Politiker. Am Freitag kommen Branchengrößen wie Daimler-Chef Dieter Zetsche und Bosch-Chef Volkmar Denner ins Neue Schloss in Stuttgart, um mit Kretschmann über die Zukunft der Autoindustrie zu diskutieren.

Zudem holt der Regierungschef auch Energie- und Infrastrukturunternehmen mit an den Tisch. EnBW-Chef Frank Mastiaux ist ebenso dabei wie die Stuttgarter Verkehrsbetriebe (SSB). Rund 40 Unternehmen und Organisationen sind geladen.

Autor: dts