Berlin | aktualisiert | Vor dem geplanten Dürregipfel von Bund und Ländern an diesem Dienstag fordert Bauernpräsident Joachim Rukwied finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern in Höhe von einer Milliarde Euro. „Eine Milliarde wäre wünschenswert, um die Ausfälle auszugleichen“, sagte Rukwied den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagausgaben). „Der erste Schritt dahin muss sein, dass der Notstand erklärt wird und so die gesetzliche Grundlage geschaffen wird. Im zweiten Schritt müssen Bund und Länder ein Budget zur Verfügung stellen“, erläuterte Rukwied die Forderung. Geholfen werden soll nach der Vorstellung des Bauernverbands den landwirtschaftlichen Betrieben, deren Ernten mehr als 30 Prozent unter dem Schnitt der letzten Jahre liegen. Zudem fordert der Verbandspräsident eine steuerfreie „Risikoausgleichsrücklage“, mit der die Bauern für schwierige Jahre vorsorgen könnten.

„Es ist zwingend erforderlich, dass Deutschland stabile ländliche Räume hat mit stabilen Betrieben“, sagte Rukwied. Einbußen von 50 bis 70 Prozent seien für viele Betriebe existenzbedrohend. Auch die für Landwirtschaft zuständige Vizechefin der Unions-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann, spricht sich für eine finanzielle Unterstützung aus: „Finanzhilfen sind nötig. Gerade viele der kleinen und mittleren Betriebe haben sich von den Krisen der letzten Jahre kaum erholt“, sagte Connemann den Funke-Zeitungen. Die Situation sei zum Teil dramatisch, vor allem in Nord- und Ostdeutschland. „Die Lage ist ernst, es geht um Existenzen“, sagte sie.

„Den Betrieben geht die Luft aus. Sie haben keine Rücklagen mehr. Ihnen fehlt Liquidität.“ Connemann brachte eine mögliche Sondersitzung des Bundestagsausschusses für Ernährung und Landwirtschaft im August ins Gespräch. Die SPD dagegen warnt vor Hilfe für die Bauern als einem wirtschaftspolitischen Präzedenzfall. „Moderne Landwirtschaft begreift sich als Unternehmer in unserem Land“, sagte der agrarpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Spiering, den Funke-Zeitungen. Wie jeder Betrieb sei sie damit Risiken ausgesetzt. „Wenn man der Landwirtschaft die Förderkulisse zur Verfügung stellt, müssen wir in Zukunft auch anderen kleinen und mittelständischen Betrieben, die als Grundpfeiler unserer Wirtschaft gelten, genauso helfen“, so der SPD-Politiker. Natürlich könne man in Ausnahmesituationen kurzfristig helfen, „dem grundsätzlichen Problemen wird man damit aber nicht gerecht“, sagte Spiering. Statt nun ausschließlich kurzfristige Hilfen verfügbar zu machen, müsse die Politik in eine zukunftsorientierte Ackerbaustrategie investieren.

Bauern rechnen mit dreistelligen Millioneneinbußen

Die Dürre führt nach Schätzungen des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt zu Umsatzeinbrüchen im dreistelligen Millionenbereich im Land. „Allein beim Weizen rechnen wir mit Verlusten von mindestens 80 Millionen Euro in Sachsen-Anhalt“, sagte der Präsident des Verbandes, Olaf Feuerborn, der Mitteldeutschen Zeitung (Dienstagausgabe). Vor allem für Futterbaubetriebe und Schäfer werde es knapp, da kaum Gras oder ausreichend Mais wachse.

„Für viele Betriebe wird es ohne Finanzhilfe eng, denn es muss Futter zugekauft und Saatgut für die Mitte August beginnende Aussaat beschafft werden“, so Feuerborn weiter. Die Ernteerträge bei den Getreidearten Gerste, Roggen und Weizen liegen zwischen 25 und 46 Prozent unter dem mittleren Ertrag der Jahre 2011 bis 2016.

Umweltministerin Schulze gegen Milliardenhilfe für Dürre-Schäden

Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat die Forderung des Deutschen Bauernverbands nach Milliardenhilfen wegen Dürre-Schäden zurückgewiesen. Zwar habe sie „großes Verständnis für die aktuelle Not vieler Landwirte“, sagte die SPD-Politikerin dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Dienstagausgaben). „Aber wir dürfen nicht nur über kurzfristige Finanzspritzen reden“, sagte Schulze.

„Es kann nicht nur darum gehen, kurzfristig Ernteausfälle auszugleichen – wir brauchen eine konsequente Strategie zur Klimaanpassung in der Landwirtschaft, und die sollte natürlich auch mit ausreichend Geld unterlegt sein“, forderte die SPD-Politikerin. Schulze rief die Landwirte zu einem generellen Umdenken auf: „Denn die Landwirtschaft in Deutschland muss sich grundsätzlich auf häufigere Extremwetterlagen einstellen – seien es Trockenzeiten wie jetzt oder langanhaltende Regenperioden wie im letzten Jahr, als vielen Landwirten das Wasser buchstäblich bis zum Halse stand.“ Gerade im Osten Deutschlands würden Anpassungsmaßnahmen an lange Trockenperioden zunehmend wichtiger, betonte die Sozialdemokratin.

Autor: dts