Bielefeld | Nach einem brutalen Überfall auf einen Bremer Fan hat ein Anhänger des Fußballclubs Arminia Bielefeld eine Tötungsabsicht bestritten. „Ich habe wie im Rausch wild um mich herum geschlagen“, sagte der Hauptangeklagte Philipp G. am Montag zum Prozessauftakt vor dem Bielefelder Landgericht. Töten wollen habe er den 26 Jahre alten Anhänger von der zweiten Mannschaft von Werder Bremen aber nicht. Er habe ihn lediglich einmal gegen den Kopf geschlagen und einmal in den Bauch getreten, als dieser bereits am Boden gelegen habe. Neben dem 20-jährigen Maler und Lackierer müssen sich noch zehn weitere Bielefeld-Fans vor Gericht verantworten.

Die Gruppe soll den gegnerischen Fan am 5. Mai nach dem Spiel angegriffen und so schwer verletzt haben, dass der 26-jährige Bremen-Fan bis heute unter den Folgen eines schweren Schädel-Hirn-Traumas leidet. Philipp G. ist wegen versuchten Mordes angeklagt, weil die Staatsanwaltschaft in ihm den Haupttäter sieht. Zum Tatzeitpunkt war er betrunken.

„Zur Besinnung kam ich erst in der Gefängniszelle“

Nachdem das erste Opfer, Malte K., bewusstlos auf der Straße liegen blieb, stürzte sich Philipp G. nach eigenen Angaben auf einen zweiten Werder-Fan, den er mit einem Faustschlag niedergestreckt habe. Danach habe er versucht, ihm mit dem Fuß gegen den Kopf zu treten. Allerdings verfehlte er sein Ziel, streifte seinen Kopf, sodass dessen Schirmmütze auf die Straße fiel. Auch einen dritten Bremer Fan schlug G. noch mit der Faust.

In seinem Rausch habe er gar nicht wahrgenommen, dass die Polizei ihn zu diesem Zeitpunkt bereits aufgefordert hatte, von den Bremern abzulassen, wie der stämmige Mann mit den kurz geschorenen Haaren, der in seiner Freizeit seit Oktober 2011 die Kampfsportarten Kickboxen und Bodenkampf betreibt, sagte. „Zur Besinnung kam ich erst in der Gefängniszelle.“ Die Videoaufzeichnungen von der Tat sollen nach Angaben des Vorsitzenden Richters Carsten Nabel in der kommenden Woche gezeigt werden. Sie sollen Klarheit darüber verschaffen, ob Philipp G. die Wahrheit sagt.

„Ich weiß, dass Philipp G. gewalttätig ist“

Philipp G. vermutete, dass der Mitangeklagte Kilian K. das erste Opfer bereits vor ihm niedergestreckt habe. Der 21-jährige Schüler widersprach in einer schriftlichen Aussage: „Ich habe eine Person geschlagen. Diese wich zurück, fiel aber nicht zu Boden.“ Ein weiterer Mitangeklagte gab schriftlich zu Protokoll, dass Philipp G. mit dem Fuß gegen den Kopf eines am Boden liegenden Werder-Fans trat. Der 21-Jährige sagte: „Ich weiß, dass Philipp G. gewalttätig ist. Ich hätte aber nicht gedacht, dass er dazu in der Lage ist.“

Laut Anklageschrift soll Philipp G. den am Boden liegenden Malte K. unter Inkaufnahme des Todes mit voller Wucht gezielt gegen den Kopf getreten haben. Die Staatsanwaltschaft warf ihm einen hinterlistigen Überfall aus niederen Beweggründen vor. Die Attacke soll die Absicht gehabt haben, heimtückisch einen Menschen zu töten.

Malte K. erschien aus Angst vor einer Gegenüberstellung mit den Bielefelder Ultras nicht beim Prozessauftakt. Sein Gehirn muss nach einem schweren Schädel-Hirn-Trauma weiterhin kontinuierlich entwässert werden. Sein Rechtsanwalt Jens Staedler fordert Schmerzensgeld und eine deutliche Freiheitsstrafe für den Angeklagten Philipp G.. Staedler sagte am Rande des Prozesses: „Der Angeklagte hat sich redlich darum bemüht, seine Tritte gegen den Kopf zu verschweigen.“

Autor: Jean-Charles Fays, dapd