London | aktualisiert | Der britische Schatzkanzler George Osborne hat sich am Montag um eine Stabilisierung der Finanzmärkte bemüht und dabei die stabile Wirtschaftslage seines Landes hervorgehoben. „Großbritannien ist bereit, um dem, was die Zukunft für uns bereithält, aus einer Position der Stärke heraus zu begegnen“, sagte Osborne in einer Pressekonferenz vor Öffnung der Märkte. Das Wachstum sei robust und die Beschäftigung im Land habe ein Rekordhoch erreicht, so Osborne weiter.

Man sei besser auf Krisen vorbereitet als zu Beginn der Wirtschaftskrise 2008. „Es ist unvermeidlich, dass die britische Wirtschaft sich an die neue Situation anpasst, in der wir uns befinden“, so der Schatzkanzler weiter. Dennoch steuere man in unruhiges Fahrwasser. Es werde jedoch zunächst keinen Nachtragshaushalt geben, Osborne hielt sich diese Möglichkeit jedoch für den Herbst offen.

Zugleich ließ er offen, ob er nach dem Rücktritt von Premierminister Cameron weiterhin im Amt bleiben wolle. Osborne hatte für einen Verbleib des Königreiches in der Europäischen Union geworben und vor den unkalkulierbaren Risiken eines Ausscheidens gewarnt.

DAX startet nach Brexit im Plus

Die Börse in Frankfurt ist nach dem Handelsstart am Montag im Plus gestartet: Kurz vor 09:30 Uhr wurde der Deutsche Aktienindex mit 9.589,28 Punkten berechnet. Das entspricht einem Plus von 0,34 Prozent im Vergleich zum vorherigen Handelstag. Nach dem Referendum über ein Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union hatte der DAX am Freitag zeitweise mehr als zehn Prozent nachgegeben.

Der britische Schatzkanzler Osborne hatte noch vor Markteröffnung in London die Stabilität der Wirtschaft seines Landes betont und sich darum bemüht, die Märkte zu beruhigen. An der Spitze der Kursliste stehen die Papiere von Vonovia, Bayer und Henkel. Die Aktien von Infineon, der Lufthansa und Heidelbergcement bilden die Schlusslichter der Liste.

DAX geht nach „Brexit“-Votum weiter kräftig in die Knie

Nach 6,82 Prozent Kursverlust am Freitag hat der DAX zum Wochenstart weiter kräftig nachgelassen. Zum Xetra-Handelsschluss wurde der Index mit 9.268,66 Punkten berechnet, ein Minus in Höhe von 3,02 Prozent im Vergleich zum Freitag. Papiere von Vonovia und Henkel konnten sich erfolgreich gegen den Abwärtssog stemmen.

Am Ende der Kursliste waren hingegen jetzt Lufthansa, Continental und Heidelbergcement zu finden, nachdem Finanztitel schon am Freitag kräftig nachgelassen hatten. Nach Ansicht von Marktkommentatoren weitet sich die Sorge vor den negativen Folgen eines „Brexits“ nun auf immer mehr Branchen aus. Die europäische Gemeinschaftswährung tendierte am Montagnachmittag erneut schwächer.

Ein Euro kostete 1,10 US-Dollar (-0,50 Prozent). Der Goldpreis konnte hingegen wieder profitieren, am Nachmittag wurden für eine Feinunze 1.323,44 US-Dollar gezahlt (+0,59 Prozent). Das entspricht einem Preis von 38,72 Euro pro Gramm.

US-Börsen lassen zweiten Tag nach Brexit-Votum deutlich nach

Der Dow hat am Montag den zweiten Tag nach dem Brexit-Votum in Großbritannien deutlich nachgelassen. Zum Handelsende in New York wurde der Index mit 17.140,24 Punkten berechnet, ein Minus in Höhe von 1,5 Prozent im Vergleich zum Freitag. Wenige Minuten zuvor war der breiter gefasste S&P 500 mit rund 2.000 Punkten im Minus gewesen (-1,66 Prozent), die Technologiebörse Nasdaq berechnete den Nasdaq 100 zu diesem Zeitpunkt mit rund 4.205 Punkten (-1,85 Prozent).

Der Nikkei-Index hatte zuletzt zugelegt und mit einem Stand von 15.309,21 Punkten geschlossen (+2,39 Prozent). Die europäische Gemeinschaftswährung tendierte am Montagabend schwächer. Ein Euro kostete 1,10 US-Dollar (-0,26 Prozent).

Der Goldpreis konnte profitieren, am Abend wurden für eine Feinunze 1.326,30 US-Dollar gezahlt (+0,81 Prozent). Das entspricht einem Preis von 38,72 Euro pro Gramm.

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Mogherini: „EU bleibt eine fundamentale Macht in der Welt“

Der Austritt Großbritanniens wird nach Ansicht der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini nicht zu einem Machtverlust der Europäischen Union führen. „Die EU ist und bleibt eine fundamentale Macht in der Welt – wirtschaftlich, aber auch in der Entwicklungshilfe, bei der Sicherheit, in der Diplomatie und der Verteidigung“, sagte Mogherini der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstag-Ausgabe). „Großbritannien hat großen Anteil bei der Entwicklungshilfe, der Verteidigung oder auch in der Diplomatie. Aber es ist trotzdem nur ein Staat von 28. 27 bleiben. Die EU bleibt“, betonte sie. Großbritannien verliere mehr als die EU. „Es verliert die Möglichkeit, die Entscheidungen einer der zwei, drei größten Mächte der Welt mitzugestalten. Auch das Vereinigte Königreich ist in dieser Welt nur ein mittelgroßes Land“, sagte Mogherini. Für die EU gelte: „Wir müssen uns unserer Stärke und unseres Nutzens bewusst werden. Das Referendum kann dafür ein Weckruf sein.“

Mogherini forderte nach dem Austrittsreferendum nun nicht nur Interessen der Briten im Blick zu haben. Es gebe „auch die 440 Millionen EU-Bürger außerhalb Großbritanniens. Sie haben ein Recht auf Klarheit darüber, in welcher EU sie leben: einer EU mit oder ohne Großbritannien?“ Nun sei die britische Regierung am Zug.

„Nicht die EU hat das Referendum veranstaltet, sondern die britische Regierung. Es ist ihre Sache, wie sie den Willen der Bürger demokratisch umsetzt“, sagte Mogherini. Die EU-Außenbeauftragte präsentiert beim EU-Gipfel an diesem Dienstag eine „Globale Strategie“, die eine stärkere sicherheitspolitische Rolle der EU fordert.

Autor: dts