Köln | Die Bürgerinitiative „Deutzer (Auto-)Freiheit“ ist mit ihrer Forderung klar: Es bedürfe konkreter Ziel- und Zeitvorgaben durch Verwaltung und Bezirkspolitik für die dauerhafte Umwidmung der „Deutzer Freiheit“ in eine Fußgängerzone. So bewertet die BI die Ergebnisse der Umfrage durch die Stadt.
Die Umfrage und ihre Ergebnisse
Die Stadt Köln legt die Ergebnisse der Befragung zum Verkehrsversuch „Deutzer Freiheit“ vor, die im Zeitraum 14. bis 27. August 2023 stattfand. Insgesamt meldeten sich 2.759 Menschen zurück. Fast 90 Prozent nahmen online an der Befragung teil. Die Stadt hatte 4.512 Haushalte mit Postwurfsendungen angeschrieben und war dreimal für 2 Stunden mit dem sogenannten Meinungsmobil vor Ort. Zum 31. Dezember 2021 lebten mit Hauptwohnung 15.184 Menschen im Kölner Stadtteil Deutz. Davon sind 11.673 über 15 Jahre als und 2.285 über 65. Das wären in Summe 13.958 Menschen. Bei der Umfrage gaben 1.601 Menschen an, dass sie in Deutz wohnten. Damit beteiligten sich rund 11,5 Prozent der Deutzerinnen und Deutzer über 15 Jahre an der Umfrage.
Bei der Auswertung der Umfrage kommt die Stadt zu dem Ergebnis, dass die 72 Prozent der befragten Anwohnenden mit „großer Mehrheit“ die Autofreiheit befürworteten. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei denen, die in Deutz arbeiten oder Deutz regelmäßig besuchen. Ganz anders ist die Lage bei denen, die ein Geschäft betreiben, diese sind gegen die autofreie „Deutzer Freiheit“. Aber es gibt auch kritische Anmerkungen, wie die Konflikte mit dem Fahrradverkehr oder fehlende Parkplätze. Eine Erkenntnis ist zudem, dass der Radverkehr angepasst und reguliert werden müsse.
Neben der Befragung der Bürgerinnen und Bürger wurden am 10. Mai 2022, am 1. März und am 10. August 2023 eine Verkehrszählung des motorisierten Verkehrs an Knotenpunkten durchgeführt. Die Stadt zählte nur an solchen Tagen an denen keine Veranstaltungen in der Lanxess Arena stattfanden. Dabei zeigt die Karte der Stadt Köln eine Reduktion auf der Deutzer Freiheit und eine teilweise Zunahme des Verkehrs in den kleineren Straßen wie etwa der Tempelstraße. Dies schreibt die Stadtverwaltung in ihrer Mitteilung an die Bezirksvertretung Innenstadt und spricht in diesen Straßen von einer signifikanten Zunahme des KFZ-Verkehrs:
• Karlstraße
• Theodor-Babilon-Straße
• Tempelstraße
• Arnoldstraße
• Mathildenstraße (Süd)
• Reischplatz
Die Zunahme betrage innerhalb von 24 Stunden teilweise bis zu 83 Prozent. Die Stadtverwaltung wertet die absoluten Zahlen allerdings als „geringe zusätzliche Belastung“. Die Wohnstraßen, so die Verwaltung seien mit maximal 1.050 Fahrzeugen in 24 Stunden belastet. Dies sei verträglich. Die Verwaltung stellt demgegenüber die Abnahme von rund 1.500 Fahrzeugen auf Deutzer Freiheit, als diese gesperrt war. Eine Reduktion um rund 94 Prozent, da der Lieferverkehr mitberücksichtigt werden müsse. Insgesamt kommt die Stadtverwaltung beim motorisierten Individualverkehr zu der Aussage, dass die Fußgängerzone dazu führt den Kfz-Verkehr zu reduzieren, da nicht der gesamte Verkehr aus der Deutzer Freiheit in die Quartiersstraßen verlagert worden sei.
Ein anderes Bild ergibt sich beim Lieferverkehr, den die Stadtverwaltung aber ebenso als verträglich einstuft. In den schon oben aufgeführten Straßen kam es zu einer Zunahme von bis zu 133 Prozent. Die Stadtverwaltung sieht dies als plausibel an, da etwa Paketlieferdienste sich andere Wege im Quartier suchen mussten. So schreibt die Stadtverwaltung an die Kommunalpolitik: „Insgesamt zeigen die Verkehrserhebungen einen positiven Effekt der Fußgängerzone Deutzer Freiheit auf die Verkehrsmengen im Quartier. Einige Straßen haben Mehrbelastungen, die nachteilig, aber verträglich sind. Die Ergebnisse der Verkehrserhebungen spiegeln im Wesentlichen auch die Beschwerdelage aus der Bürgerschaft wider. Im Zeitraum des Verkehrsversuchs gingen keine konkreten Bürgerbeschwerden über die Zunahme von Verkehrsmengen im Umfeld bei der Verwaltung ein.“
Zum Radverkehr äußert sich die Stadtverwaltung vorsichtiger und spricht von nicht vergleichbaren Daten. Der Radverkehr habe sich aber nicht signifikant verändert. Dieser schwankt je nach Jahreszeit zwischen maximal 4.850 Radfahrenden und 2.400 auf der Deutzer Freiheit.
Auch zu den Unfalldaten äußert sich die Stadtverwaltung. Die lagen in den Jahren 2017 bis 2021 laut Polizei bei 5 bis 6 Unfällen pro Jahr auf der „Deutzer Freiheit“. Im Verkehrsversuch, also als der Verkehr um über 1.500 Fahrzeuge reduziert wurde, gab es drei Unfälle mit Leichtverletzten, etwa gestürzte Radfahrende. Bei einem Unfall stießen ein Radfahrender und ein zu Fuß Gehender zusammen. Der Kfz-Verkehr so die Stadtverwaltung befahre die „Deutzer Freiheit“ wesentlich langsamer als der Radverkehr. Durch den Kfz-Verkehr wird der Radverkehr gebremst. Entfalle der Kfz-Verkehr beschleunige sich die Geschwindigkeit des Radverkehrs. Müsse dieser um aufgestellte Baken Slalom fahren verlangsame sich dieser dort.
Bei den Beschwerden, die während des Verkehrsversuchs eingingen, nennt die Stadtverwaltung die zu schnell fahrenden Radfahrenden – erlaubt sind Schrittgeschwindigkeit – die verbotenen E-Scooter oder das unerlaubte Einfahren von Kfz in die Fußgängerzone, als auffällig. Daneben beschwerten sich Menschen über die schlechte Erreichbarkeit von Geschäften und die Gewerbetreibenden über fallende Umsatzzahlen.
Die Bürgerinitiative „Deutzer (Auto-)Freiheit“ sieht Rückenwind für die Autofreiheit
Die Bürgerinitiative „Deutzer (Auto-)Freiheit“ wünscht sich die autofreie „Deutzer Freiheit“ und fordert jetzt die zeitnahe Umwidmung der Straße zu einer Fußgängerzone, weil die ermittelten Fakten dafürsprächen. In der Interpretation sieht die Bürgerinitiative sich bestätigt. Aber es gibt auch Kritik am weiteren Vorgehen der Stadtverwaltung, vor allem am von der Stadtverwaltung vorgeschlagenen Mediations- und Beteiligungsverfahren. Sie definiere die Stadtverwaltung nicht die Teilnehmenden noch die Gewichtung der Interessengruppen. Mit der Mediation werde die Verantwortung für den Fortschritt des Projekts an die Bürgerinnen und Bürger adressiert. Die Bürgerinitiative fürchtet die Wiederholung bisheriger Argumentationen und einen Stillstand.
Die Bürgerinitiative will Beratungsangebote für die Gewerbetreibenden, um deren Angebote an die Fußgängerzone anzupassen. Von der Stadtverwaltung fordert die Bürgerinitiative ein konkretes und rechtssicheres Konzept einer Fußgängerzone „Deutzer Freiheit“. Das Konzept soll aufzeigen wie die „Deutzer Freiheit“ in Zukunft als Fußgängerzone gestaltet ist. Die BI: „Das Beteiligungsverfahren braucht klare Ziele und eine konkrete Zeitplanung sowie eine zeitliche Prognose für die Umsetzung einer autofreien Deutzer Freiheit. Die Bürgerinitiative appelliert daher an die politischen Vertreterinnen und Vertreter in der Bezirksvertretung, das von der Verwaltung vorgeschlagene unkonkrete Verfahren durch eigene konkrete Zielvorgaben zu ersetzen, die auch eine klare zeitliche Orientierung für die dauerhafte Umwidmung zur Fußgängerzone enthalten sollen.“