Düsseldorf | Dennis Schuster ist angespannt. Aus dem Lautsprecher in der Leitstelle des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Düsseldorf hört er die Stimme einer alten Frau. „Wie geht es ihnen?“, ruft Schusters Kollege ins Mikrofon. „Können sie aufstehen?“ Sekunden verstreichen, dann die Entwarnung: Die alte Dame kann sich selbst aufrichten und ihre Haustür öffnen. „Da genügt ein Rettungswagen“, befindet Schuster erleichtert. Er kann diesmal in der Zentrale bleiben.

Der Moerser mit der Kurzhaarfriseur arbeitet beim Fahrdienst des DRK in Düsseldorf, wo er sich für zwölf Monate für den Bundesfreiwilligendienst verpflichtet hat. Etwa 420 Euro verdient der „Bufdi“ dabei monatlich und transportiert dafür Organe und Blutkonserven oder schaut nach Menschen, die den Hausnotrufdienst alarmiert haben.

Schuster ist schon 32 Jahre alt und damit älter als die meisten andren „Bufdis“ in NRW. Nach Angaben des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben in Köln waren im Juni 85 Prozent der etwa 6.500 freiwilligen Helfer in NRW jünger als 27 Jahre. „Der Großteil dieser Freiwilligen ist wiederum männlich“, sagt Sprecherin Antje Mäder.

Eine Erklärung dafür könnte die gezielte Werbung der Sozialverbände sein. „Wir haben uns vor allem auf jüngere Menschen konzentriert“, sagt Wilfried Theißen, der beim Paritätischen Wohlfahrtsverband in NRW die Freiwilligendienste koordiniert. Seine Erfahrungen nach den ersten zwölf Monaten sind positiv: „Trotz des holprigen Starts sind wir nun sehr zufrieden“, sagt er.

Im Bundesfreiwilligendienst sehen die Sozialverbände wie die Caritas im Bistum Essen die große Chance, Nachwuchs für soziale Berufe zu gewinnen. „Der Bundesfreiwilligendienst ist eine Art Langzeitpraktikum. Man merkt, ob man zueinander passt“, sagt Karl Buron vom Bistum. Ein Beispiel dafür ist der 20-jährige Sascha Friedrichs, der seit Herbst 2011 an einer Schule für Geistig- und Körperbehinderte in Essen arbeitet. „Eigentlich wollte ich etwas Mathematisches studieren, aber vorher wollte ich etwas Anderes kennenlernen“, erzählt er. Aufgrund seines Freiwilligendienstes überlegt er nun, Soziale Arbeit zu studieren.

Zahl der Bewerber scheint zu sinken

In diesem Jahr scheint das Interesse der Bewerber ein wenig zurückzugehen. Während es im ersten Jahr noch mehr potenzielle Freiwillige als Stellen gab, dürften Angebot und Nachfrage in diesem Jahr etwa auf dem gleichen Niveau liegen. Einige Sozialeinrichtungen fürchten sogar, sie könnten nicht genug Interessenten finden. „2011 konnten wir rund 800 Bundesfreiwilligendienstler beschäftigen, jetzt rechnen wir nur mit etwa 700 Einstellungen“, berichtet Jürgen Thor, Referent für Freiwilligendienste bei der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe. Beim DRK Nordrhein hört sich das ähnlich an: „Wir haben zurzeit die leichte Sorge, dass wir weniger Anfragen erhalten werden“, beklagt Sprecherin Stefanie Schroer.

Trotzdem fordern die Verbände mehr staatlich finanzierte Stellen, denn der neue Freiwilligendienst habe den Zivildienst zahlenmäßig bislang nicht ersetzen können. Die Zahl der Stellen ist gedeckelt, das Bundesfamilienministerium in Berlin finanziert bundesweit nur 35.000 Plätze. Jede soziale Einrichtung bekommt daher nur ein bestimmtes Kontingent an Bufdis zugewiesen. Bei den Einrichtungen stößt das auf Unmut. „Wir müssen jetzt geringfügig Beschäftigte einstellen“, sagt etwa Theißen. Und das kann teuer werden.

Autor: Lukas Zdrzalek, dapd | Foto: Roberto Pfeil/dapd
Foto: Dennis Schuster betankt sein Dienstfahrzeug des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) mit Strom. Schuster nimmt an dem Bundesfreiwilligendienst teil, der vor einem Jahr eingeführt worden ist.