Berlin | Die gute Arbeitsmarktentwicklung der vergangenen Jahre hat die Ungleichheit bei den Einkommen in Deutschland offenbar erstmals seit langer Zeit wieder schrumpfen lassen. Das geht aus neuen Zahlen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor, berichtet die Tageszeitung „Die Welt“. „Von 2005 an hat im Zuge der konjunkturellen Besserung und der damit einhergehenden Aufhellung der Lage auf dem Arbeitsmarkt die Einkommensungleichheit in Deutschland abgenommen“, heißt es in dem am Donnerstag erscheinenden Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.

Das DIW hat dazu die Daten vom „Sozio-ökonomischen Panel“ (SOEP), einer regelmäßigen, umfassenden Befragung von Haushalten, genutzt. Die neuesten, 2011 erhobenen Daten beziehen sich auf das Jahr 2010. Die nun konstatierte Gegenbewegung habe die vorangegangene Entwicklung allerdings nicht gleich wieder rückgängig gemacht.
„Wir kommen schließlich von einem historischen Höchstwert bei der Ungleichheit, der 2005 erreicht wurde“, sagt Markus Grabka, der die Studie zusammen mit seinen DIW-Kollegen Jürgen Schupp und Jan Goebel verfasst hat. Nun gebe es aber eine Bewegung in die andere Richtung. Vieles spreche nach ersten Datenerhebungen dafür, dass sich die Ungleichheit 2011 weiter verringern dürfte, sagt Grabka.
Die Ergebnisse der Studie legten nahe, „dass es den wirtschaftlichen Akteuren nach der Finanzkrise in der ökonomischen Erholungsphase gelungen sei, die zunehmende Ungleichheit der Einkommensverteilung abzubremsen“, urteilen die Forscher in dem Bericht. Die Angleichung lässt sich besonders deutlich an den realen Markteinkommen ablesen – diese beinhalten die Summe aus Kapital- und Erwerbseinkommen einschließlich privater Transfers und privater Renten. In Westdeutschland stiegen die Markteinkommen von 2005 bis 2010 um knapp 1000 Euro oder vier Prozent.
Im Osten, wo die Arbeitslosigkeit noch stärker zurückging als im Westen, war der Einkommenszuwachs laut dem DIW mit knapp 2900 Euro oder 20 Prozent noch kräftiger. Der „Gini-Koeffizient“, ein statistisches Maß für Ungleichheit, ist im Westen bei den Markteinkommen zwischen 2005 und 2010 um knapp neun Prozent gesunken, im Westen waren es drei Prozent. Grund war die Trendwende auf dem Arbeitsmarkt: Zwischen 2005 und 2011 wurden 2,2 Millionen sozialversicherungspflichtige Stellen geschaffen. „Das war ausschlaggebend dafür, die Ungleichheit zu mindern“, sagt Grabka. Die Einkommenszuwächse haben vor allem die unteren Einkommensklassen verbucht. Zwischen 2009 und 2010 etwa konnten dem DIW zufolge die unteren 40 Prozent der Bevölkerung ihr verfügbares Einkommen real um etwa zwei Prozent und damit überdurchschnittlich steigern. Dass die Gewerkschaften 2010 teilweise kräftige Lohnsteigerungen aushandeln konnten, hat zum Wachstum der unteren Einkommen beigetragen. Die mittleren und oberen Einkommen stagnierten dagegen im Jahr 2010 ? vor allem wegen eines Rückgangs der Einkommen aus Vermögen.

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