Karlsruhe | Das Bundesverfassungsgericht hat der Bundesregierung im 24-Stunden-Eilverfahren unter Auflagen erlaubt, einer vorläufinwendung des umstrittenen Freihandelsabkommen der EU mit Kanada (Ceta) bei einem Treffen der EU-Handelsminister am 18. Oktober zuzustimmen. Ein vorläufiges Scheitern von Ceta dürfte weitreichende Folgen für die weiteren Verhandlungen und zukünftige Handelsabkommen haben, sagte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, am Donnerstag in Karlsruhe. Die Möglichkeit eines späteren Ausstieges aus dem Abkommen müsse aber sichergestellt werden.

Geplant ist, das Abkommen im Rahmen des EU-Kanada-Gipfels am 27. und 28. Oktober zu unterzeichnen. In der Verhandlung ging es nicht um eine Entscheidung über das Freihandelsabkommen an sich, sondern darum, ob eine vorläufige Anwendung, bevor der Bundestag zugestimmt hat, verfassungskonform ist und ob eventuelle negative Folgen eines vorläufigen Inkrafttretens später wieder rückgängig gemacht werden können. Mehr als 200.000 Menschen hatten gegen Ceta geklagt. Über die Verfassungsbeschwerden soll zu einem späteren Zeitpunkt ausführlich verhandelt werden.

Stimmen zum Urteil aus Karlsruhe

Zum Rechtsspruch des Bundesverfassungsgerichts zu Eilanträgen zum EU-Kanada Handelsabkommen CETA erklären Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender, und Katharina Dröge, Sprecherin für Wettbewerbspolitik schriftlich:

„Das Urteil der Karlsruher Richter ist eine deutliche Quittung für die Politik von Sigmar Gabriel und der Bundesregierung. In ihrem Urteil haben die Richter dezidiert klargestellt, dass die Bundesregierung der vorläufigen Anwendung nicht ohne Weiteres zustimmen kann und ihr einige sehr schwierige Aufgaben mit auf den Weg gegeben, die sie vor ihrer Zustimmung erledigen muss.
Der Umgang mit so komplexen und weitreichenden Abkommen wie CETA bedarf einer sorgfältigen Beachtung der demokratisch notwendigen Beteiligungsverfahren. Die Bundesregierung will jedoch CETA auf Biegen und Brechen durchsetzen und wischt dabei jede Kritik leichtfertig vom Tisch.
 
Dies hat das Bundesverfassungsgericht deutlich kritisiert.  Unter hohem Zeitdruck muss die Bundesregierung jetzt ein einseitiges Sonderkündigungsrecht für Deutschland durchsetzen, bevor CETA beschlossen werden kann. Dies hatte die Bundesregierung gestern vollmundig versprochen. Das Verfassungsgericht gibt der Bundesregierung auf, diesen Punkt explizit nachzuverhandeln. Dass die Richter dies eingefordert haben, zeigt wie groß ihre Zweifel an den Aussagen der Bundesregierung sind. Auch die Maßgabe des Bundesverfassungsgerichtes hinsichtlich der gemischten Ausschüsse ist ein Denkzettel für die Bundesregierung. Entgegen bisheriger europäischer Verfahren muss die Bundesregierung nun gewährleisten, dass nunmehr auch bei klaren EU-Kompetenzen wieder Einstimmigkeit vorliegen muss. Auch hier sind Nachverhandlungen notwendig. Die Bundesregierung hat schwierige Aufgaben vor sich, die sie unter hohem Zeitdruck erfüllen muss. Dass die Richter solch strenge Auflagen formuliert haben, zeigt dass die Bundesregierung bei CETA an einigen Stellen gepfuscht hat.“

Autor: dts
Foto: Proteste von Greenpeace gegen TTIP und CETA bei einer Demonstration am 17. September in Köln.